Der Landtag von Schleswig-Holstein in Kiel von außen © NDR Foto: NDR Screenshots

Landtag debattiert Flüchtlingspolitik und einen gelöschten Tweet

Stand: 15.06.2023 14:54 Uhr

Die Flüchtlingspolitik ist im Landtag kontrovers diskutiert worden. Vor allem FDP und Grüne gerieten aneinander. Und dann sorgte auch noch ein Tweet für Aufregung.

von Constantin Gill

Bei einer humanitären Flüchtlingspolitik solle es bleiben, versichert FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Es müsse aber dafür gesorgt werden, "dass klarer zwischen der Flucht vor Krieg, dem Anspruch auf Asyl, der irregulären Migration und der regulären Zuwanderung sinnvoll unterschieden wird." Die Außengrenzen sollten gemeinsam besser kontrolliert werden. Vogt sieht sonst die Akzeptanz der Bevölkerung in Gefahr.

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Vogt: Enthaltung im Bundesrat "abenteuerlich"

Dass die Einstufung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten die Probleme der Kommunen vor Ort nicht löst, ist auch der FDP bewusst. Trotzdem sei der Schritt richtig. Dass Ministerpräsident Daniel Günther die entsprechenden Beschlüsse auf EU-Ebene begrüßt, die Grünen sich aber dagegen stellen - und das Land sich im Bundesrat enthalten will - findet Christopher Vogt "abenteuerlich."

Er fragt sich, ob Günther eine Mehrheit für seinen Weg organisieren kann. "Wir erwarten, dass die Landesregierung hinter den Beschlüssen steht, die der Ministerpräsident mit zu verantworten hat."

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CDU und Grüne bleiben uneins

Doch zur Abstimmung über den Antrag der FDP kam es am Donnerstag nicht: Seyran Papo von der CDU beantragt Ausschussüberweisung. Inhaltlich stellt Papo klar: "Wir nehmen jedes einzelne Schutzersuchen sehr ernst." Verfahren an EU-Außengrenzen seien aber richtig, "so sehr das manchen auch ein Dorn im Auge sein mag."

Mit Blick auf die sicheren Herkunftsländer sagt Papo, die Kapazitäten im Land seien begrenzt, man müsse "Entscheidungen treffen." Es sei kein Geheimnis, "dass unser Koalitionspartner dagegen ist."

Catharina Nies von den Grünen nennt den Antrag der FDP dann auch "hochgradig irreführend" - denn einerseits werde darin die humanitäre Verpflichtung betont, andererseits gehe es um "massive Asylrechtsverschärfungen" - die den Menschen das Grundrecht auf Asyl entzögen. Die Vorhaben würden nicht zu einer Reduzierung von irregulärer Migration führen. "Alle werden verlieren", so das Fazit von Catharina Nies.

SPD und SSW sehen "Abschreckung und Irreführung"

Auch die SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli kritisiert die EU-Beschlüsse als "Abschreckungspolitik" und hat zudem Zweifel an deren Umsetzbarkeit. Ob am Ende wirklich ein gemeinsames Asylsystem stehe, bezweifelt sie.

Auch der SSW-Fraktionsvorsitzende Lars Harms spricht von Abschreckung und kritisiert, dass der Begriff der "sicheren Herkunftsstaaten" irreführend sei: "Ehrlicher wäre es, dazu zu stehen, dass es bei der Ausweisung vermeintlich sicherer Herkunftsstaaten vor allem um verkürzte Verfahren geht."

Integrationsministerin Aminata Touré betont, dass die eigentlichen Probleme vor Ort meist ganz andere sind: Planungssicherheit, Wohnraum, Kitas - diese Fragen beschäftigten die Kommunen, so die Ministerin. Zu Flüchtlingen aus Georgien und Moldau liefert sie dann noch Zahlen. Aus Georgien habe es in diesem Jahr bisher 43 Asylanträge gegeben, im vergangenen Jahr 48. Aus Moldau gab es in diesem Jahr noch keine, im vergangenen Jahr einen.

Sitzungsunterbrechung nach Juso-Tweet

Als die Debatte ihr Ende gefunden hat und der Antrag der FDP in den Ausschuss überwiesen wird, geht die Aufregung dennoch weiter: Der Tweet des Juso-Vorsitzenden und Fraktionsmitarbeiters Kianusch Stender sorgt dafür, dass die Landtagssitzung vorerst unterbrochen wird, damit der Ältestenrat tagen kann. Es geht um den Vorwurf, "das komplett weiße Präsidium" habe der SPD-Abgeordneten Midyatli das Wort entzogen.

Das sorgt für Wut in besagtem Präsidium. Und CDU-Generalsekretär Lukas Kilian twittert: Ein "unterirdischer Angriff" sei das. Das Präsidium hatte Midyatli zuvor mehrfach ermahnt, ihre Rede zu beenden.

Nach einer halben Stunde geht die Landtagssitzung weiter: SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller tritt ans Mikro und erklärt: Die SPD-Fraktion teile die Einschätzung des Mitarbeiters nicht. Das Präsidium habe sich korrekt verhalten. Seinen Tweet hat der Mitarbeiter inzwischen gelöscht. Und sich entschuldigt.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 15.06.2023 | 12:00 Uhr

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