Landespastor Heiko Naß sitzt in der Kirche. © NDR Foto: NDR
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AUDIO: Diakonie-Vorstand Heiko Naß: "Jeder von uns kann etwas tun" (1 Min)

Hitze-Gefahr für obdachlose Menschen - wie man helfen kann

Stand: 06.08.2024 05:00 Uhr

In dieser Woche wird es wieder richtig warm in Schleswig-Holstein - was viele freut, macht anderen deutlich zu schaffen. Denn weil sie keine Wohnung oder andere Räume haben, in die sie sich zurückziehen können, sind wohnungslose Menschen besonders gefährdet.

von Stella Kennedy

Im Winter ist es die Kälte, im Sommer die Hitze und Sonnenstrahlung, die wohnungslose Menschen gefährdet. Der Grund: Sie sind den ganzen Tag der Hitze ausgeliefert. Kreislaufversagen, Hitzeerschöpfung, Austrocknung - heiße Sommertage können für wohnungslose Menschen lebensbedrohlich sein. Darum, sagt Landespastor und Diakonie-Vorstand Heiko Naß, seien wir jetzt alle in der Pflicht: "Jeder, der beobachtet, dass ein Mensch ohne Wohnung gefährdet ist, kann mit einer Flasche Wasser helfen oder die 112 anrufen und Hilfe organisieren!"

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Kein Rückzugsort in der Hitze

Der Begriff "Wohnungslose" gilt für Menschen, die kein festes Zuhause haben. Für diese Menschen, die in existentieller Armut leben, sind es besonders im Sommer die kleinen Dinge, an denen der Mangel besonders spürbar wird: die Möglichkeit, jederzeit an frisches Wasser zu kommen, ein Ort zum durchatmen, Schatten, Ruhe.

Diakonie-Vorstand Heiko Naß betont darum, dass die Hilfe momentan ganz elementar sei: "In den Tagesstätten sind die Schutzräume geöffnet, so dass sich Wohnungslose zurückziehen können, Wasser trinken und sich dort duschen." Doch auch öffentliche Einrichtungen seien aufgefordert, jetzt wohnungslose Menschen besonders im Blick zu behalten und mit kühlenden Räumen und Wasser zu unterstützen.

Eine Wasserflasche hinstellen reicht manchmal schon

Darüber hinaus könnte aber auch jeder von uns etwas tun, so Naß. Es reiche schon, einem Menschen ohne Obdach eine Wasserflasche hinzustellen. Und sollte man beobachten, dass jemand nicht mehr ansprechbar ist, sei es ganz wichtig, den Notruf zu starten. Trotz möglicher Berührungsängste solle man die Person "erstmal freundlich ansprechen, höflich nachfragen, ob jemand Hilfe braucht. Wenn er nicht reagiert, dann den Rettungsdienst anrufen - 112. Oder aber die Nummern unserer Einrichtungen vor Ort. Damit unsere Mitarbeitenden kommen und sich um den Menschen kümmern können", erklärt Naß.

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In Kiel ein breites Netz an Ehrenamtlichen

Sollte die Hitzewelle noch länger anhalten, werde sich auch die Stadt Kiel einsetzen, damit wohnungslose Menschen Unterstützung erhalten, erklärt die Pressesprecherin der Stadt Kiel, Kerstin Graupner - beispielsweise mit einem Bus, der Wasser verteilt. Bis dahin vertraue man allerdings auf das "breite Netz von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die regelmäßig in der Stadt unterwegs" seien. Erst kürzlich habe man sich mit vier in Kiel aktiven ehrenamtlichen Organisationen an einen runden Tisch gesetzt, sagt Graupner. Dort habe man sich darauf geeinigt, dass die Stadt Kiel dieses bestehende System für wohnungslose Menschen und ihre Tiere weiter unterstütze.

Hitzehilfe für Obdachlose

"Wir haben hier in Kiel ein gutes, funktionierendes System, was wir als Stadt lieber unterstützen, als selbst noch eines drauf zu setzen", so die Pressesprecherin auf die Frage, ob die Stadt selbst eine Hitzeschutzaktion für Wohnungslose plane. In Hildesheim in Niedersachsen beispielsweise hatte die Stadt erst kürzlich eine Sommerhilfe für obdachlose Menschen eingeführt und "Sonnen-Rucksäcke" ausgegeben. Diese waren gefüllt mit Wasser, einer auffüllbaren Trinkflasche, Sonnencreme, Medikamenten und einem Ratgeber. Darin werden öffentliche Wasserhähne für Trinkwasser aufgelistet und kühle Flächen und Räume empfohlen, in denen sich Menschen in der Mittagshitze kostenlos aufhalten können. Zusätzlich verteilen Streetworker die Rucksäcke auf der Straße.

Zahl der Wohnungslose in Schleswig-Holstein gestiegen

Laut Diakonie ist in den vergangenen Jahren die Zahl der von Wohnungslosigkeit betroffenen oder bedrohten Menschen in Schleswig-Holstein stetig gestiegen. Die Diakonie geht davon aus, dass landesweit mehrere Hundert Betroffene komplett auf der Straße leben, also nicht in Notunterkünften untergebracht sind. 2023 nahmen 9.410 Menschen die Angebote der diakonischen Wohnungslosenhilfe in Anspruch. Die Diakonie hat in Schleswig-Holstein insgesamt 35 Anlaufstellen für wohnungslose Menschen - darunter Beratungsstellen, Tagestreffs und stationäre Hilfen. Aber helfen kann jeder, sei es mit ehrenamtlichen Engagement oder dem freundlichen Ansprechen und einer Wasserflasche.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 05.08.2024 | 09:00 Uhr

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