Maßnahmen gegen Park-Druck in Kiel: Pilotprojekte gestartet

Stand: 30.08.2024 05:00 Uhr

Unkompliziert einen Parkplatz finden - das möchte die Stadt Kiel gerade Anwohnern jetzt leichter machen. Und auch ein Start-up will mit Hilfe einer App dem Park-Druck in der Stadt entgegenwirken.

von Julia Jänisch

Die Parkplatzsuche kostet Tausende Autofahrer in Schleswig-Holstein täglich Zeit, Sprit und Nerven. Seit Herbert Grönemeyer in "Mambo" über Stunden seine Runden drehte, um einen Parkplatz zu finden, hat sich daran nicht viel geändert. 40 Jahre ist das her - und seitdem wächst die Zahl der Autos auf unseren Straßen.

Beispiel Kiel: Dort gibt es heute im Vergleich zu 2010 rund 16.000 mehr zugelassene Pkw. Die Einwohnerzahl stieg im selben Zeitraum aber nur um 10.000 Menschen.

Der Park-Druck in der Innenstadt, aber auch in dichtbesiedelten Wohngebieten, wächst also. Nun will die Stadt Parkplätze von Supermärkten, Behörden und Schulen mehrfach nutzen.

Parkplatz-Pilotprojekt in Kiel läuft seit Juli

Die Idee ist einfach: Viele Parkplätze werden nur tagsüber gebraucht - für Beschäftigte oder Kunden. Nachts stehen sie leer - genau dann, wenn Anwohner Parkplätze brauchen. Viele Schulen und Supermärkte verschließen aber dann ihre Parkplätze. Auch weil sie vermeiden wollen, dass Autos dort länger als bis zum Morgen stehen, wenn die Plätze wieder gebraucht werden.

Kiels Oberbürgermeister, Ulf Kämpfer, gibt ein Interview © NDR Foto: NDR Screenshot
Oberbürgermeister Ulf Kämpfer: "Der Park-Druck in Kiel ist so groß, dass wir was tun müssen."

Das soll sich in Kiel in Zukunft ändern, indem solche Parkplätze gezielt freigegeben werden, sagt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD): "Der Park-Druck in Kiel ist so groß, dass wir was tun müssen. Und das ist eine Win-Win-Lösung, von der alle etwas haben. Ich hoffe, dass wir so irgendwann bei mehreren tausend Parkplätzen sind, sodass Anwohnerinnen und Anwohner abends eine Sicherheit haben: Dort kann ich parken."

Parkplätze am RBZ Wirtschaft sollen nur der Anfang sein

35 Parkplätze sind seit Juli am Regionalen Bildungszentrum (RBZ) Wirtschaft von Anwohnern nutzbar. Für kostenloses Parken abends, nachts, am Wochenende und in den Ferien mussten sie einen Nutzungsvertrag mit der Stadt abschließen.

Die Einfahrt zu einem Parkhaus © NDR Foto: NDR Screenshot
Das Parkhaus vom RBZ Wirtschaft ist ein Anfang - laut der Stadt Kiel sollen möglichst noch Tausende Plätze für Autofahrer folgen.

Der Knackpunkt: Das Parkhaus vom RBZ Wirtschaft ist zwischen 22 und 6.15 Uhr verschlossen. Wer später kommt oder früher los will, muss einen anderen Parkplatz finden.

Genau das kritisiert Rainer Pregla vom ADAC: "Wir haben das Gefühl, dass das alles sehr halbherzig funktioniert. Die Lösung beim RBZ ist bürokratisch. Die Bedingungen für die Einsteller sind so schlecht, dass das kaum jemand wahrnehmen wird mit geschlossenen Schranken."

Das RBZ Wirtschaft liegt im dichtbesiedelten Kieler Stadtteil Ravensberg - die 35 Parkplätze sind dort inzwischen vergeben. Eine unbürokratischere und zeitlich flexiblere Lösung gibt es trotzdem: mit Hilfe einer App.

App für Plätze, die kein offizieller Parkplatz sind

Zwei Personen stehen für ein Interview vor der Kamera © NDR Foto: NDR Screenshot
Malte Wussow und Christopher Gruber kamen auf die App-Idee, als sie mal wieder vergeblich nach einem Parkplatz suchten.

Malte Wussow und Christopher Gruber aus Kiel haben vor rund eineinhalb Jahren die PEUKA-App auf den Markt gebracht. "Die Firmenidee kam mir tatsächlich am Ravensberg. Ich bin dort immer wieder im Kreis gefahren. Dann fuhr ich bei einer Apotheke vorbei und wusste: die macht erst Montagmorgen wieder auf. Aber man kann dort natürlich nicht mit gutem Gewissen stehen. Und da dachte ich: Da muss es eine Lösung geben", erzählt Wussow von den Anfängen der App.

Ihre Idee: Personen, Supermärkte, Schulen oder Firmen, die Parkplätze frei haben, können diese in der PEUKA-App anbieten. Das kann auch eine Auffahrt oder der Parkplatz vor einer Arztpraxis sein. In der App oder Online können sich Autofahrer diesen Parkplatz dann reservieren - auch schon am Morgen für den Abend.

Preise legen Parkplatzinhaber selbst fest

Das Ganze ist allerdings nicht kostenlos - die Preise legen die Parkplatzinhaber selbst fest. Meist kostet eine Stunde zwischen 1 und 2 Euro. Die Bezahlung und alles weitere wird digital abgewickelt. Das scheint gut zu klappen: Die Falschparkquote liege bei unter zwei Prozent, sagen die Gründer. Mehr als 600 Parkplätze sind über die App aktuell in Kiel verfügbar. Aber auch in anderen Kommunen wie Rendsburg oder Eckernförde gibt es Angebote.

Rainer Pregla vom ADAC gibt ein Interview © NDR Foto: NDR Screenshot
Für Rainer Pregla vom ADAC ist die App-Lösung "innovativ". Städtische Lösungen empfindet er bislang als zu bürokratisch.

"Das ist eine innovative Lösung", sagt Rainer Pregla vom ADAC, "die App setzt auf Digitalisierung und Kennzeichenerkennung. Mit dieser elektronischen Lösung kann ich den Zeitpunkt, wann ich auf den Parkplatz fahren und ihn wieder verlassen will, selbst bestimmen."

Landesweit gibt es unterschiedliche Situationen

Landesweit gibt es keine vergleichbaren Projekte zu den Kieler Lösungen. In Lübeck sei das Thema Mehrfachnutzung von Parkflächen auf der Agenda der Stadt, da eine monofunktionale Nutzung von Stellplätzen im privaten Raum in der Regel ineffizient sei, so eine Pressesprecherin.

In Flensburg ist laut Stadt der Park-Druck besonders in den Stadtteilen Duburg, Johannisviertel und St. Jürgen groß - viele Parkmöglichkeiten gebe es aber auf dem Exerzierplatz.

In Husum werden nachts Schulparkplätze genutzt

Unbürokratischer als in Kiel geht es in Husum zu: Dort dürfen laut Stadt Anwohner zum Beispiel nachts auf Schulparkplätzen parken.

Und in Neumünster kann ein Supermarkt-Parkplatz auch von den Besuchern des Gerisch-Skulpturenparks genutzt werden.

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An Immobilien des Landes sollen Flächen entstehen

Die Kieler Start-up-Gründer wünschen sich, dass noch mehr Flächen von Firmen und Supermärkten für Anwohner freigegeben werden. Das möchte auch Kiels Oberbürgermeister Kämpfer - er sei dafür mit Supermärkten und dem Land im Gespräch, unter anderem mit Finanzstaatssekretär Oliver Rabe.

"Das Finanzministerium entwickelt zurzeit ein eigenes Konzept zur Mehrfachnutzung von Parkflächen an den Landesimmobilien und steht in diesem Zusammenhang auch im Austausch mit der Landeshauptstadt Kiel", sagt Rabe. Aktuell seien mögliche Pilotflächen in der "konkreten Planung".

Ab wann diese Flächen und andere Parkplätze von Behörden, Supermärkten und Schulen in Kiel doppelt genutzt werden können, ist allerdings unklar.

Dieses Thema im Programm:

30.08.2024 | 19:30 Uhr

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