Freie Dorfschule Lübeck: Ein Gerichtsentscheid und eine vertrauliche Sitzung
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hat im Ausschuss über den Fall berichtet - in einer vertraulichen Sitzung. Zuvor hatte das Landesverwaltungsgericht entschieden, dass die Schließung rechtens ist. Die Schule will dagegen Beschwerde einlegen.
Der Streit geht schon los, bevor der Tagesordnungspunkt überhaupt aufgerufen ist. "Das geht nicht", sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt an die CDU gerichtet. Die hat zu Beginn der Sitzung des Bildungsausschusses nämlich beantragt, den Bericht der Bildungsministerin vertraulich zu behandeln - unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Es geht um die vorläufige Schließung einer Privatschule. Bei unangekündigten Überprüfungen der Freien Dorfschule Lübeck war ein Großteil der Schüler nicht vor Ort gewesen. Das Bildungsminsterium entzog der Schule ihre "Ersatzschulgenehmigung" und ließ den Schulbetrieb einstellen.
Vogt verweist darauf, dass Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sich in Medien ausführlich zum Fall geäußert hat, und zwar "offen und deutlich". Das soll sie aus seiner Sicht auch öffentlich im Parlament tun. Neben der Bildungsministerin wird auch die Direktorin der Freien Dorfschule Lübeck, Andrea Buchholz, im Ausschuss erwartet.
Eine Gerichtsentscheidung passend zur Tagesordnung
Letztere betritt wenige Minuten später den Saal. Doch zunächst sind im Ausschuss die Experten gefragt, die geduldig auf ihren Einsatz warten - Juristen, Kommunalvertreter, Ärzte. Es geht um eine "in Teilen ähnliche Thematik", wie es der Ausschussvorsitzende Martin Habersaat (SPD) beschreibt: Schulabsentismus.
Die Experten berichten über rechtliche Rahmenbedingungen, über Zuständigkeiten und Prävention. Es muss früh eingegriffen werden, so der Tenor.
Zeitgleich meldet sich per Pressemitteilung das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht: Die Schließung der Freien Dorfschule Lübeck durch das Land sei rechtmäßig gewesen, hat das Gericht entschieden. "Die Kammer geht davon aus, dass die mit der im Grundgesetz verankerten Schulpflicht verfolgten Erziehungsziele nicht erreicht werden können."
Angst erzeugt Fehltage
In der Expertenanhörung geht es inzwischen um Gründe für Absentismus - und darum, wie man ihn vermeiden kann. Klar wird dabei: Wenn Kinder nicht in die Schule kommen, kann das viele Gründe haben. Manchmal liegt es daran, dass Eltern psychische Probleme haben oder die Schulpflicht ablehnen. Häufig haben die Kinder aber auch Angst vor der Schule.
Das Umfeld dort spielt eine wichtige Rolle, betonen sowohl Wissenschaftler, Kinderschutzbund und Elternvertreter. "Es muss weniger Gründe geben, zu Hause zu bleiben", sagt Claudia Pick vom Landeselternbeirat der Gymnasien.
Nach dreieinhalb Stunden ist das Fachgespräch mit den Experten beendet und Bildungsministerin Karin Prien ist mit ihrem Bericht zur Freien Dorfschule Lübeck dran. Der größte Teil findet in vertraulicher Sitzung statt - Prien begründet diesen Wunsch damit, dass in der Sache ein Verwaltungsverfahren läuft - und rund zehn juristische Verfahren.
Schule kündigt Beschwerde an
Bevor sich die Türen für rund eine Stunde schließen, kündigt die Ministerin noch an, dass das Ministerium in der kommenden Woche überprüfen wird, ob die Schule wirklich den Betrieb eingestellt hat. Sonst drohten "entsprechende Zwangsmaßnahmen", so Prien. Ein Zwangsgeld etwa könnte das sein. Die Schülerinnen und Schüler sollen schnellstmöglich an eine andere Schule kommen.
Vor den geschlossenen Ausschusstüren führen derweil Elternbeiräte, Experten und Vertreter der Lübecker Dorfschule die Diskussion über Absentismus engagiert fort. Als die Türen sich wieder öffnen, gibt Schulleiterin Andrea Buchholz im Ausschuss ein kurzes Statement ab. Sie wundere sich, dass das Land nicht erst Auflagen verhängt, sondern gleich Zuschüsse gekürzt habe, so ihr Vorwurf.
FDP nach der Sitzung zufrieden
Auch die Schulleiterin hat inzwischen vom heutigen Gerichtsurteil gehört - und kündigt Berufung an. Fragen von den Abgeordneten gibt es keine. "Meine Fragen waren durch den Bericht des Ministeriums im nicht-öffentlichen Teil beantwortet", sagt FDP-Fraktionschef Vogt im Anschluss.
Was im vertraulichen Teil der Sitzung besprochen wurde, ist geheim. Zumindest die anfängliche Gereiztheit ist aber verflogen. Vogt - seine Fraktion hatte das Thema auf die Tagesordnung setzen lassen - spricht im Nachgang nur von einer sehr "aufschlussreichen" Sitzung, und: "Ich kann das Vorgehen des Ministeriums jetzt gut nachvollziehen."