Musikgeschäfte in SH: Der harte Kampf ums Überleben

Stand: 12.02.2025 14:15 Uhr

Instrumente kaufen, sich beraten lassen und ausgelassen über Musik schnacken: Musikgeschäfte sind Treffpunkt für Musikprofis - und blutige Anfänger. Aber: Es werden immer weniger Läden, auch hierzulande.

Gab es 2014 noch 51 Musikgeschäfte in Schleswig-Holstein, ist ihre Zahl zehn Jahre später deutlich geschrumpft: Laut den aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes gab es 2022 nur noch 32 Fachgeschäfte im Land. Somit kann sich auch das nördlichste Bundesland nicht dem bundesweiten Trend entziehen: In den vergangenen 20 Jahren hätten zwei Drittel der Instrumentenhändler in Deutschland zugemacht, schätzt der Gesamtverband Deutscher Musikfachgeschäfte. Als Grund für die ausbleibende Kundschaft nennt der Verband vor allem die große Konkurrenz aus dem Internet.

Preisdruck durch Onlinehandel bereitet Musikgeschäften Sorgen

Nach Angaben des Gesamtverbands wird das Geschäft durch den massiven Preiskampf in Online-Shops wie Amazon oder Temu erschwert. Dort würden Instrumente teilweise zu sehr günstigen Preisen verkauft werden.

"Man kann sich zehn Gitarren online bestellen, zwei Wochen lang testen und dann neun kostenlos zurückschicken. Da kann kein Händler mithalten." Gesamtverband Deutscher Musikfachgeschäfte

Allein Branchenriese Thomann hätte 2023 deutlich mehr als eine Milliarde Euro Umsatz mit seinem Online-Shop gemacht - zwei Drittel des Gesamtumsatzes aller Musikläden. Viele Musiker seien aktuell auch zurückhaltend beim Kauf neuer Instrumente, so der Verband. Die Inflation führe dazu, dass Kunden ihr Geld zusammenhalten würden.

Ladensterben bedeutet weite Wege für Kundschaft

Zwei Männer stehen in der Schlagzeugabteilung eines Musikgeschäftes. © NDR Foto: Hauke Bülow
Etwas, was Online-Shops kaum leisten können: eine gute Beratung. Für viele Musikläden ist das essentiell, um sich gegenüber der Konkurrenz aus dem Internet zu behaupten.

Dass sie unter diesem Preiskampf leiden, bestätigen auch Musikgeschäfte in Schleswig-Holstein: "Im Internet ist fast immer alles sofort verfügbar und vor allem die Preise - das ist das Schwierige", sagt Stefan Schmidt von InSound in Kiel. Auch die Vertriebe würden sich eher auf die großen Händler konzentrieren. "Die geben den Großen bessere Preise als den kleineren Händlern", so sein Kollege Sven Rost. Viele haben deshalb in den vergangenen Jahren nicht überlebt, mussten deshalb ihre Türen für immer schließen - so zum Beispiel Läden in Lübeck und Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Für die übrigen Kundinnen und Kunden bedeutet das vor allem eins: lange Fahrten zum nächsten Instrumentenhändler.

Service und Beratung "von Musikern für Musiker"

"Wir müssen uns halt Ideen überlegen, immer wieder was neues machen und immer wieder interessante Angebote schaffen", sagt Sven Rost weiter. Bei InSound in Kiel verkaufen und reparieren noch sieben Mitarbeitende die Instrumente. Auch ein guter Auftritt in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram sei heutzutage wichtig. Besonders entscheidend sei aber eine gute Beratung. "Unser Motto ist: von Musikern für Musiker."

Musikunterricht hält Fachgeschäfte über Wasser

Ein Mann sitzt und spielt Gitarre. © NDR Foto: Hauke Bülow
Etwa 50 Schülerinnen und Schülern gibt Kay-Uwe Kurth vom Creative Musicstore in Bad Segeberg Gitarrenunterricht - für seinen Musikladen ein wichtiges Standbein.

Allein vom Gitarrenverkauf leben? Das würde Kay-Uwe Kurth vom Creative Musicstore in Bad Segeberg (Kreis Segeberg) nicht schaffen. "Kann ich so sagen: Da kann ich abschließen und nach Hause gehen." Sein weiteres Standbein sei deshalb die Musikschule. Etwa 50 Schülerinnen und Schüler pro Monat würden bei ihm Gitarre spielen lernen - das sei etwa die Hälfte des Umsatzes vom Creative Musicstore. "Wir unterrichten zu zweit und das die ganze Woche durch. Wir sind wirklich zufrieden, mit dem was wir machen", sagt Kurth.

Schwierige Suche nach Nachfolgern

Neben den Sorgen durch die Internetkonkurrenz würden sich auch Personalsorgen unter den Ladenbetreibern breitmachen, betont der Gesamtverband Deutscher Musikfachgeschäfte. Viele der Läden stammten aus den 1970 und 1980er Jahren - heute würden sie kaum noch Nachfolger finden, so der Verband. Das bestätigte auch der Chef des Lübecker Soundhauses, Georg Kutrieb, NDR Schleswig-Holstein. "Als ich meinen Laden aufgemacht habe, gab es noch zehn in ganz Lübeck. Jetzt bin ich der letzte hier", so Kutrieb. "Und ganz ehrlich: Ich kann keinem raten, heute noch ein Musikfachgeschäft zu eröffnen oder zu übernehmen" - wegen der vielen Probleme und Sorgen in der Musikbranche.

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Schleswig-Holstein Magazin | 12.02.2025 | 19:30 Uhr

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