Gewinner zufrieden, Verlierer suchen Erklärungen
Die diesjährige Kommunalwahl galt als Stimmungstest für die Jamaika-Koalition, die seit Juni 2017 Schleswig-Holstein regiert. Sie sollte zeigen, wie die Koalition von CDU, FDP und Grünen in der Bevölkerung ankommt. Die Christdemokraten erhielten einen kleinen Dämpfer. Die Partei von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erhielt 35,1 Prozent der Stimmen - 3,8 Prozentpunkte weniger als bei der Kommunalwahl 2013. "Es ist trotzdem ein ausgesprochen gutes Ergebnis, das die CDU geholt hat", sagte Günther dem Schleswig-Holstein Magazin. Der Ministerpräsident zeigte sich damit zufrieden, dass man den Vorsprung vor der SPD ausbauen konnte.
Stegner: "Müssen an unserer kommunalpolitischen Basis arbeiten"
Die SPD musste bei der Wahl starke Verluste einstecken. Die Partei holte 23,3 Prozent der Stimmen - 6,5 Prozentpunkte weniger als 2013: "Es ist natürlich ein schlechtes Ergebnis", sagte Landesparteichef Ralf Stegner dem NDR Schleswig-Holstein, "mir tut es leid für die ehrenamtlichen Politiker, die teilweise unter dem schlechten Bundestrend gelitten haben. Da kam der Wind stramm von vorne", so Stegner. Nun müsse die Partei an ihrer kommunalpolitischen Basis arbeiten. Auf die Frage, ob sein Posten als Parteivorsitzender nach der Kommunalwahl gefährdet sei, antwortete Stegner: "Ich bin jetzt elf Jahre Landesvorsitzender, da gibt es immer Diskussionen, ich kenne das. Und alles andere wird sich finden." Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange sieht nach dem schwachen Abschneiden ihrer Partei Gesprächsbedarf: "Man ist ja selber immer nur so stark wie man sich aufstellt."
In einem Punkt waren sich die Politiker der großen Parteien einig: Dadurch, dass bei der Kommunalwahl mehr Wählergemeinschaften und mit der AfD eine neue Partei angetreten waren, hatten es die großen Parteien schwerer.
Grüne wollen nicht mehr Juniorpartner sein
Die großen Gewinner der Wahl sind die Grünen. Sie wurden drittstärkste Kraft. 16,5 Prozent der Wähler machten ihr Kreuz bei der Partei - 2,8 Prozentpunkte mehr als 2013. In Flensburg ist es der Partei sogar gelungen, ihren ehemaligen Seniorpartner - die SPD - zu überrunden. Grün holte hier 18,8 Prozent der Stimmen, 0,6 Prozentpunkte mehr als die Sozialdemokraten. "Es fühlt sich für uns an wie erwachsen werden. Wir werden sehen, was wir in den Parlamenten dann daraus machen können. Wir werden uns in Parlamenten mit solchen Verteilungen nicht wie der Juniorpartner behandeln lassen", sagte Ann-Kathrin Tranziska, die Landesvorsitzende der Partei, im NDR Fernsehen.
FDP musste viel erklären
Die FDP konnte 6,7 Prozent der Stimmen auf sich vereinen - 1,7 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl vor fünf Jahren. Trotzdem hatte sich die Partei rund um den Vorsitzenden Heiner Garg mehr vorgenommen. Eine mögliche Ursache für das ausbaufähige Ergebnis seiner Partei sieht Garg im Scheitern der Jamaika-Koalition auf Bundesebene. Man habe an den Wahlständen im Land viel erklären müssen, sagte er im NDR Fernsehen. Viele Leute hätten nicht verstanden, warum Jamaika auf Landes- aber nicht auf Bundesebene funktioniert. "Es ist ein durchschnittliches Ergebnis, allerdings mit großen regionalen Unterschieden." In Dithmarschen hat die Partei 9,1 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können. "Wir werden uns genau diese Unterschiede angucken, woran das liegt", so Garg weiter.
Schleswig-Holstein schweres Pflaster für AfD
Die AfD holte 5,5 Prozent der Stimmen. Die Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein sagte zu dem Ergebnis im NDR Fernsehen: "Wir hatten bei dieser Wahl viel Konkurrenz. Es sind viele andere Kräfte angetreten. Außerdem sind wir eine sehr kleine Partei. Wir haben etwas über 1.000 Mitglieder, da ist es schon schwer, die Kreise zu besetzen", versuchte die Politikerin, das Ergebnis zu erklären. Der Partei war es nicht gelungen, in allen Kreisen Kandidaten aufzustellen. Zudem sei die Partei beim Wahlkampf behindert worden: "Es sind Plakate abgehängt worden, teilweise sogar von Bürgermeistern. Es sind Wahlstände belästigt worden. Es hat Farbbeutel-Attacken auf Kandidaten gegeben", sagte sie im NDR Fernsehen.
Linke zufrieden, SSW trotz Verlusten optimistisch
Die Linken zeigten sich mit ihrem Ergebnis zufrieden. 3,9 Prozent der Wähler, 1,4 Prozentpunkte mehr als 2013, entschieden sich für die Partei um die Vorsitzende Marianne Kolter. "Ich glaube, dass wir Themen gefunden haben, die Menschen angesprochen haben - ÖPNV, Wohnraum und keine Armut mehr in Schleswig-Holstein", sagte die Politikerin im NDR Fernsehen.
Die Partei der deutsch-dänischen Minderheit, der SSW, musste bei der Wahl Verluste hinnehmen. Rüdiger Schulze, der zweite SSW-Landesvorsitzende, war trotzdem optimistisch. "Das Ergebnis des SSW ist nicht so, wie wir uns es uns erhofft hatten. Es gibt allerdings ein Trostpflaster: Trotz unserer Verluste können wir fast alle unsere Mandate in Städten und Kreisen halten. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Politik weiter betreiben zu können."
Wahlbeteiligung: "Botschaft nicht angekommen"
Ministerpräsident Günther nannte es bedauerlich, dass die Wahlbeteiligung unter 50 Prozent lag. Man müsse weiterhin daran arbeiten, in Zukunft eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen. "Wir haben überall im Land dafür geworben, zu dieser Wahl zu gehen. Wir haben versucht, die Bedeutung klarzumachen, dass es wichtig ist, über sein eigenes Lebensumfeld mitzuentscheiden. Offenkundig ist die Botschaft bei der Hälfte der Bevölkerung nicht angekommen", sagte Günther NDR 1 Welle Nord.
"Unsere tüchtigen Ehrenamtler vor Ort hätten verdient, dass mehr Menschen wählen gehen", sagte Ralf Stegner. "Demokratie wird vor Ort entschieden. Man muss wählen gehen. Es ist nicht nur ein Wahlrecht, sondern ich finde, es auch eine demokratische Pflicht, wählen zu gehen."