FSG-Nobiskrug: Mitarbeiter protestieren wegen verspäteter Löhne

Stand: 31.01.2024 14:35 Uhr

Trotz vorhandener Aufträge können die Werften in Flensburg und Rendsburg befristet Beschäftigte nicht neu einstellen. Rund 270 Mitarbeiter haben Mittwochmittag auch wegen der verzögerten Lohnzahlung protestiert.

von Peer-Axel Kroeske

"Alle, die kein Geld bekommen haben, sollen jetzt mal die Pfeiffe in die Hand nehmen", fordert Michael Schmidt von der IG Metall die Versammelten vor dem Flensburger Werkstor auf. Was folgt, ist nicht zu überhören. Insgesamt haben sich rund 270 Menschen, die bei der FSG-Nobiskrug GmbH beschäftigt sind, am Mittwochmittag in Flensburg und Rendsburg zu Kundgebungen versammelt.

Gehälter kommen oft verspätet

In den Kassen der FSG-Nobiskrug GmbH fehlen offenbar die Einnahmen, die Ausgaben laufen weiter und die finanziellen Spielräume tendieren gegen Null. Wieder entsteht der Eindruck, dass Investor und Geschäftsführer Lars Windhorst das nötige Geld für den laufenden Betrieb erst im letzten Moment nach Flensburg schickt. In vielen Monaten kamen die Gehälter für die rund 600 Beschäftigten nach Angaben der IG Metall schon ein paar Tage verspätet. Einzelne Kollegen müssen nun sogar offenbar die Werften verlassen.

Offene Sozialversicherungsbeiträge

Es geht um Zeitverträge, die auslaufen. Das Unternehmen könne aufgrund der "gesamtwirtschaftlichen Lage" keine Arbeitsverträge verlängern und auch keine neuen Mitarbeiter einstellen, teilt ein Unternehmenssprecher auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit.

Aus der Belegschaft heißt es, die Personalabteilung riskiere, persönlich zu haften, falls Sozialabgaben für neue Beschäftigte nicht gezahlt werden. Der Unternehmenssprecher schreibt dazu, an der "Regulierung der offenen Sozialversicherungsbeiträge" werde mit Hochdruck gearbeitet.

FSG-Betriebsrat Jan Brandt bemängelte zudem, dass es seit neun Monaten niemand vor Ort Entscheidungen fällen dürfe. Alles müsse von der Tennor Holding von Investor Lars Windhorst abgesegnet werden, der noch immer formell als Geschäftsführer eingetragen ist. "Das funktioniert nicht", stellte Brandt fest.

Betriebsrat: "Geht die Searoad-Fähre weiter? Wir wissen es nicht!"

Dabei gibt es in Flensburg genug zu tun. Der Bau einer Fähre für die australische Reederei Searoad Ferries liegt in Flensburg deutlich hinter dem Zeitplan. "Geht die Searoad-Fähre weiter? Wir wissen es nicht! Es wird kein Material bestellt, beziehungsweise der Spediteur nicht bezahlt. Es passiert einfach nichts", beklagte der Betriebsratsvorsitzende Jan Brandt bei der Kundgebung. Auch mit Zulieferern werde nicht fair umgegangen. "Da werden Firmen nicht bezahlt oder mit Kleinstbeträgen hingehalten", so Brandt. Die Folge sei, dass die Zulieferer ihre Dienste für die FSG - wenn überhaupt - nur zu hohen Preisen anbieten.

Ohne Zuverlässigkeit keine staatlichen Bürgschaften

Nach Informationen des NDR hat die FSG auch Aufgaben beim Bau von Marinetankern übernommen. Der Auftrag selbst ging an die Lürssen-Gruppe und die Meyer-Werft. Zudem soll die FSG zwei Bunkerschiffe für Flüssigerdgas bauen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte dafür Ende 2022 einen Zuwendungsbescheid an das Unternehmenskonsortium Nordic-Titan überreicht. Doch der Startschuss lässt auf sich warten, zumal die FSG nach eigenen Angaben Bürgschaften benötigt. So lange Lars Windhorst keine Zuverlässigkeit beweist, werde das Wirtschaftsministerium keine Absicherung geben, mahnte Gewerkschafter Schmidt.

In Rendsburg hat sich die Nobiskrug-Werft auf den Bau von Luxusyachten spezialisiert. Hier wird gerade um neue Aufträge gerungen.

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Verkauf der Werften durch niederländischen Gerichtsvollzieher?

Für Irritationen sorgt ein Gerichtsentscheid in Amsterdam. Darin wird die niederländische Tennor Holding B.V. von Investor Lars Windhorst zu einer Millionenzahlung an einen Geschäftspartner verurteilt. Ein Gerichtsvollzieher soll das Geld eintreiben, möglicherweise auch durch einen Verkauf der Werften. Die FSG-Nobiskrug Holding GmbH firmiert bisher unter diesem Dach. Der Unternehmenssprecher teilt auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein aber mit, die Gerichtsentscheidung "steht in keinem Zusammenhang mit FSG-Nobiskrug und hat auch keinen Einfluss darauf." Keine Antwort gibt es auf die Frage, ob sich die Struktur nun geändert habe.

Laufender Betrieb gefährdet?

Auch beim laufenden Betrieb wird die Geldknappkeit nun offenbar zur Last. Zur Frage, ob es zu Verzögerungen kommt, weil Wartungsarbeiten an der Schweißanlage nicht bezahlt werden können, will sich das Unternehmen nicht äußern. Von den Mitarbeitern heißt es, für die Arbeiten fehle Gas. Die ersten beiden Produktionslinien stünden zudem still. Zumindest versichert der FSG-Sprecher, der Lohn werde auch diesmal noch gezahlt.

Appell: Windhorst soll Unternehmsanteile abgeben

"Herr Windhorst, machen Sie den Weg frei für neue Investoren!" - so lautete der Schlussappell von Betriebsrat und Gewerkschaft. Laut IG Metall gibt es Interessenten für einen Kauf. Die Werften hätten Zukunft, nur müssten sich die Rahmenbedingungen schnell ändern.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 31.01.2024 | 12:00 Uhr

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