Mehrheit der Nord-FDP für Verbleib in Ampel-Koalition
Die FDP hat auf einer Landesvertreterversammlung in Neumünster die personellen Weichen für die Europawahl 2024 gestellt. Außerdem wurde auf dem Parteitag über die Lage der FDP im Bund diskutiert.
Wie eine Wolke lag der Streit auf Bundesebene über dem Parteitag in Neumünster. Lebhaft debattierten die Delegierten am Sonnabend über die Ampel-Koalition mit SPD und Grünen. Hintergrund: Einzelne Mitglieder fordern von der FDP im Bundestag, aus der Ampel auszusteigen. 26 Mitglieder aus Schleswig-Holstein hatten zusammen mit anderen Landesverbänden Ende Oktober einen offenen Brief mit dem Titel "Weckruf Freiheit" verfasst. In dem Papier stellen sie die Koalition mit SPD und Grünen infrage.
Kamann: "FDP schließt faule Kompromisse"
Ein Konflikt, der in Neumünster auf fruchtbaren Boden stieß. Einer der Befürworter ist Axel Kamann aus dem FDP-Kreisverband Segeberg. "Verantwortung bedeutet, wenn ein Experiment nicht funktioniert, dann muss man es beenden." Die FDP schließe faule Kompromisse mit den Grünen, die die Bürgerinnen und Bürger verunsichern würden, sagte Kamann. Sein Verbandskollege Alexander-Georg Rackow schließt sich dem an. Es werde versucht, den Konflikt klein zu halten. "Wir wollen die Partei einen, wir wollen, dass der Konflikt ausgetragen wird."
Mehrheit spricht sich für Verbleib in der Ampel aus
Der Tenor der Delegierten spreche jedoch eine andere Sprache, sagt der FDP-Landeschef Oliver Kumbartzky. Die Mehrheit der Delegierten sei der Meinung, man solle die Koalition nicht verlassen. "Wir sollten die Verantwortung weiter übernehmen und unsere Inhalte voranbringen." Finn Flebbe, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Schleswig-Holstein: "Es ist wichtig, dass wir uns mit kritischen Stimmen auseinandersetzen." Allerdings müsse vermieden werden, dass man sich öffentlichkeitswirksam zerfleischt. Dieser Konflikt müsse intern geführt werden.
Buchholz: Berliner Bündnis müsse Vereinbartes einhalten
"Eine Koalition verlassen, ist nie der Weg", sagt der FDP-Landtagsabgeordnete Bernd Buchholz. Die bis 2022 im Norden regierende Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP habe gezeigt, erfolgreiches Agieren aus einer Koalition mit den Grünen sei möglich. Allerdings müsse das Berliner Bündnis sich auch an die vereinbarten Dinge halten, die FDP selbst besser agieren.
Ostsee-Sturmflut, Nahostkonflikt und Haushaltslage
Neben dem Streit auf Bundesebene waren es vor allem die Herausforderungen im Land, die groß auf der Tagesordnung standen. Ostsee-Sturmflut, die Auswirkungen des Nahost-Konflikts im Land, die angespannte Haushaltslage. Letztere interpretiert FDP-Landeschef Kumbartzky als Regierungsnotlage. Die außergewöhnliche Notsituation mit der Schwarz-Grün den Ausnahmezustand begründen würde, hätte begonnen, als Daniel Günther die Weichen für seine Regierung stellte. "Wir werden nicht müde, der Landesregierung ihre vielen Schwächen unter die Nase zu reiben und als Opposition die besseren Vorschläge zu machen."
Nationalpark Ostsee als Beispiel für das Scheitern
Als Beispiel für das Scheitern von Schwarz-Grün zieht die Partei exemplarisch das Thema Nationalpark Ostsee heran. Kumbarztky sagt: Während die CDU das Thema prominent einkassiert habe, ziehe der grüne Koalitionspartner weiter durch das Land und verunsichere die Menschen. "Das ist keine seriöse Politik, so schafft man kein Vertrauen."
Leitantrag zur Fehmarnbeltquerung angenommen
Ein weiteres wichtiges Thema beim Landesparteitag war die Rolle Schleswig-Holsteins in Europa. Das Land spiele mit der Fehmarnbelt-Querung eine wichtige Rolle, was die Infrastruktur betreffe. Man sei eine große Wachstumsregion, die viel Beachtung finde, sagte Kumbartzky. Den dazu gestellten Leitantrag "Schleswig-Holsteins Zukunft ist europäisch: Mit der festen Fehmarnbeltquerung zur neuen Megaregion für Freiheit und Wohlstand" nahmen die Delegierten am Sonnabend mehrheitlich an.
Helmer Krane als EU-Spitzenkandidat gewählt
Während die Delegierten am Nachmittag lebhaft diskutieren, sich mitunter uneins waren, waren die am Vormittag umso geeinter bei der Landesvertreterversammlung und der Frage, wer für den Landesverband nach Brüssel gehen soll. Mit rund 92 Prozent der Stimmen wurde der Europabeauftragte der Partei, Helmer Krane, zum Spitzenkandidaten für die Europawahl gewählt. Bereits bei der Wahl 2019 war der 33 Jahre alte Rechtsanwalt Spitzenkandidat. Krane geht nun mit deutlichem Rückenwind für die schleswig-holsteinische FDP in die Europawahl 2024. Neben Krane wurden Monika Kronbügel (146 Ja-Stimmen) und Katrin Richter (158) auf Platz zwei und drei der Landesliste gewählt.
Krane fordert Bürokratie-Abbau auf EU-Ebene
In seiner Rede sagte Helmer Krane: "Wir können mit dem Zustand der EU nicht zufrieden sein. Aber wir wissen um die Werte und Potenziale, die es hat, das Leben von Millionen besser zu machen." Er forderte eine Abnahme der Bürokratie auf europäischer Ebene. Alle Berichts- und Dokumentationspflichten in der EU müssten zur Hälfte gesenkt werden.
"Wir brauchen weniger Subventionen und mehr soziale Marktwirtschaft", sagt Krane. Das gelte auch für die Klimapolitik. Grüne und die sogenannten Klimakleber hätten ihr Monopol für Klimaschutz verloren. "Wir brauchen mehr Marktwirtschaft im Klimaschutz und mehr Klimaschutz in der Marktwirtschaft."