Diako Flensburg: Weiter rote Zahlen, aber positiver Trend
Gut ein Jahr nach Insolvenz und Neustart hat das Diako-Krankenhaus Flensburg seine Defizite verringert. Geschäftsführer Nähtke sieht für große Kliniken gute Perspektiven. Unter den Beschäftigten herrscht dennoch Anspannung.
Von außen betrachtet herrscht am Diako-Krankenhaus in Flensburg Betrieb wie eh und je. Junge Eltern und Angehörige stehen rund um den Eingang der Frauenklinik, im Bistro "Oase" frühstücken einige Patienten, vor der Notaufnahme stehen mehrere Rettungswagen. Intern hat der neue Geschäftsführer John Nähtke aber einige Abläufe verändert. Denn er hat seit der Insolvenz die Aufgabe, Geld einzusparen. Gleichzeitig ist er bestrebt, die Wogen zu glätten, die das große Haus während der Insolvenz in die Schlagzeilen brachte.
Es muss ohne Leiharbeit gehen
Hauptschlüssel ist der weitgehende Verzicht auf Leiharbeitskräfte. "Ärztliches Personal, Pflegedienst und auch sonstige Fachleute sind dort sehr teuer," stellt Nähtke fest. Für die "gemieteten" Kräfte sei die Arbeit lukrativ. So gebe es Fälle, in denen Pflegekräfte ein halbes Jahr in Spanien verbringen und die andere Hälfte des Jahres irgendwo in Deutschland arbeiten. "Sie sind aber nicht mit dem Haus vertraut," so der Geschäftsführer.
Pflegekräfte aus Indien
Nun muss das eigene Personal verstärkt Lücken schließen. Die Klinik ist darauf angewiesen, zusätzliche Pflegekräfte zu gewinnen. "Wir bauen den Personalstand auf," sagt Nähtke. Einige der 43 Beschäftigten, denen im Zuge der Insolvenz gekündigt wurde, seien bereits wieder zurück. In der Pflege habe die Diako die Zahl der Vollzeitstellen von 295 auf 318 aufgestockt. Ein Argument beim Werben um neue Kräfte ist der betriebsinterne Kindergarten. Gleichzeitig bemüht sich die Diako international um neue Arbeitskräfte. In der Pflege wurden bereits neun Beschäftigte aus Indien angeworben. 20 sollen es werden. Die ersten beiden Auszubildenden aus El Salvador sind ebenfalls im Haus.
Weniger OPs, dafür enger getaktet
Hinzu kommt ein effizienterer Einsatz der Operationssäle. Acht hat die Diako im Zentralbereich. Nur fünf werden laut Nähtke derzeit "bespielt", diese dann aber ohne Lücken. Der Geschäftsführer versichert, dringende Operationen würden trotzdem zeitnah terminiert. In anderen Fällen könnten sich Wartezeiten verlängern. Als Beispiel nennt er die plastische Chirurgie, in der es unter anderem darum geht, auffällige Narben von Unfallopfern zu verkleinern.
Frauenklinik wieder in ruhigerem Fahrwasser
Große Sorge herrschte 2022 um die Zukunft der Frauenklinik. Mit 1.700 Babys ist das Flensburger Haus eine der größten Geburtshilfen des Landes. Zudem hat die Brustkrebsbehandlung in der Gynäkologie einen hohen Stellenwert. Durch Kündigungen, Mutterschaft von Pflegerinnen und den Weggang des Chefarztes herrschte tatsächlich viel Unruhe. Mit dem neuen Chefarzt Janning Wagner habe die Diako aber nun einen renommierten Experten gewonnen. Wagner war zuvor an der Imland-Klinik in Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde) tätig.
Rund 1.700 Geburten pro Jahr
Mit der aktuellen Auslastung ist Nähtke zufrieden. Das Helios-Krankenhaus in Schleswig, wo er zuvor tätig war, habe zwar seit dem dortigen Klinik-Neubau 2016 verstärkt Zulauf von Frauen. Noch mehr Geburten in Flensburg wären aber eine organisatorische Herausforderung. Dass das Mammographie-Screening für die Brustkrebsfrüherkennung nun von einem anderen Anbieter wahrgenommen wird, sei zu verkraften. Dies sei ohnehin untypisch für Kliniken. Diagnose und Therapie laufen aber ohne Einschränkungen in der Diako.
Krankenhausreform nützt großen Häusern
Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Krankenhausreform sorgt derzeit auf allen Ebenen für kontroverse Kommentare. Viele Details sind noch nicht ausverhandelt. Insgesamt ist Nähtke aber für den Standort Flensburg zuversichtlich, zumal der neue, große Krankenhaus-Neubau nach aktuellem Stand 2030 bezugsfertig sein soll. Diako und Malteser-Klinik finden sich dafür zusammen. Große Kliniken würden profitieren, glaubt Nähtke. Anders formuliert: "Der politische Wille ist da, kleine Häuser zu schließen." Dabei könne man den Weg durchaus hinterfragen.
Nicht spekulieren will Nähtke darüber, was das für die umliegenden Standorte bedeute. Aber: "Wir müssen vorbereitet sein, um die Kapazitäten bereit zu stellen." Denn das gesuchte Fachpersonal werde nicht automatisch zu den großen Häusern wechseln.
Tumor-Patienten aus ganz Deutschland kommen nach Flensburg
Nicht zuletzt ist die Diako-Leitung stolz auf die Fachbereiche, in denen das Haus bundesweite Strahlkraft habe. Dazu gehöre die Neurochirurgie. Für komplizierte Tumor-Operationen am Kopf kommen Patientinnen und Patienten aus ganz Deutschland nach Flensburg. Auch die Urologie habe einen überregional guten Ruf. Gleichzeitig hat der Diako-Verbund, der mehrere Einrichtungen im Landesteil Schleswig betreibt, noch weitere Baustellen. So wurde kürzlich bekannt, dass die Diako zwei Fachbereiche im Medizinischen Versorgungszentrum Niebüll (Kreis Nordfriesland) schließt.
Besondere Unternehmenskultur?
Was Nähtke auffällt, ist im Vergleich zu anderen Kliniken schließlich die Wertschätzung, die im Diako-Verbund deutlich werde, auch durch den kirchlichen Hintergrund. Das Unternehmen arbeite weniger gewinnorientiert, die Entscheidungen fallen lokal. Die kurzen Wege sieht er als Vorteil. Dennoch bleibt eine gewisse Anspannung bestehen. Die Mitarbeitervertretung, die sich anstelle eines Betriebsrats um die Belange der Beschäftigten kümmert, lehnte es auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein ab, sich zur aktuellen Stimmung im Haus zu äußern.
Maulkorb durch den Arbeitsvertrag
Im persönlichen Gespräch bleiben Beschäftigte vorsichtig. In den Arbeitsverträgen soll festgelegt sein, dass sich niemand eigenständig gegenüber der Presse äußern dürfe. Es drohten Abmahnungen. Nähtkes Aussage, dass fünf Operationssäle durchgehend geöffnet seien, sorgt für Erstaunen. Tatsächlich seien es nur zwei bis drei. Auch die Einschätzung, dass bei wichtigen Eingriffen keine Wartezeit entstünde, trifft auf Widerspruch. Und die wertschätztende Unternehmenskultur nehmen nicht alle wahr.
Erwartes Defizit: "Nur" noch vier Millionen Euro
Das Defizit des Diako-Krankenhauses sinkt nach Angaben des Geschäftsführers inzwischen, aber es bleibt eine Belastung. Genaue Zahlen nennt er nicht. Vor der Insolvenz soll es einen Betrag deutlich über zehn Millionen Euro umfasst haben. In diesem Jahr erwartet er grob gerechnet, bei einer Größenordnung von vier Millionen Euro zu landen. Und er ergänzt: "Ich gehe davon aus, dass wir im kommenden Jahr mit einem positiven Ergebnis rechnen können."