Fischotter: Teichwirte in SH fordern Ausgleichszahlungen
Der Fischotter ist inzwischen flächendeckend in ganz Schleswig-Holstein nachgewiesen. Doch das Raubtier muss auch fressen - und dafür hat er die Fischzuchten im Land entdeckt.
Eigentlich ist die Wiederansiedlung des Fischotters eine echte Erfolgsgeschichte - auch Thilo Kortmann spürt das. Der Fischzüchter in Hohenwestedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat sich auf Störe spezialisiert. Beim Gang über seine Anlage bleibt er plötzlich stehen, kniet sich hin. "Hier sehen wir diverse Schuppen und abgefressene Kiemendeckel." Seit mehr als einem Jahr findet Kortmann jeden Tag solche Spuren auf seinem 18 Hektar großen Areal. Auch der Tier-Kot daneben ist mit Schuppen durchzogen. "Das weist immer darauf hin, dass es eben kein anderes Tier ist wie etwa ein Marderhund oder ähnliches. Nur der Otter jagt die Fische", sagt Kortmann. Außerdem seien die Kot-Portionen klein, da der Fischotter nur geringe Mengen fresse, dafür aber "fünf, sechs Mahlzeiten pro Tag".
Beweisfotos von Wildkameras
Vor mehr als einem Jahr merkte der Teichwirt, dass er Verluste hatte, die er sich nicht erklären konnte. Je nach Größe der Fische fehlten zehn bis 25 Prozent aus seinen Teichen. Auch ausgewachsene Fische seien verschwunden, "die eigentlich durch Prädatoren nicht mehr gefressen werden konnten. Wir hatten auch keine Totfunde." Daher ließ er ein Monitoring durchführen, der Otter-Beauftragte des Landes hatte Wildkameras über einen längeren Zeitraum aufgestellt. "Dann war der Beweis eigentlich ganz, ganz schnell erbracht. Wir hatten an mehreren Stellen verschiedene Otter", sagt Kortmann.
Durch die Aufnahmen ist sich Kortmann sicher: Auf seiner Anlage jagen drei Tiere, sie fressen auch Störe, die knapp zehn Kilogramm wiegen. Die Reste holen sich unter anderem Füchse und Kormorane. Im vergangenen Jahr sei so ein Schaden für ihn in Höhe von etwa 15.000 Euro entstanden.
Otter wieder flächendeckend nachgewiesen
In den 1980er- und 90er-Jahren galt der Otter in Schleswig-Holstein als so gut wie ausgestorben, er steht daher unter Naturschutz. 15 Jahre lang wurde laut Landesamt für Umwelt kein Exemplar gesichtet. Inzwischen wurde er durch Fußspuren und Kot wieder flächendeckend nachgewiesen. Die Experten vom Landesamt vermuten, dass er aus Dänemark und Mecklenburg eingewandert ist. Außerdem nahm das Land Geld für die Wiederansiedlung in die Hand. Unter vielen Brücken wurden zum Beispiel Laufstege oder Pfade angelegt, sogenannte Otterbermen, damit sie nicht über die Straße laufen müssen.
Da die Tiere sehr scheu sind, ist unbekannt, wie viele inzwischen wieder im Land sind. Das Landesamt schätzt, dass es eine hohe dreistellige Zahl ist.
Verluste von 50 bis 60 Prozent beim Karpfen
Kortmann engagiert sich auch im Verband der Binnenfischer und Teichwirte, daher weiß er, dass andere Betriebe noch viel schlimmer dran sind. Denn gerade Karpfen seien für die Otter leichtere Beute als seine Störe: "Die Betriebe arbeiten mit Verlusten, die zwischen 50 und 60 Prozent liegen." Da mache es eigentlich keinen Sinn mehr, weiter über Fischproduktion nachzudenken, sagt Kortmann. Vor wenigen Wochen habe ein Betrieb in der näheren Umgebung daher ganz aufgegeben.
Dabei ist die Nachfrage nach regionalem Fisch eigentlich groß, Restaurants und Verbraucher legen immer mehr Wert auf die Herkunft, sagt Kortmann. Er könnte mehr verkaufen, als er produziert.
Land arbeitet an Förderrichtlinie
Mit den Ausfällen anderer Räuber kamen die Teichwirte wirtschaftlich zurecht, doch die zusätzlichen Verluste durch den Otter seien zu viel, sagte Sabine Schwarten, Vorsitzende des Verbandes der Binnenfischer und Teichwirte, NDR Schleswig-Holstein. Das Fischereiministerium in Kiel weiß um die Otter-Schäden, es bietet den Betrieben kostenlose Elektrozäune zum Schutz an. Kortmann bezweifelt aber deren Nutzen, da diese permanent von Graswuchs befreit werden müssten. Das Personal dafür könne er sich nicht leisten. Aber auch am finanziellen Ausgleich werde gearbeitet, sagt Staatssekretärin Anne Benett-Sturies: "Wir als Fischereiministerium sind jetzt aktuell kurz davor, eine Förderrichtlinie auf den Weg zu bringen, die erstmals auch die Teichwirtschaft mit entschädigt."
Teichwirte wollen Koexistenz und Ausgleichszahlungen
Spätestens im Sommer sollen die Entschädigungen fließen. Wie hoch sie sein werden, steht laut Ministerium noch nicht fest. Ob das Geld reicht? Kortmann hat da so seine Zweifel. An den Kragen wollen die Teichwirte den Ottern aber nicht. "Wir haben immer ganz klar signalisiert: Wir wollen eine Koexistenz. Wir brauchen eine Planungssicherheit. Das geht nur über Ausgleichszahlungen, was die Schäden angeht", sagt Kortmann. Er spreche nicht von Almosen, sondern einfach von einer Schadensregulierung. Die würde schon helfen.
Hoffnung auf bessere Rahmenbedingungen
Unter den momentanen Rahmenbedingungen würde er seinen Töchter nicht empfehlen, die Fischzucht weiterzuführen. Der Teichwirt hofft aber, dass sich das durch das Geld vom Land ändern wird und die Voraussetzungen wieder stimmen werden. Denn es gibt inzwischen nur noch weniger als zehn Betriebe in Schleswig-Holstein.