Für mehr Artenvielfalt: Golfplätze in SH sollen aufblühen
Mit einem bundesweiten Forschungsprojekt wollen vier Hochschulen zusammen mit dem Deutschen Golf Verband die Insekten- und Pflanzenvielfalt auf Golfanlagen erhöhen. Beteiligt ist auch die Uni Kiel.
Die Szene wirkt fast meditativ: Im Zeitlupentempo schreiten Pia Tappe und ihre Praktikantin Hanna Greßmann mit einem Kescher und einem abrollbaren Maßband durch das hochgewachsene Gras. Sie wollen untersuchen, wie es aktuell um die Biodiversität auf dem Golfplatz in Kitzeberg bei Kiel bestellt ist. "Wir halten gerade Ausschau nach Schmetterlingen und Wildbienen", sagt Tappe, Doktorandin am Institut für Natur- und Ressourcenschutz der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel. Heute bleibt der Kescher leer, keine Insekten zu sehen. "Das passiert nicht selten, unter anderem, weil der Sommer schon weit vorangeschritten ist und die Insektendichte abnimmt", erklärt sie.
Das Ziel: Mehr Pflanzen und Insekten
Die Nachwuchswissenschaftlerin ist momentan für vier Golfplätze im Norden verantwortlich. Alle Anlagen sind Teil eines bundesweiten Forschungsvorhabens. Mit dem Projekt "GolfBioDivers" möchte der Deutsche Golf Verband gemeinsam mit vier deutschen Universitäten herausfinden, wie man mit ökologischen Aufwertungsmaßnahmen mehr Pflanzen- und Insektenvielfalt auf die Golfplätze bringen kann.
Die CAU Kiel betreut neben dem Golfplatz Kitzeberg zwei weitere Anlagen im Hamburger Randgebiet sowie einen auf Sylt. Bundesweit sollen insgesamt 64 Plätze untersucht werden. Mit etwa 2,5 Millionen Euro fördern das Bundesamt für Naturschutz und das Bundesumweltministerium im Programm Biologische Vielfalt das auf sechs Jahre angelegte Vorhaben. Wissenschaftlich federführend ist die Technische Universität München.
Flächen- und Wasserverbrauch: Golfplätze haben schlechtes Image
Golfplätzen eilt ökologisch gesehen ein schlechter Ruf voraus. Kritikpunkte sind etwa der hohe Flächenverbrauch, die akkurat gemähten Rasenflächen ohne Futter für Insekten sowie der hohe Wasserverbrauch, um den Rasen grün zu halten. Für Simone Spindler, Managerin des Golf-Clubs Kitzeberg, war das einer der Gründe, sich für das Forschungsprojekt zu bewerben. Sie möchte dem miesen Image ihrer Zunft etwas entgegensetzen und ist überzeugt, dass Sport und Umweltschutz zusammengehen können. "Wir haben ganz viele Flächen, die gar nicht bespielt und somit nicht intensiv gepflegt werden. Die bieten vielfältigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen", sagt sie.
Zwei Drittel der Golfflächen werden nicht fürs Spiel genutzt
Und genau darin, meinen Pia Tappe und ihre Mitstreiter, könnte das Potenzial liegen. Der Golfverband Schleswig-Holstein hat ausgerechnet, dass von mehr als 4.200 Hektar Gesamtfläche der Golfanlagen zwischen Nord- und Ostsee zwei Drittel - also etwa 2.800 Hektar - gar nicht bespielt werden. Eine Größenordnung, die sich in etwa bundesweit übertragen lässt. "Wenn man auf den ungenutzten Flächen mehr Saaten einbringt, die ein hohes Blütenangebot haben, könnte die Insekten- und Pflanzenvielfalt erhöht werden", sagt Pia Tappe.
Das wissenschaftliche Verfahren ist auf allen teilnehmenden Golfplätzen gleich. Eine Hälfte der Anlage belassen die Forscher, wie sie ist. Die andere Hälfte wird zum Beispiel durch Blühstreifen und Mähwiesen aufgewertet. "So haben wir den genauen Vergleich auch mit den anderen Standorten", erklärt die Ökologin.
Positive Reaktion von Golfspielenden und Naturschutzverbänden
Der Golfbetrieb geht auch während der Forschungsarbeiten weiter. Vorsicht vor fliegenden Bällen und Rücksichtnahme sei da angesagt. "Die Resonanz der Spieler ist aber meistens positiv", erzählt Doktorandin Tappe. "Die meisten sind sehr interessiert. Und viele fragen sich ja auch selbst, welche Rolle Golfplätze in Sachen ökologische Vielfalt und Flächenverbrauch spielen." Naturschutzverbände wie der BUND begrüßen das Engagement der Golfclubs, mehr für die Artenvielfalt auf den Plätzen zu tun. "Wichtig aber", so Ole Eggers, Landesgeschäftsführer vom BUND Schleswig-Holstein, "ist die fachliche Begleitung bei der Umsetzung auf den Plätzen. Ein Gärtner hat eben nicht das Wissen eines Ökologen." Pia Tappe und ihr Team werden auf den Golfplätzen im Norden in den nächsten Wochen die ersten Saaten für Blühstreifen und Mähwiesen ausbringen. Bis sie erste Ergebnisse haben, wird es zwei Jahre dauern.