VIDEO: Baustelle Brückenbau am NOK - Levensauer Hochbrücke (4 Min)

Levensauer Hochbrücke: Ein Wahrzeichen am NOK verschwindet

Stand: 11.05.2024 05:00 Uhr

Das rote Wahrzeichen über dem Nord-Ostsee-Kanal - die Levensauer Hochbrücke - wird bald verschwinden. Ein Neubau entsteht. Auf der Baustelle bei Kiel wird auf mehreren Ebenen gearbeitet. Ein Besuch.

von Julia Schumacher

Bereits vor Eröffnung der Schleusen in Kiel und Brunsbüttel im Jahr 1895 war sie fertig, seitdem überspannt die Levensauer Hochbrücke die engste Stelle des Nord-Ostsee-Kanals. Sie verbindet Kiel-Suchsdorf und die Gemeinden nördlich des Kanals. Doch mit ihren 130 Jahren hat sie ausgedient, der Stahl ist müde. "Es ist zwingend erforderlich, das Bauwerk entweder zu sanieren oder neu zu bauen", sagt Andreas Rasmus, Ingenieur bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV).

Da der Nord-Ostsee-Kanal im Zuge der Oststreckenerweiterung auch unter der Levensauer Hochbrücke breiter werden soll, damit große Schiffe aneinander vorbeikommen, lohne es sich aber nicht, die alte Brücke zu sanieren, erklärt Rasmus. Der Platz unter dem alten Brückenbogen würde nicht ausreichen, damit zwei große Schiffe ungehindert aneinander vorbeifahren können. Seit 2009 steht also fest, dass es eine neue Brücke an der alten Stelle geben soll - die mehr Raum für große Schiffe darunter bietet. Seit 2018 liegt ein Planfeststellungsverfahren vor - und wirklich gebaut wird seit vier Jahren. Bis eine neue Brücke an der Stelle der alten steht, wird es aber noch dauern.

Gebaut wird übereinander mit schwerem Gerät

Der gigantische Brückenbau besteht momentan aus vier großen Einzelbaustellen - übereinander auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Dafür sind Großgeräte wie Teleskopbagger, Ankerbohrgeräte und Seilbagger im Einsatz. Rund 30 Bauarbeiter arbeiten hier gleichzeitig. Die Schiffe unter und die Bahnen auf der Brücke sollen währenddessen so lange wie möglich weiter ungestört fahren können. Für Fußgänger, Fahrrad- und Autofahrer ist sie gerade gesperrt.

Am Ufer ein Traggerüst, auf dem die Brücke abgelegt werden kann

Ganz unten direkt am Ufer entsteht eine Hilfskonstruktion - ein sogenanntes Traggerüst. Dafür wurden bereits tiefe Löcher in den Grund gebohrt, in die nun zwei mal 15 Meter lange Stahlkörbe eingelassen werden. Diese langen, runden Körbe aus einem Gitter aus Stahl liegen bereits auf einer Ebene am steilen Ufer, zwei Kräne sollen die Körbe in die tiefen Schächte heben. Die werden anschließend mit Beton gefüllt. So wird der Untergrund des künftigen Traggerüsts tief in der Erde verankert. Denn dieses Gerüst muss die gewaltige Last der alten und neuen Brücke tragen können, die beim Ein- und Ausbau dort einmal abgelegt werden müssen. Mit dem eigentlichen Brückenbauwerk hat das Gerüst dann später nichts mehr zu tun.

In tiefen Schächten werden die Brücken-Enden verankert

Der Blick in einen Brunnenschacht © NDR Foto: NDR Screenshot
Die Brunnenschächte für die Enden der Brückenbögen müssen am Ende einen Durchmesser von exakt 6,60 Meter haben.

Eine Ebene weiter oben werden auf beiden Uferseiten tiefe Brunnenschächte gebaut, vier insgesamt. Dort werden später die Enden der neuen Brückenbögen verankert. Auch diese großen Löcher müssen am Ende 30 Meter tief sein. An dreien dieser Brunnenschächte wird aktuell gebaut, am vierten ruhen die Arbeiten, weil direkt darüber tonnenschwere Stücke des ehemaligen Fußweges mit einem Kran abtransportiert werden.

Für die Schächte wurden im Kreis 30 Pfähle 30 Meter tief in die Erde eingebracht und mit Beton gefüllt. Die Erde innerhalb dieses Kreises wird anschließend herausgeholt. Das passiert gerade beim nordöstlichen Brunnenschacht, ein riesiger orangefarbener Teleskopbagger holt Sand und Erde aus dem runden Betonschacht.

Auch Taucher sind auf der Baustelle im Einsatz

Während drüben noch Erde ausgebaggert wird, ist in einem der Schächte auf der anderen Uferseite ein Taucher unterwegs. Der Schacht ist bereits ausgehoben und mit Grundwasser gefüllt. Im trüben Wasser kontrolliert der Taucher, wie tief der Schacht ist und wie viel Aushub bis ganz unten noch herausgeholt werden muss. Seine Auswertung ergibt: Etwa ein Meter bis zum Grund muss noch abgesaugt werden.

Die Schächte müssen einen Durchmesser von exakt 6,60 Meter haben. Deshalb geht es am nächsten Brunnenschacht um jeden Zentimeter an der Betonwand: Dafür steht ein Bauarbeiter in einem Metallkorb, der von einem Kran tief in den Schacht eingelassen wird. Er steuert einen Roboter auf einem Schwimmponton, der jede Unebenheit aus dem gegossenen Beton fräst. "Damit am Ende der Bewährungskorb, der dort eingestellt wird, wirklich haargenau reinpasst", erklärt Polier Toni Rose.

Fußgängerbrücke wird weggesägt

Wieder eine Ebene weiter oben - auf der Straßenebene - wird währenddessen mit einer Seilsäge der Belag der Fußgängerbrücke weggesägt, um darunter den neuen Brückenunterbau errichten zu können. 20 Meter vom Brückendamm bis zur eigentlichen Brücke muss entfernt werden. Ein herausgefrästes Stück wiegt zehn Tonnen - das vorsichtig mit einem Kran abtransportiert werden muss. Der Kran hebt es durch die Luft über die anderen Baustellenebenen hinweg. Direkt daneben verlaufen die Bahngleise über die Brücke, auf der nach wie vor die Bahn zwischen Kiel und Eckernförde fährt.

Steile Hanglage macht genaue Planung unverzichtbar

Eine Baustelle auf einer Brücke © NDR Foto: NDR Screenshot
Im Bereich zwischen Zufahrtsdamm und Brücke wird aktuell der Fußgängerweg mit einem Seilbagger entfernt.

Gleichzeitig wird hier oben auch mit einem Bohrgerät tief in die Erde gebohrt und ein Fundament verankert. In einem halben Jahr muss hier am Hang ein sehr großer Kran stehen und eine 60 Tonnen schwere Hilfsbrücke einsetzen, die den Brückendamm wieder mit der alten Levensauer Hochbrücke verbindet. Dieser Termin steht fest - bis dahin muss hier oben alles dafür fertig sein. "Das begleitet uns jeden Tag", sagt Tomas Philipp, Projektleiter der Baufirma - und verweist auf die besonderen Umstände dieser gigantischen Baustelle: "Die steile Hanglage, meistens nur eine Zuwegung von jeder Seite, sodass man wirklich detailliert durchplanen muss, von welchen Gewerken was nacheinander gebaut wird."

Zeitdruck: Bahnstrecke darf nur acht Wochen gesperrt werden

Und jetzt kommt auch noch Zeitdruck mit dem neuen nächsten Bauabschnitt hinzu: Während die Hilfsbrücke für Autofahrer und Fußgänger eingesetzt wird, darf die Bahn nicht fahren - zu gefährlich. "Wir haben in Stein gemeißelte feste Termine: Der Bahnbetrieb darf nur acht Wochen unterbrochen werden. Und darauf setzen wir jetzt alles, dass wir das ermöglichen", sagt Projektleiter Philipp. Wann die alte, rostrote Levensauer Hochbrücke letztendlich abgebaut und durch eine neue Brücke ersetzt sein wird - dafür nennt die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung bisher keinen Termin. Bevor die eigentliche neue Stahlbrücke - die auch aus roten Stahlbögen bestehen wird - in Auftrag gegeben wird, muss erst der ganze Unterbau fertig sein.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 10.05.2024 | 19:30 Uhr

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