LNG-Großauftrag für Flensburger Werft auf der Kippe?
Im Dezember hatte Bundeswirtschaftsminister Habeck angekündigt, den Bau von drei LNG-Bunkerschiffen bei der FSG zu fördern. Nun gibt es neue Turbulenzen um die Flensburger Werft.
Es wirkte wie ein Weihnachtsgeschenk, als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in seinem Wahlkreis am 23. Dezember 2022 der krisengeschüttelten Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) einen Großauftrag versprach. Dabei geht es um den Bau dreier Schiffe, die Flüssigerdgas (LNG) einlagern und dann andere Schiffe damit betanken können. LNG-Antriebe gelten als weniger klimaschädlich im Vergleich zu Diesel.
Flensburger Angebot ist nicht zu halten
Der Bundeszuschuss von 62 Millionen Euro geht dabei nicht direkt nach Flensburg. Beauftragt ist ein Unternehmensverbund unter Leitung der Nordic Hamburg Gruppe. Dieser Verbund hatte sich nach einem "wettbewerblichen Verfahren" für die FSG entschieden, schreibt das Bundeswirtschaftsministerium. Eine Anfrage der CDU-Bundestagsabgeordneten Petra Nicolaisen ergab nun aber, dass das Flensburger Angebot nicht zu halten ist.
"Höhere Materialkosten" laut Wirtschaftsministerium
Dass der Auftrag noch nicht unterschrieben ist, geht laut Ministerium auf "erhebliche Kostensteigerungen auf Seiten der FSG - unter anderem bedingt durch höhere Materialkosten" zurück. Deshalb werde geprüft, ob das Bauprogramm von drei auf zwei Schiffe reduziert werden könne. Dazu müssten die Mittel umgeschichtet werden.
Aktuell ist bei der FSG nur noch ein Schiff in Bau
Sollte der Auftrag verfallen, stünde die FSG wieder einmal vor einer ungewissen Zukunft. Nur ein weiteres Schiff für eine australische Reederei ist noch in Bau. Danach ist das Auftragsbuch leer.
Auftrag ist indirekt an Flensburger Werft gebunden
Nordic könnte den Auftrag allerdings nicht ohne Weiteres an eine andere Werft geben. "Der zwischen den Zuwendungsempfängern und der FSG verhandelte Schiffbauvertragsentwurf lag den Förderbescheiden zugrunde," schreibt Habecks Ministerium auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein. Eine Auftragsvergabe an eine andere Werft sei von den Unternehmen nicht geplant. Die Mittel seien dabei für dieses Haushaltsjahr eingeplant. Somit bleibt für die Nachverhandlungen nicht viel Zeit.
Irritationen um Krankenkassenbeiträge
Die Belegschaft ist auch aus einem weiteren Grund verunsichert. Dem NDR liegt ein Schreiben an die Beschäftigten vom 23. August vor, in dem es um die Krankenkassenbeiträge geht. Darin heißt es: "Leider wurde unser Stundungsantrag von der Krankenkasse abgelehnt." Freiwillig gesetzlich Versicherte müssten nun ihre Beiträge selbst entrichten. Die Gelder dafür würden mit dem Gehalt im August ausgezahlt. Dazu teilt ein FSG-Sprecher lediglich mit: Die Beiträge seien bezahlt. Der Fall habe sich erledigt. Wie es dazu kam, bleibt offen.
Ex-Werftbesitzer fordert offenbar Millionenbetrag
Keine Antwort gibt es auf die Frage, wer derzeit die Geschäftsführung der FSG-Nobiskrug GmbH innehat. Philipp Maracke hat das Unternehmen nach eigenen Angaben verlassen. Das Impressum führt ihn weiterhin auf.
Bei der Rendsburger Nobiskrug-Werft wird Lars Windhorst als Vertreter angegeben. Der risikofreudige Finanzinvestor, der ein weltweites Firmenimperium aufgebaut hat, streitet sich nach einem Bericht der "Wirtschaftswoche" mit dem Vorbesitzer der FSG um einen riesigen Geldbetrag: Kristian Siem fordere 144 Millionen Euro von ihm. Der Londoner High Court Of Justice habe Vermögenswerte in dieser Höhe eingefroren.
IG Metall: Weiter Hoffnung auf Flächentarifvertrag
Trotz der Turbulenzen drängt die IG Metall weiterhin darauf, dass die FSG nach Flächentarif bezahlt. Nach der Insolvenz hatte die Belegschaft auf einen Teil des Gehalts verzichtet. Michael Schmidt von der Gewerkschaft hofft, dass neue Verhandlungen im September den Durchbruch bringen. Problematischer sei aber die Ungewissheit. Denn wieder einmal wüssten die Beschäftigten nicht, ob es die Werft in ein oder zwei Jahren noch geben wird.