NOK-Fähren: Brunsbüttel fordert Bundesverkehrsminister Wissing zum Handeln auf
Einstimmig hat die Ratsversammlung Brunsbüttel am Mittwoch eine Resolution beschlossen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wird aufgefordert, sich umgehend um die Probleme zu kümmern und einen verlässlichen Fährbetrieb sicherzustellen.
Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts durch den Bau des Nord-Ostsee-Kanals in zwei Stadtteile getrennt worden. Auf der Nordseite leben 12.000 Menschen, dort sind Geschäfte, Arztpraxen, Schulen und Kindergärten. Auf der Südseite leben nur 900 Menschen, dort befindet sich aber auch das Industriegebiet mit den großen Betrieben wie Covestro, Yara und Total sowie der Elbehafen. In der Zeit des Kanalbaus wurde den Gemeinden am Nord-Ostsee-Kanal, also auch Brunsbüttel, zugesichert, dass ein Fährbetrieb sichergestellt wird.
Vielfältige Probleme mit den zwei großen Fähren
Eigentlich sollen deshalb von 6 bis 22 Uhr zwei große Fähren in Betrieb sein, sodass alle zehn Minuten eine Fähre fährt. Doch das klappt nur noch selten. Mal ist ein technischer Defekt der Grund, mal fehlt Personal. Das sei für die Bürgerinnen und Bürger und für die Betriebe im größten Industriegebiet Schleswig-Holsteins ein unhaltbarer Zustand, so Bürgervorsteher Michael Kunkowski (CDU).
Ärger über lange Wartezeiten oder Umwege
Fällt eine der beiden Fähren aus, müssen Pendler oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen oder auf die Hochbrücke im Verlauf der B5 ausweichen - das bedeutet einen Umweg von 20 bis 30 Minuten. Für viele Beschäftigte der großen Chemie-Betriebe im Industriegebiet Brunsbüttel, aber auch Schüler oder Einsatzkräfte von Rettungsdienst und Feuerwehr wird das oft zum Problem.
Viele Beschwerden von Fähr-Fahrenden
Ein Handwerker, der auf die nächste Fähre auf der Südseite wartet, sagt: "Gerade zu Stoßzeiten ist häufig nur eine Fähre im Einsatz, und dann manchmal auch nur eine kleine, wo weniger Autos drauf passen. Das ist eine Katastrophe." Eine Pkw-Fahrerin berichtet, sie stehe oft 30 Minuten oder länger auf der Südseite. Manchmal würde sich eine lange Warteschlange bilden. "Dann stehen die Autos hier an der Fährstraße oft bis zur Kurve oder noch weiter." Und ein Schichtarbeiter aus einem Chemiebetrieb schimpft: "Ich bin schon sauer, ich bin auf die Fähre angewiesen. Alle zehn Minuten soll man übergesetzt werden, das gilt ja nach wie vor. Aber seitdem die Fähre privatisiert wurde, ist das eigentlich nur noch ein Graus."
Verständnis beim WSA - aber noch keine Dauerlösung
Der Leiter des zuständigen Wasserstraßen-und Schifffahrtsamtes (WSA) Nord-Ostsee-Kanal, Detlef Wittmüß, kennt die Probleme. Er hat Verständnis für die verärgerten Pendler: "Wir sind verpflichtet, den Fährbetrieb sicherzustellen, und ich bin mit der derzeitigen Performance auch nicht einverstanden." Vor Jahren habe seine Behörde den Auftrag ausgeschrieben und an einen privaten Betreiber vergeben.
Erste Maßnahmen gegen Fachkräftemangel
"Jahrelang hat das funktioniert, aber den derzeitigen Auftragnehmer trifft das Problem, was wir im Augenblick alle haben, nämlich der Fachkräftemangel. Die Firma findet einfach nicht genug Personal." Das WSA sei in ständigen Gesprächen mit dem Betreiber und habe sich drauf verständigt, gemeinsam Mitarbeitende auszubilden. "Es geht um Schiffsführer und das Deckspersonal, bisher sind schon eine ganze Reihe von Leuten ausgebildet worden", sagt Wittmüß. Er gehe davon aus, dass sich die Situation damit ein Stück verbessere. Das Problem ganz aus der Welt schaffen könne man derzeit aber wohl nicht. Das Thema sei bei der Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung und auch im Ministerium bekannt. Man sei dazu in einem regen Austausch, so der WSA-Leiter.
Ratsversammlung hat Resolution verabschiedet
Brunsbüttels Kommunalpolitikern reicht es dagegen. Sie bekommen den Frust der genervten Bürgerinnen und Bürger täglich mit. Nach mehreren ergebnislosen Gesprächen mit dem WSA wenden sie sich nun mit ihren Forderungen an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Bürgervorsteher Kunkowski sagte NDR Schleswig-Holstein, man erwarte vom Minister ein klares Signal, "dass wir verlässliche Fährzeiten bekommen und dass ausreichend Personal bereit gestellt wird." Dazu komme das Thema der maroden Fährschiffe. "Wir erwarten, dass man zeitnah einen Neubau von zwei großen 100-Tonnen-Fähren in Auftrag gibt, damit so schnell wie möglich ein verlässlicher Fährverkehr garantiert werden kann", so Kunkowski.
Weitgehend Einigkeit in der Ratsversammlung
Der Vorsitzende des Ortsbeirats Brunsbüttel-Süd, Axel Wendt (CDU), sagte: "Die Resolution ist auch ein Signal an unsere Bürger, dass wir jetzt aktiv werden." FDP-Ratsherr Michael Mohr regte an, Brunsbüttel solle sich mit anderen Kommunen am NOK zusammen tun, um sich gemeinsam an das Ministerium zu wenden. Die Grünen hätten den Resolutionstext gerne noch schärfer formuliert, so Ratsfrau Martina Girkens. Und SPD-Fraktionsvorsitzende Elke Schmidt-Wessel sagte, die Stadt solle erstmal die Antwort des Ministers abwarten. Dann könne man weitere Maßnahmen und Aktionen beschließen. Schließlich stimmten aber alle Mitglieder der Ratsversammlung für die Resolution.
Weitere Schritte geplant
Im Brunsbütteler Rathaus werden bereits die nächsten Schritte diskutiert. Im Herbst soll es ein Krisentreffen zum Fährbetrieb geben. "Dazu wollen wir alle Betroffenen an einen Tisch bringen, die Landtags- und Bundestagsabgeordneten hier aus der Region, Vertreter der Landesregierung, die Bürgermeister der Gemeinden hier am Kanal, die Landräte aus Dithmarschen und Steinburg und die IHK. Und den Bundesverkehrsminister haben wir natürlich auch eingeladen", erklärt Bürgervorsteher Kunkowski. Wenn das alles nicht die gewünschten Ergebnisse bringe, müsse die Stadt über rechtliche Schritte nachdenken. Konkret: Eine Klage gegen das Bundesverkehrsministerium beim Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein.