Mehr Landfrauen in die Politik: So soll es in SH gelingen
Noch politischer soll er werden, der Landfrauenverband in Schleswig-Holstein. So sieht es die Präsidentin des Verbands, Claudia Jürgensen. Sie will den Strukturwandel im ländlichen Raum mit Frauenpower voranbringen.
Claudia Jürgensen ist eine Frau, die anpackt. Gemeinsam mit ihrem Mann, einem ehemaligen Milchviehhalter, restauriert die gelernte Tischlerin und Bauingenieurin einen alten Schweinemast-Betrieb in Jübeck (Kreis Schleswig-Flensburg). Dort soll ein Ferienhof entstehen und ein Ort, an dem sich Menschen vom Land begegnen können.
Zugleich ist sie die amtierende Präsidentin des Landfrauenverbands in Schleswig-Holstein. So wie das alte Gebäude will sie nun auch den Verband neu aufstellen. Dieser und auch die Frauen des Verbandes sollen sich mehr in die Politik einmischen und dafür sorgen, dass das Landleben attraktiv bleibt, so Jürgensen. Klischees überwinden und das Leben auf dem Land mitgestalten - das ist ihr wichtig.
Fehlende Dialog-Bereitschaft bei Bauernprotesten
Dazu muss sie Mauern einreißen und Konflikte eingehen. Öffentlich äußerte sie sich etwa kritisch über den Verlauf der Bauernproteste. Ihr hätte die Dialog-Bereitschaft gefehlt, so Jürgensen. So sei ein Bild entstanden, dass einigen Menschen Angst gemacht hätte. Damit meint sie die Wirkung der großen Maschinen, die hunderte Meter aufgereiht seit Anfang des Jahres ganze Städte blockierten.
Ihr Appell: Runter vom Trecker, ran an den Verhandlungstisch! Und an dem sollten ihrer Meinung nach auch Frauen sitzen. Die würden nochmal anders verhandeln, seien mitunter lösungsorientierter, so Jürgensen.
Sprachrohr für alle Frauen im Ländlichen
Insgesamt 27.000 Mitglieder haben die Landfrauen in Schleswig-Holstein. Dabei hat nur ein kleinerer Teil der Mitglieder einen landwirtschaftlichen Hintergrund. "Wir vertreten die Interessen aller Verbraucherinnen auf dem Land", sagt Claudia Jürgensen. Und dabei denkt sie an alle Berufsgruppen.
Nach eigenen Angaben ist es die Aufgabe des Verbands, Frauen zu stärken. Dafür gibt es zahlreiche, meist soziale Bildungsangebote. Sie sollen den Frauen im ländlichen Raum Mitsprache erleichtern und sie animieren, Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit zu finden.
"Die Landfrauen können den Männern auf den Treckern nicht nur Brötchen bringen, sondern sich auch selbst einmischen." Claudia Jürgensen, Präsidentin Landfrauen SH
Und es kommen immer neue Mitglieder hinzu. In allen 60 Ortsverbänden gab es Zuwächse. Das geht aus Zahlen des aktuellen Jahresberichts hervor. Vor allem jüngere Frauen scheinen sich von dem Angebot des Verbands angezogen zu fühlen. Jürgensen: "Wir sind einer der wenigen Landesverbände in Deutschland, der in jedem Kreisverband eine Junge Landfrauen-Projektgruppe hat. Darauf bin ich sehr stolz."
Verlässliche Politik schaffen
Es geht Jürgensen um eine verlässliche Politik für den ländlichen Raum - für die Landwirtschaft, die Betriebe und Höfe, aber auch für alle anderen, die auf dem Land leben. Ein großes Schwerpunktthema sieht Jürgensen in der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Denn es fehlt an Hausärzten vor Ort.
Der Hintergrund: Ärzte, die in Rente gehen, finden keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger. Die Folge: Ihre Praxen werden ersatzlos geschlossen. Aber auch Daseinsvorsorge und Mobilität seien die großen Themen im ländlichen Raum, die es gelte anzugehen, so Jürgensen.
Landfrauen treffen auf die Gesundheitsministerin
Diese und weitere Probleme wollen sie bei der nächsten Versammlung am 27. März ansprechen. Zu Gast wird auch die Landesministerin für Justiz und Gesundheit, Kerstin von der Decken (CDU), sein. Über 200 Frauen haben sich zu dem Termin bereits angemeldet. Und auch nach dem Treffen, da ist Claudia Jürgensen überzeugt, wird es nicht an Themen mangeln, bei denen starke Landfrauen mitwirken können.