Landtag streitet über Kosten für Klimaproteste
Ob Klimakleber für Polizeieinsätze zahlen sollen, bleibt im Landtag umstritten. CDU und Grüne sind sich bei diesem Thema nicht einig. Und die FDP findet manches Argument "unvertretbar".
Bedenkt man, wie sehr die Aktionen der Klimakleber bei manchem den Puls hochschnellen lassen, lief die Landtagsdebatte geradezu friedlich ab: Dass die Aktionen der sogenannten "Letzten Generation" Konsequenzen haben müssen, wenn dabei gegen Gesetze verstoßen wird, ist weitgehend unstrittig. Die FDP fordert aber, dass Klimakleber für den Polizeieinsatz zahlen sollen.
Buchholz sieht in Protesten Nötigung
"Derjenige, der fahrlässig dreimal seine Alarmanlage ausgelöst hat, der wird zur Kasse gebeten, aber derjenige, der bewusst und vorsätzlich einen Polizeieinsatz provoziert, der soll nicht zur Kasse gebeten werden", sagt der FDP-Abgeordnete Bernd Buchholz. Das sei nicht in Ordnung. Buchholz sieht in den Protesten eine Nötigung und verweist auf verschiedene Rechtssprechungen. Die Klimakleber setzen sich seines Erachtens über das Demonstrationsrecht hinweg und würden so zu Straftätern. Bisher gab es sechs solcher Proteste in Schleswig-Holstein.
CDU und Grüne uneins
Auch Tim Brockmann von der CDU meint: "Wer, wie die letzte Generation, bewusst das Versammlungsrecht missbraucht, bewusst in die Freiheitsrechte Dritter eingreift, der sollte auch hier in Schleswig- Holstein, genauso wie in anderen Bundesländern, für den gesamten Polizeieinsatz bezahlen." Den Mitgliedern der "Letzten Generation" wirft Brockmann Spaltung vor.
Jan Kürschner von den Grünen stellt diesen Argumenten die gesetzliche Verpflichtung zum Klimaschutz entgegen: "Der deutsche Staat - auch Schleswig-Holstein - ist zum Klimaschutz und Erreichen der Klimaneutralität gesetzlich verpflichtet. Das ist keine grüne Wunschvorstellung", sagt er. Die FDP findet Kürschner, hätte ihre Energie lieber in den Klimaschutz stecken sollen. Sie zündle gegenüber unliebsamen Protesten: Bei den Corona-Protesten schließlich habe die FDP dergleichen nicht gefordert.
Auch richtige Ziele können nerven
Es würden Regeln überschritten bei den Protesten, stellt Niclas Dürbrook von der SPD fest. Im Zweifel leide dadurch die Akeptanz für den Klimaschutz. Um dafür etwas zu tun, gebe es "bessere Mittel als Sekundenkleber und bessere Orte als den Asphalt", so Dürbrook.
Ähnlich sieht es Lars Harms vom SSW. Fürs Ziel der Proteste habe er Verständnis, aber die Demonstranten begeisterten die Menschen nicht: "Ich bin manchmal auch genervt." Ohne Folgen für die Demonstrierenden liefen die Polizeieinsätze aber auch jetzt schon nicht ab: Im Zusammenhang mit den Fällen in Schleswig-Holstein werde wegen Nötigung ermittelt, so Harms.
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) ist offen für Diskussionen im Ausschuss - bisher müssen Demonstrierende in Schleswig-Holstein aber nicht zahlen, da das Ministerium eine andere Rechtsauffassung hat. Wenn festgeklebte Aktivisten durch die Polizei vom Asphalt gelöst und weggetragen werden, sei das die Anwendung unmittelbaren Zwangs, so Sütterlin-Waack. Dafür seien in Schleswig-Holstein keine Rechnungen vorgesehen.
Heiligt der Zweck die Mittel?
Der FDP-Abgeordnete Buchholz tritt dann doch noch einmal ans Mikro, weil er die Argumentation des Grünen-Politikers Kürschner für "unvertretbar" hält. Danach rechtfertige der Klimaschutz das Verhalten der Demonstranten. Kürschner spreche ihnen damit quasi "ein Notstandsrecht" zu und das lasse ihn an Kürschers Eignung zum Vorsitzenden des Innen- und Rechtsausschusses zweifeln, so Buchholz.
Kürschner selbst stellt klar, dass er das nicht gesagt habe. Er rät Buchholz, noch einmal die Rede nachzulesen. Der Antrag der FDP, ergänzt Kürschner noch, sei "Unsinn."
Ein wenig schnellte der Puls dann also doch noch nach oben.