Kolumne: Fake, Faker, Deepfake - auch unecht kann gut sein
Hier das manipulierte Video im Internet, da der vermeintliche Pelzmantel, dort das Salami-Imitat im Supermarkt. Fälschungen gehören mittlerweile zum Alltag. In manchen Fällen, findet unsere Kolumnistin, ist Fake sogar besser als echt.
Um den Begriff 'Fake' kommt keiner mehr herum. Im Internet locken Fake-Shops, auf Instagram Fake-Profile, auf Whatsapp Fake-Enkel. Mehr noch: Inzwischen brauchen Kinder Aufklärungs-Workshops, um nicht auf 'Deepfakes' hereinzufallen, also Videos, die täuschend echt aussehen - quasi die Höchstform des Fake. Klar, früher nannte sich das Ganze schlichtweg Betrug, aber ich glaube, es hat nicht nur mit unserer Liebe zu Anglizismen zu tun, dass plötzlich alles 'fake' erscheint. Es ist nämlich komplexer - Fälschungen sind ein Trend und zwar oftmals kein schlechter. Wie bitte, fragen Sie sich? In Ordnung, ich erkläre.
Der falsche Polizist und der Löwenkopf
Selbstverständlich finde ich es auch schlimm, wenn als Polizisten verkleidete Schwindler Menschen um ihr Geld und Gold bringen, wenn Internetshops nichts als Attrappen sind, Deepfakes kursieren und in den sozialen Medien oder auf Datingportalen Fake-Profile ihr Unwesen treiben. Es gibt aber auch Bereiche, in denen das Fälschen eines Originals tatsächlich etwas Besseres hervorgebracht hat, zum Beispiel der Modetrend 'Fake Fur'. Nicht nur trugen auf der diesjährigen Berlin Fashion Week plötzlich alle Kunstfellmäntel, Trend-Ikone Kylie Jenner trug neulich sogar einen kompletten Löwenkopf um die Schultern. Kein Kadaver, alles fake. Gott sei Dank! Das fand sogar Tierschutzorganisation PETA und lobte Jenner.
Wenn schon Fake, dann mit Ansage
Ähnlicher Fall: Fake-Fleisch. Seit wir wissen, dass unser Fleischkonsum negative Auswirkungen auf das Klima hat, wir aber gleichzeitig bitte nicht auf unsere heiß geliebten Spaghetti Bolo verzichten wollen, sind wir immer dankbarer für die Ersatzprodukte im Kühlregal. Wie beim Kunstpelz gilt auch hier: Die Kopie ist eigentlich gar keine Kopie, sondern eher eine Weiterentwicklung, die sich halt an etwas Altbewährtem orientiert - weil wir Menschen Gewohnheitstiere sind. Trotzdem gilt genauso wie bei Fake-Wimpern, Fingernägeln oder Handtaschen, dass wir es im Grunde unseres Herzens wissen wollen, wenn Dinge nicht 'echt' sind. Selbst bei eigentlich gut gemeinten Fälschungen wollen wir nicht getäuscht werden, wollen keine Verwechslungsgefahr. Wenn schon Fake, dann mit Ansage.
Wenn es aussieht wie eine Ente ...
Vor allem ist es ja gerade bei Wurst-Imitat & Co so, dass, wenn wir ehrlich sind, das Veggie-Fleisch vor allem nach gutem Gewissen schmeckt und erst an zweiter Stelle nach dem, was es ersetzt. Weshalb es auch ein eher ungutes Gefühl ist, wenn man erst, nachdem man Omas traditionelles Gulasch verdrückt hat, erfährt, dass es diesmal vegan war mit 'Fleisch' aus Lupinen.
Fakt ist: Lang schon kann man der eigenen Intuition à la: "Wenn es aussieht wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich eine Ente", nicht mehr wirklich vertrauen. Darum mein Vorschlag: Fake-Detektor-Workshops für alle! Lerninhalte: Wie unterscheide ich Authentisches von Unechtem (im Netz und in der analogen Welt) und wie zum Henker erschmecke ich die Lupine in Omas Gulasch?