Diako-Protest: "Es scheint sich jeder wegzuducken"
Wie geht es weiter mit dem insolventen Diako-Krankenhaus? In Flensburg sind am Freitag 300 Menschen für den Erhalt der Frauenklinik auf die Straße gegangen. Und es gab Kritik an der Chefetage.
Auf dem Flensburger Südermarkt war am Freitagnachmittag spürbar, wie sehr das Vertrauen in die Verantwortlichen des Diakonissenkrankenhauses bröckelt - und wie wichtig den Menschen das einzige Krankenhaus in der Region mit einer Frauenklinik ist. Die widersprüchlichen Aussagen des Managements zum Fortbestand der Frauenklinik trieben nicht nur die aktuell Beschäftigten auf die Straße - sondern auch ehemalige Ärztinnen und viele Flensburgerinnen und Flensburger. "Es scheint sich jeder wegzuducken", kritsiert Irene von der Ahe, ehemalige ärztliche Leiterin für Mammadiagnostik am Diako-Krankenhaus und Mitglied im Flensburger Frauenforum, einem Zusammenschluss für Gleichstellung und gegen strukturelle Benachteiligung von Frauen. Die Ärztin findet, dass die Politik nicht genug tut - angefangen beim Oberbürgermeister der Stadt. "Auch vom Kreis hört man gar nichts, vom Land auch sehr wenig", sagt von der Ahe.
Schließungspläne seit Dezember?
Die rund 300 Demonstrierenden forderten auf dem Weg vom Südermarkt zum Krankenhaus den vollständigen Erhalt der Frauenklinik. "Wir sind wütend! Seit etwa Dezember 2022 werden intern im kleinen Kreis Pläne diskutiert, die Mammografie und die Gynäkologie zu schließen! Gegenüber der Mitarbeiterschaft und nach außen wird das jedoch geleugnet", sagte Rednerin Carolin Thomsen vom Flensburger Frauenforum.
Im Sozialausschuss des Landtages sicherte der Generalbevollmächtigte im Sanierungsverfahren, Christian Eckert von der Unternehmensberatung WMC Healthcare, Mitte Februar noch den Erhalt aller Bereiche zu. Er sprach lediglich von vorübergehenden Einschränkungen in der gynäkologischen Versorgung bis zum Sommer.
Kritik am Einsatz von Honorarkräften
In der Frauenklinik wurden mehrere Stellen gestrichen und sogar Ärzte im Rahmen des Sanierungsverfahrens entlassen. Gleichzeitig setzt das Krankenhaus aber weiterhin Honorarkräfte ein. Das sorgt unter Beschäftigten für Unverständnis und Kritik. Honorarkräfte kosten der Klinik nach NDR Informationen etwa zweieinhalb mal so viel wie festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Um die Notfallversorgung unserer Patientinnen sicher zu gewährleisten, setzen wir zusätzlich zu unseren eigenen Ärztinnen und Ärzten Zeitarbeitskräfte ein", erklärte Geschäftsführer Ingo Tüchsen am Freitag auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein dazu. "Dieses ist geübte Praxis und entspricht unserem Konzept zur Neuausrichtung der Klinik."
Suche nach neuer Chefärztin der Frauenklinik
Völlig offen ist weiterhin, wie es an der Spitze der Frauenklinik weitergeht. Geschäftsführer Tüchsen ist nach eigenen Angaben weiter auf der Suche nach einer neuen ärztlichen Leitung. "Zu unserem Bedauern hat eine aussichtsreiche Bewerberin kurzfristig abgesagt", sagt Tüchsen. "Wir suchen intensiv nach einer geeigneten Kandidatin oder einem geeigneten Kandidaten."
Oberbürgermeister: "Kommunikation nicht optimal"
Flensburgs neuer Oberbürgermeister Fabian Geyer hatte sich in der vergangenen Woche erstmals öffentlich zur Diako-Insolvenz geäußert und die Klinik-Leitung kritisiert. In der Öffentlichkeit sei insbesondere für den Bereich der Gynäkologie kein gutes Bild entstanden. "Die Kommunikation nach außen war mit Sicherheit nicht optimal. Es ist ein Eindruck entstanden, dass die Diako jetzt in große Probleme gerät mit der Mitarbeiterschaft und das Abteilungen auf dem Prüfstand stehen. Das ist natürlich sehr unschön", sagte Geyer. "Ich habe mich aber sehr eng mit dem Vorstand abgestimmt und mein Eindruck ist, dass es im Moment eine ganz schwierige Lage in der Insolvenz ist. Aber ich habe nach wie vor Vertrauen in die Führung, auch wenn ich zugeben muss, dass es schon etwas angeknackst ist zwischendurch." Der Oberbürgermeister steht nach eigenen Angaben auch weiterhin in engem Austausch mit Vorstand und Geschäftsführung. Bevor er im Januar Oberbürgermeister wurde, war Geyer viereinhalb Jahre lang im Aufsichtsrat der Diako für die Kontrolle der Geschäftsführung verantwortlich.
Servicegesellschaften reduzieren Personal
Die Insolvenz der Diako Krankenhaus gGmbH wirkt sich jetzt auch auf die Beschäftigten der Servicegesellschaften aus. Die Klinik hat neue Verträge mit den Gesellschaften geschlossen. Zum Beispiel sollen Flure und Büros nicht mehr so oft gereinigt werden und die Klinik will nicht mehr so viele Essen auf Vorrat bestellen wie bisher. Das bestätigte der Vorstand der evangelisch-lutherischen Diakonissenanstalt am Montag auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein. Zu der Anstalt gehören neben der insolventen Klinik auch die Firmen, die sich um Reinigung und Verpflegung kümmern. Es soll laut Vorstand sowohl bei der Diako Service GmbH als auch bei der Menü Service Nord GmbH keine Kündigungen geben. Wenn jemand in Rente geht oder kündigt, sollen diese Stellen aber erst mal nicht nachbesetzt werden.