Eichen statt Fichten in der Binnendünen-Landschaft Nordoe
Der Fichtenwald in der Binnendünen-Landschaft Nordoe wird abgeholzt. Hier sollen künftig Eichen und andere Baumarten gepflanzt werden. Sie sind weniger anfällig für Wetterextreme durch den Klimawandel.
Es ist laut in der sonst idyllischen Binnendünen-Landschaft Nordoe bei Itzehoe (Kreis Steinburg). Der mächtige Harvester - auch bekannt als Holzvollernter - kappt eine Fichte nach der anderen in atemberaubender Geschwindigkeit. Doch was auf den ersten Blick nach einem radikalen Umweltfrevel aussieht, ist genau das Gegenteil. Denn hinter den umfangreichen Fällarbeiten steckt ein Konzept der Stiftung Naturschutz. Sie verwandelt diese einzigartige Binnendünen-Landschaft im Süden Itzehoes Stück für Stück in den Wald zurück, der er einmal war: ein typischer Mischwald. Das bedeutet: Für den neuen Wald werden vor allem Eichen, aber auch Weißdorn, Schwarzdorn, Hainbuche und Rotbuche neu gepflanzt.
Eichen trotzen dem Klimawandel und dem Borkenkäfer
Die Fichten haben bislang in dieser Landschaft dominiert. Sie wurden in den 60er-Jahren gepflanzt, weil sie schnell wachsen. Aber ihre Wurzeln stecken nicht sehr tief im sandigen Boden. Das birgt Gefahren im Hinblick auf die zu erwartenden Wetterextreme durch den Klimawandel. Sie werden bei Sturm leichter entwurzelt und kommen mit langen Trockenphasen und sehr hohen Temperaturen nicht klar. Eichen dagegen wachsen langsam, wurzeln sehr viel tiefer und sind robuster. "Dadurch sind sie sehr viel besser für den Klimawandel gerüstet und werden zudem auch nicht von Borkenkäfern zerfressen", sagt Karin Windloff, Maßnahmenmanagerin der Ausgleichsagentur Schleswig- Holstein, einer Tochter der Stiftung Naturschutz. "Die Eichen werden in wenigen Jahren diesen neuen Wald hier dominieren."
Forstwirtschaftlich interessant, aber pflegeintensiv
Die Umwelt und die Artenvielfalt sollen also davon profitieren, aber wie sieht es mit privatwirtschaftlich genutzten Wäldern aus? "Ich habe viele Jahre in Privatwäldern gearbeitet und auch da hat es einige gegeben, für die eben nicht das schnelle Wachstum wichtig war, sondern das langfristige Denken", sagt Diplom-Försterin Svenja Wittek von Silvaconcept, die den Wald der Binnendünen-Landschaft betreut. Das liegt sicher auch daran, dass die Kosten für den Einsatz der Geräte wie dem Harvester, die Personalkosten und die neuen Pflanzen nahezu komplett durch den Verkauf der abgeholzten Fichten finanziert werden können. "Allerdings müssen wir uns auch nach Ende der Maßnahme über Jahre hinweg intensiv um den neuen Wald kümmern", sagt Karin Windloff und ergänzt: "Bis daraus ein richtiger Wald geworden ist, werden so etwa 30 bis 50 Jahre vergehen."
Zunehmende Artenvielfalt schon zu beobachten
33 Hektar Wald sind hier in den vergangenen Jahren bereits in den ursprünglichen Heidewald umgewandelt worden. Und dort sind die Veränderungen bereits zu beobachten. Am Südostrand der Binnendünen-Landschaft macht sich die Artenvielfalt deutlich bemerkbar.
"Da sind durch den neuen Mischwald Insekten zurückgekehrt, die im alten Fichtenwald nicht mehr heimisch waren. Wie zum Beispiel der mittlere Perlmuttfalter oder die Wildbiene. Und wo es mehr Insekten gibt, kommen auch die Vögel zurück. In diesem Fall der Grünspecht, die Misteldrossel, der Kleiber oder der Eichelhäher. Eben weil es mehr Nahrung gibt und Baumhöhlen als Nistplätze. Das bieten die Fichten eben nicht." Karin Windloff, Maßnahmenmanagerin der Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein
"Der Gärtner des Waldes" ist eine große Hilfe
Die Rückkehr verschiedener Vogelarten ist aber auch aus einem anderen Aspekt erfreulich und hat auch einen ganz praktischen Nutzen. Denn zum Beispiel sorgt der Eichelhäher dafür, dass sich die Eiche mit seiner Hilfe weiter ausbreitet. Er wird auch "Gärtner des Waldes" genannt. Denn er liebt Bucheckern und Eicheln. Und als Wintervorrat vergräbt er sie im Waldboden, und zwar immer mehr als er tatsächlich zum Überwintern braucht. "Er kann bis zu zehn Eicheln mit einem Mal transportieren. Das sind pro Jahr und Eichelhäher dann etwa 3.000 Stück." sagt Karin Windloff. Und es bleiben immer welche im Boden vergraben, aus denen dann neue Eichenbäumchen sprießen. Deshalb sollen im neuen Mischwald für den "Gärtner des Waldes" zusätzlich noch offene Nistkästen aufgebaut werden, gefüllt mit getrockneten Eicheln, um ihm seine Arbeit zu erleichtern.