Lübeck: Gesunkener Traditionssegler "Fridthjof" gehoben

Stand: 25.03.2024 19:20 Uhr

Die "Baltic Lift" aus Rostock ist zur Zeit im Lübecker Museumshafen. Der Schwimmkran hat bei der Bergung des Traditionsseglers "Fridthjof" geholfen. Ein aufwendiger und kostspieliger Einsatz.

von Hauke Bülow

Die Lübecker Untertrave. Hier liegen Segel- und Motoryachten genauso wie Traditionssegler dicht an dicht. In der Nacht zum 09. März allerdings verschwand einer dieser Traditionssegler plötzlich aus dem gewohnten Bild. Die "Fridthjof" war gesunken. Nur noch ihre beiden Masten ragten aus dem Wasser. Am Montag ist das gut 140 Jahre alte Schiff nun vom Grund der Trave gehoben worden. Und das mit der Hilfe von Jens Pap und seinem Team von Tauch- und Bergungsspezialisten.

Schlechte Voraussetzungen für Taucher

Ein Mann beaufsichtigt die Bergung eines Schiffes aus dem Wasser © NDR Foto: Hauke Bülow
Tauch- und Bergungsspezialist Jens Pap koordiniert die Aktion.

Seit Tagen sind Taucher in der Lübecker Untertrave im Einsatz, um die Bergung des Zweimasters vorzubereiten. "Die Voraussetzungen waren nicht gut", erklärt Jens Pap. Denn beim Untergang hatte sich die "Fridthjof" mit der Backbordseite an die Kaimauer gelegt. Dadurch hatten die Taucher Probleme, die Drahtseile für die Bergung unter den Rumpf zu ziehen. "Im Vorderbereich ging es noch einigermaßen, hinten mussten wir das Schiff allerdings erstmal ein wenig am Propeller anheben, um die Seile durchzuziehen", so Pap.

Vor mehr als 30 Jahren hat er sein Tauch- und Bergungsunternehmen zusammen mit seinem Bruder gegründet. Entsprechend routiniert der Ablauf an Bord des Schwimmkrans. Alle Mitarbeiter wissen, wann was zu tun ist. Per Fingerzeig oder Funk gibt Jens Pap ihnen Anweisungen. "Mein Puls ist entspannt. Mein Puls muss entspannt sein. Wenn der hochgehen würde, könnte ich das hier nicht ideal managen".

Bergung von Landseite nicht möglich

Ein Schiff wird geborgen, nur die Brücke ragt aus dem Wasser. © NDR Foto: Hauke Bülow
Die "Fridthjof" wird an Schwerlastgurten langsam hochgezogen.

Dass bei diesem Schiffsuntergang ein Schwimmkran zum Einsatz kommen musste, war schnell klar. "Dadurch, dass die "Fridthjof" so dicht an der Pier liegt, können wir nur seeseitig arbeiten. Einen Einsatz eines Mobilkrans landseitig konnten wir nicht realisieren", erklärt Tim-Erik Beier. Er ist Projektleiter der Firma, die von der Stadt Lübeck mit der Bergung beauftragt wurde. Das Problem: Direkt hinter dem Liegeplatz der "Fridthjof" befindet sich der historische Hafenschuppen 9. Auf dem schmalen Weg zwischen Kaikante und Hafenschuppen ist kein Platz für einen Kran. "Außerdem wäre das zu viel Gewicht für diesen Bereich", so der Projektleiter. Daher hat seine Firma die Spezialisten aus Rostock angefordert.

Schiffshebung Stück für Stück

Die Männer an Bord des Schwimmkrans arbeiten Hand in Hand mit den Tauchern im Wasser. Gemeinsam befestigen sie die riesigen Schwerlastgurte für die Bergung an sogenannten Traversen. "Diese Stahlrohre halten die Gurte in der Luft so weit auseinander, dass der Schiffsrumpf beim Heben nicht zusammengedrückt wird", sagt Bergungsexperte Jens Pap. Nach mehreren Stunden wird es spannend: Der Schwimmkran hebt die "Fridthjof" Zentimeter für Zentimeter vom Grund der Trave. "Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht zu weit anheben, weil wir dann das Wasser im Schiff mitanheben würden", so Pap. Zu groß die Gefahr, dass das Schiff brechen könnte. Deshalb stoppt der Kran, als das Deck des versunkenen Seglers die Wasserkante erreicht.

Ein geborgenes Schiff hängt an einem Schwimmkran in Lübeck © NDR Foto: Hauke Bülow
Der Traditionssegler schwimmt nur noch mit Hilfe des Krans. Er wird nun zerlegt.

Jens Pap und seine Kollegen gehen an Bord der "Fridthjof". Sie erkennen sehr schnell: Der Zustand vor dem Sinken war extrem schlecht. Müll und Pfandflaschen liegen im Steuerhaus, ein paar Fische zappeln auf den alten Decksbrettern. Die Bergungsexperten werfen sie zurück in die Trave. Gleichzeitig bergen sie einen toten Hund aus dem Wasser, der den Untergang des Traditionsseglers nicht überlebt hat. "Das Schiff hat einige Leckagen, wie wir jetzt hier festgestellt haben. Holzschäden im Rumpf und auf dem Hauptdeck. Die Ursache für den Untergang kann ich aber nicht bestimmen, das machen andere", so Pap.

Historisches Schiff wird verschrottet

Mit mehreren Hochleistungspumpen befördert das Bergungsteam das Wasser aus dem Schiffsrumpf zurück in die Trave. Dann wird es mit den Schwimmkran an Land gebracht und zerlegt. "An dem Abwrackplatz haben wir schon ein Sandbett, auf das das Schiff gelegt wird", erklärt Bergungsprojektleiter Tim-Erik Beier. Motor, Getriebe, Tanks und Rohrsysteme werden mit seinem Saugwagen entleert. Danach entsorgt ein Recyclingunternehmen die Einzelteile der "Fridthjof". "Wir schätzen, dass allein die Bergung etwa 150.000 Euro kosten wird", so Beier. Hinzu kommt die Entsorgung. Wer die Kosten trägt, ist noch unklar. Die Stadt muss sich nun mit dem Eigner oder dessen Versicherung auseinandersetzen. Wem das Schiff gehört, wollte die Stadt mit Verweis auf den Datenschutz nicht sagen. Die 1881 gebaute Galeasse hatte jahrelang einer Stiftung gehört, die sie zum Jahreswechsel für einen symbolischen Preis an einen Privatmann verkauft hatte.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 25.03.2024 | 15:00 Uhr

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