Ist der Wohnmobil-Boom vorbei? Händler bleiben auf Fahrzeugen sitzen
Ein Wohnmobilhändler aus Reinfeld hat Anfang der Woche Insolvenz angemeldet, Händler berichten von teils hohem Bestand. Den wollen viele aber einfach aussitzen. Denn: Die Menschen in Schleswig-Holstein kaufen nach wie vor.
Der Run, den es zu Corona-Zeiten auf Wohnmobile und Wohnwagen gab, lässt nach - und einige Wohnmobil-Händler können offenbar nicht mehr alle Fahrzeuge verkaufen. Aus Schleswig-Holstein hat der Wohnmobilhändler "Auto und Freizeit Nord" aus Reinfeld (Kreis Stormarn) mit zwei Tochtergesellschaften und rund 60 Mitarbeitenden Insolvenz angemeldet. Bundesweit gibt es weitere Beispiele. So kündigte der bayerische Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert jüngst an, die Produktion in zwei Werken zu pausieren, Camper Base aus dem baden-württembergischen Lörrach meldete vor wenigen Monaten ebenfalls Insolvenz an.
In Schleswig-Holstein gibt es auch einige Betroffene, die von der Insolvenz von "Roadfans" aus Hamburg betroffen sind. Sie hatten Anzahlungen geleistet, die sie jetzt vermutlich nicht wiederbekommen.
Reinfelder Unternehmen war auch in Asien tätig
Woran es lag, dass "Auto und Freizeit Nord" Insolvenz anmelden musste, ist nicht bekannt. "Die Krisenursache prüfe ich derzeit noch", teilte der zuständige Anwalt, Christoph Morgen, NDR Schleswig-Holstein mit. Ein Tochterunternehmen des Wohnmobilhändlers aus Reinfeld, die "Caravan & Reisemobile Asia Export GmbH", verkaufte seine Fahrzeuge nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein auch am asiatischen Markt - das könnte negative Auswirkungen auf das Geschäft gehabt haben.
Caravaning-Verband: Nachfrage ist weiter da
Schwierigkeiten einzelner Unternehmen - die gibt es also. Von einer grundsätzlichen Krise will der Caravaning Industrie Verband (CIV) aber nicht sprechen. Die Nachfrage sei weiter da, sagte ein Sprecher mit Verweis auf die Neuzulassungen. So gab es laut CIV im aktuellen Jahr mit rund 4.680 neu zugelassenen Wohnmobilen bundesweit einen Zuwachs von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei Wohnwagen gab es einen Rückgang von etwas mehr als sechs Prozent auf rund 1.640 Neuzulassungen. Für Schleswig-Holstein hat der CIV Zahlen für das erste Halbjahr des aktuellen Jahres erhoben. Rund 2.350 Wohnmobile wurden demnach in dieser Zeit im Norden neu zugelassen, 25 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bei Wohnwagen gab es auch in SH einen Rückgang - von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Gesamtneuzulassungen: 658).
Einige Händler wie Luca Reimers von der Reimers Reisemobil GmbH aus Itzstedt (Kreis Segeberg) berichten, dass Käuferinnen und Käufer zumindest aktuell wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage teils zurückhaltender sind. "Weil da viele jetzt gucken, was passiert politisch, was passiert wirtschaftlich und da sind natürlich immer negative Nachrichten aus der Wirtschaft nicht unbedingt förderlich, wenn es um den Verkauf von Freizeit-und Hobbyfahrzeugen geht."
Waren viele Unternehmen schon vorher in der Krise?
Die Unternehmen, die in der Krise sind, seien oft sehr jung - oder hätten bereits vorher in der Krise gesteckt, vermutet Reimers. "Es sind keine Traditionshändler oder lange Familienunternehmen (...). Und es sind sehr viele, die neu reingekommen sind oder schon selbst in guten Zeiten ihre Schwierigkeiten hatten", erklärt Reimers. Die Nachfrage sei weiterhin hoch. "Unsere Firma wird bei einem 17 Prozent höherem Umsatz liegen bei verkauften Fahrzeugen." Er betont aber auch, dass das gestiegene Zinsniveau Händler in Liquiditätsprobleme bringen könnte. Nach den Lieferengpässen in der Coronazeit würden die Herstellerwerke jetzt wieder mehr produzieren, weil wieder mehr geht. "Die Menge an Fahrzeugen, die in den Mark reinkommt, ist deutlich größer, als es bei Corona der Fall war", fasst Reimers zusammen.
Leichter Überbestand muss abgebaut werden
"Während Corona hatten wir die Situation, dass wir hätten mehr verkaufen können, als wir von den Herstellern geliefert bekommen haben. Das ist jetzt ein bisschen gekippt", sagt auch Bernd Eichstedt, Geschäftsführer bei Caravanpark "Spann...An" in Osterrönfeld (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Es gebe nun einen leichten Überbestand, der müsse im nächsten halben bis dreiviertel Jahr abgebaut werden. "Das bedeutet: die Hersteller fahren zum Teil Kurzarbeit. Wir haben weniger Stückzahlen für das nächste Modell bestellt, sodass wir nächstes Jahr im August, September - wenn das so weiter läuft - unseren Bestand wieder auf einem Niveau haben, wie wir ihn haben möchten." Durch den Überbestand fehlten nun - gerade bei kleinen Unternehmen - die Gewinne. Diese Situation würde sich aber im kommenden Jahr regulieren.
"Der deutsche Markt ist ja gesund (...). Im Moment drückt natürlich ein bisschen der Bestand, sodass der Ertrag, der Gewinn fehlt in den Kleinunternehmen. Das muss man jetzt einmal ein Jahr aussitzen. Und dann wird es ganz normal auf hohem Niveau weitergehen." Bernd Eichstedt, Geschäftsführer bei Caravanpark "Spann...An"
Geschäftsmodell immer wieder anpassen
Auch Jan Christophersen von "Moby Van" aus Grabau (Kreis Stormarn) spricht von einer nach wie vor guten Nachfrage. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, VW-Vans auszubauen und Zubehör dafür zu verkaufen. Weil VW seinen Bulli künftig nicht mehr selbst baut, werde sich Moby Van hier künftig aber breiter aufstellen und auch andere Marken umbauen.
Verbraucherzentrale: Vor der Anzahlung Unternehmen überprüfen
Grundsätzlich sollte man, bevor man sich einen Wohnwagen oder ein Wohnmobil anschafft und eine Anzahlung leistet, auf einiges achten, rät die Verbraucherzentrale. "Man sollte immer vorher checken, ob es Bewertungen gibt, die darauf hindeuten, dass zum Beispiel Lieferschwierigkeiten bestehen, dass Verträge nicht erfüllt werden", rät Katrin Reinhardt von der Vebrauchterzentrale Schleswig-Holstein.