Landtag in SH: Mehr sichere Orte für Frauen notwendig
Am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hat sich auch der Landtag in Kiel mit dem Thema befasst. Die Forderungen waren eindeutig: mehr Geld und mehr sichere Orte für Frauen.
Fast 3.900 Frauen und Kinder sind im vergangenen Jahr in Schleswig-Holstein Opfer von häuslicher Gewalt geworden. Das sei eine erschreckende und beschämende Zahl, betonten alle Fraktionen im Landtag. Einig waren sich auch alle Fraktionen darin, dass Schleswig-Holstein finanziell ganz gut aufgestellt sei, um Frauenhäuser und andere Beratungsstellen zu unterstützen. Aber: Es brauche noch mehr Geld und mehr sichere Orte für Frauen, die Gewalt erfahren haben. Um Gewalt früher zu erkennen und besseren Schutz für Frauen sicherzustellen, soll in Schleswig-Holstein ein neues Kompetenzzentrum gegen geschlechtsspezifische Gewalt entstehen.
Tausende Fälle von Gewalt im Jahr
Beate Raudies von der SPD sagte, es sei derzeit oftmals nicht möglich, Frauen in Not schnell und unkompliziert zu helfen. "Jeden Tag werden in unseren Frauenhäusern Hilfesuchende weggeschickt und da hilft auch keine bundesweite Datenbank. Wer da hineinschaut sieht fast jeden Tag: SH meldet voll. Das ist ein Zustand, den wir nicht hinnehmen sollten und den wir nicht hinnehmen dürfen", sagte sie.
FDP: Keine Zeit verlieren
Im Kompetenzzentrum sollen auch Strategien erarbeitet werden, um Gewalt möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen. Dazu sollen unter anderem Polizei, Justiz, Beratungsstellen und Jugendämter strategisch zusammenarbeiten. Annabell Krämer von der FDP wünscht sich ein "bisschen mehr Butter bei die Fische". Sie forderte, dass nicht lange gewartet werde und dass das Kompetenzzentrum sofort loslege mit der Arbeit.
16 Frauenhäuser im Land - oftmals kein Platz mehr
Nach Angaben des Gleichstellungsministeriums gibt es im Norden derzeit 16 Frauenhäuser mit insgesamt rund 360 Plätzen, die vom Ministerium gefördert werden. Die meisten Frauenhäuser im Land sind autonome Frauenhäuser. Die Suche nach freien Plätzen erstreckt sich nicht selten auf das gesamte Bundesgebiet. Helfen kann hier unter anderem eine Online-Seite der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser.
Wenn Frauen keinen Platz finden
Frauen, die keinen Platz finden, müssten oft in der Gewaltsituation bleiben, sagt Stina Rosenau vom Frauenhaus Kiel. Und gerade eine Trennungssituation sei ein sehr gefährlicher Zeitpunkt "weil wenn sie zurückgeht, kann es passieren, dass weitere Regressionen oder Strafen oder auch mehr Gewalt - psychische oder auch physische - gegen sie erfolgt und auch die Kontrolle durch den Täter erhöht wird."
Zu wenig Personal in den Frauenhäusern
Zwei neue Häuser in Nordfriesland und Schleswig-Flensburg sind vom Land geplant. Neben mehr Plätzen brauchen die Häuser nach eigenen Angaben auch mehr Stellen. Die zunehmende Bürokratie, die Verwaltung und die immer vielfältigeren Aufgaben führen laut Koordinierungsstelle dazu, dass der Stellenschlüssel von 1:6 längst nicht mehr ausreicht, damit die pädagogische Arbeit in den Häusern nicht zu kurz kommt.
Camper als niedrigschwelliges Beratungsangebot
Auch niedrigschwelligeren Angeboten für Frauen mit Gewalterfahrung fehlt es oft an Finanzen. Im Kreis Herzogtum Lauenburg ist der Verein "Frauen helfen Frauen" mit einer mobilen Beratungsstelle - einem umgebauten Camper - unterwegs. Der anonyme Camper ist für Frauen gedacht, die nicht weit fahren können, oder solche, die Angst haben, entdeckt zu werden, wenn sie eine offizielle Beratungsstelle aufsuchen. Die Beraterinnen können so direkt zu den Frauen kommen und helfen, beispielsweise die Flucht vor einem gewalttätigen Partner zu planen oder Finanzierungsfragen eines Neustarts zu regeln. 40.000 Euro Zuschuss bekommt der Verein dafür bisher vom Sozialausschuss des Kreises - doch der soll jetzt gestrichen werden.
Hoffungsschimmer aus Berlin
Der Verein hofft, dass der Kreistag Anfang Dezember diese Entscheidung revidiert. Ansonsten sei nicht klar, wie beziehungsweise ob es für die mobile Beratung weitergehen könne. Spenden allein reichten nicht aus, um alle Kosten zu decken.
Ein Hoffnungsschimmer für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt und die, die ihnen helfen wollen, kommt aus Berlin: Familienministerin Lisa Paus (Grüne) kündigte an, sie wolle mit den Bundesländern vereinbaren, wie Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen besser finanziell abgesichert werden.