Mit Rollstuhl ins Wasser: Neuer inklusiver Steg in Lübeck
Stege mit Einstiegshilfen für Boote gibt es bereits einige - die neue Anlage an der Wakenitz bietet Menschen mit Beeinträchtigungen einen neuen Zugang zum Wassersport: eigenständig und barrierefrei.
Zur Eröffnung der neuen Steganlage in Lübeck geht Tim Fürstenberg erst mal tauchen: Dazu steigt er von seinem Elektrorollstuhl auf einen einfachen Rollstuhl um und fährt damit direkt ins Wasser - zum ersten Mal: "Sonst ist das ein großes Problem mit dem Rollstuhl so nah wie möglich ans Wasser ranzukommen. Rein geht vielleicht noch mit reinschmeißen", lacht er, "aber raus ist auf jeden Fall ein großes Problem. Da brauchst du dann viel Manpower, die einem irgendwie hilft." Bei der neuen Steganlage in Lübeck ist der Mittelteil abgesenkt, bildet eine Rampe. Da dieser Steg im Gegensatz zu anderen schwimmt, sich also an den Wasserstand anpasst, hat die Rampe immer nur sechs Prozent Steigung.
"Der Einstieg war natürlich genial. Dann war es ja wirklich nur noch dieses fallen lassen eigentlich, und schon war ich drin. Also das war der beste Einstieg, den ich jemals hatte. Dann bin ich auch genauso, wie ich reingekommen bin, auch wieder rausgekommen."
Auch mit dem zusätzlichen Gewicht seiner Tauchausrüstung kann Tim Fürstenberg hier alleine mit dem Rollstuhl ins Wasser.
Initiiert von Lübecker Verein, finanziert durch Stiftungen
Ursprünglich geplant für die Special Olympics in Wolfsburg wurde die Anlage jetzt in Lübeck von einer Brandenburger Spezialfirma gebaut. Dahinter steht der Lübecker Verein Exeo. Für ihre Flöße, die sie für Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen nutzen, brauchten sie einen neuen Steg. "Im Gespräch mit dem Steganlagenbauer hat er mir gesagt, dass er in der Schublade noch ein Konzept für eine barrierefreie Anlage hätte", erzählt Exeo-Vorstand Sönke Petersson. "Und dann wurde ich ganz hellhörig, weil ich weiß, dass in Lübeck viele Stiftungen sind, die definitiv Interesse hätten, solch ein Projekt vielleicht mit zu unterstützen."
Auch die Flöße sind barrierefrei
230.000 Euro bekommt Exeo von vier Lübecker Stiftungen für den inklusiven Steg. Zukünftig können sie also auch an der Wakenitz mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderung arbeiten und zum Beispiel umweltpädagogische Ausflüge mit Vogelkunde und Gewässeranalyse anbieten. Und auch für alle anderen ist ab jetzt der Zugang zum Wasser hier barrierefrei. Am ersten Tag testen mehrere Rollstuhlfahrende aber auch ältere Menschen mit Rollatoren den neuen Steg und schippern mit den sogenannten "Hanseflößen" von Exeo eine Runde über die Wakenitz.
Positives Feedback von Senioren und Rollstuhlfahrenden
Das Feedback zum Steg ist durchweg positiv. "Ich habe so etwas auch noch nicht gesehen, und ich finde es wirklich gut", sagt Parakanutin Esther Bode, die zur Eröffnung extra aus Hamburg angereist ist. Sie ist es gewohnt an anderen Stegen umständlicher aufs Wasser zu kommen. "Hier ist alles gut durchdacht mit der Rampe und auch diese Flöße: Megacool, dass man sich auch mit dem Rollstuhl da so frei drauf bewegen kann und sogar ans Steuer kann."
Tauchen, Schwimmen, Stand-up-Paddeln
Für den Einstieg in kleinere Boote wie Kanus können Rollstuhlfahrende entweder die Rampe nutzen oder sich daneben auf eine Treppe setzen, sich mithilfe einer Stange über Kopf festhalten und von oben ins Boot setzen. Ob Floß, SUP, Kanu oder eben Tauchen und Schwimmen: Multifunktional und groß genug für mehrere Menschen im Rollstuhl bietet der neue Steg in Lübeck jetzt allen Menschen barrierefreien Zugang zur Wakenitz.