Erneuerbare Energien: Der Energie-Pionier aus dem Kreis Segeberg
Ingenieur, Unternehmer, Visionär: Hans-Günther Lüth gründete vor 25 Jahren einen der ersten Bürgerwindparks. Unterwegs mit einem Mann, für den erneuerbare Energien noch heute ein Lebensthema sind.
Er schaut auf das Rapsfeld, das bald keins mehr sein soll. Die Sonne bricht durch die Wolkendecke und scheint ihm ins Gesicht. Sonnige Aussichten für Hans-Günther Lüth. "Natürlich hat man das Ziel vor Augen", sagt er.
Das Ziel, das ist eine der größten Wasserstofffabriken in Schleswig-Holstein. Auf dieser Fläche in Großenaspe (Kreis Segeberg) will er sie bauen lassen. 800 Tonnen Wasserstoff pro Jahr soll sie einmal produzieren, mehr als alle Wasserstoffanlagen in Schleswig-Holstein zurzeit zusammen. Geschätzte Kosten: mehr als 20 Millionen Euro. Die Machbarkeitsstudie ist schon fertig.
Lüth: "Natürlich ist das ein Haufen Arbeit"
In vier Jahren könnte die Anlage in Betrieb gehen, schätzt Lüth. Bis dahin ist noch viel zu tun. Er muss Gutachter beauftragen, Finanzierungspläne schreiben, Genehmigungen einholen, Fördermittel beantragen. "Natürlich ist das ein Haufen Arbeit, der da auf uns zukommt und bewältigt werden muss", sagt er.
Den Wasserstoff aus der Fabrik will er vor allem an Tankstellen liefern. "Der Anteil der Wasserstoff-Fahrzeuge auf unseren Straßen wird zunehmen, vor allem bei den Lastwagen", prognostiziert Lüth. "Wir brauchen Wasserstoff, um die Lkw-Flotten von morgen klimaneutral zu betreiben." Er wittert hier eine Chance. Das nächste große Geschäft.
Miniatur-Windräder im Arbeitszimmer
Hans-Günther Lüth, 61 Jahre alt, Unternehmer und Ingenieur aus Wiemersdorf (Kreis Segeberg), hat sich seit Jahren voll der Energiewende verschrieben. Er hat sich selbstständig gemacht und berät mit seiner Firma unter anderem Unternehmen und Privatleute bei der Umsetzung ihrer Wind- und Solarprojekte.
In seinem geräumigen Arbeitszimmer stehen kleine Modelle von Windrädern, auf den Elektroautos seiner Firmenflotte prangt der Spruch "Ich fahre mit Sonne und Wind". Mittlerweile beschäftigt er sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Geschäft, so wirkt es, läuft gut.
"Wir leben in einer unheimlich spannenden Zeit"
Dabei gehe es ihm nicht nur ums Geldverdienen, sagt er, sondern vor allem darum, die Energiewende voranzutreiben. "Wir leben in einer unheimlich spannenden Zeit", meint Lüth. "Für mich ist das eines der wichtigsten Projekte, die wir als Gesellschaft stemmen müssen."
Wer ist dieser Mann, der die Erneuerbaren zu seinem Lebensthema gemacht hat? Einer, der ihn seit Jahren kennt, ist der Bürgermeister von Großenaspe, Torsten Klinger (CDU). Er sagt über Lüth: "Er sprudelt voller Ideen und Gedanken, die in die richtige Richtung gehen."
Anstrengende Diskussionsrunden zum Bürgerwindpark
Tatsächlich brannte Lüth schon für grüne Energien, als Windräder und Solaranlagen noch keine große Rolle bei der Stromerzeugung spielten. Vor 25 Jahren gründete er in seiner Heimatgemeinde einen der ersten Bürgerwindparks im Land mit - also eine Windkraftanlage, an der sich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort finanziell beteiligen können.
Zwölf Landwirte machen damals mit und investieren Geld in sechs Windräder. "Das waren sehr lange und anstrengende Diskussionsrunden", erinnert sich Lüth. "Es gab noch keine Windkraftanlagen, keine Referenz. Alle, die damit ins Risiko gegangen sind, wussten nicht, was auf sie zukommt."
Ein Schlüsselerlebnis: Die Atomkatastrophe von Tschernobyl
Das Risiko zahlt sich aus: Heute drehen sich in Wiemersdorf und Umgebung insgesamt 22 Windräder und produzieren Strom für rund 30.000 Haushalte. Mehr als 100 private Anleger beteiligen sich. "Für mich hat dieses Projekt eine Symbolkraft", sagt Lüth. "Dass wir die Energiewende schaffen."
Ein Schlüsselerlebnis, das ihn zum Nachdenken brachte, war das Atomunglück in Tschernobyl, erzählt er. Als junger Mann verfolgt er gebannt die Nachrichten von der Katastrophe, ist entsetzt über die Auswirkungen auf Mensch und Natur. Er sagt: "Das hat mich geprägt."
Klimawandel in den Griff bekommen
Dazu kommen die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels, die er in seinem eigenen Alltag registriert. "Als Kind sind wir jedes Jahr im Winter Schlittschuhlaufen gewesen. Die Teiche waren ein paar Wochen lang zugefroren." Das sei heute undenkbar. Lüth sagt: "Wenn wir es ernst meinen, dass wir den Klimawandel halbwegs in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir relativ zügig dran arbeiten."
Um noch mehr grünen Strom zu produzieren, sollen einige der alten Windräder aus der Anfangszeit des Bürgerwindparks deshalb bald durch neue, leistungsstärkere Anlagen ersetzt werden. Außerdem will Lüth weitere Projekte vorantreiben, wie zum Beispiel den Bau einer Solaranlage auf einem Acker neben der A7 bei Großenaspe.
Solaranlage neben der A7: Strom für Tausende Haushalte
Zurzeit wächst dort Mais. Ab dem kommenden Jahr aber sollen auf der Fläche 30.000 Solarpanels stehen, mit einer Leistung von insgesamt 17 Megawatt. "Das reicht für mehrere Tausend Haushalte“, erklärt Lüth. Der Landwirt, dem die Fläche gehört, habe dem Vorhaben schon zugestimmt und wolle sich selbst finanziell an der Anlage beteiligen.
Für Lüth, den Energie-Unternehmer aus Wiemersdorf, ist es ein weiteres Zeichen dafür, dass die Energiewende besser funktioniert, wenn man die Bevölkerung mit ins Boot holt: "Ein kleines Rädchen bei diesem Riesenprojekt sein zu dürfen. Das fasziniert mich."