Corona: Warum gerade viel Impfstoff in der Tonne landet
Corona-Impfungen sind für viele kein Thema mehr. Die geringe Nachfrage führt jedoch dazu, dass viel Impfstoff weggeschmissen wird. Um das zu vermeiden, müssen Arztpraxen mehr koordinieren.
Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie sind es überwiegend Risikopatienten, die zum Hausarzt gehen, um ihren Impfschutz gegen das Coronavirus aufzufrischen. In seiner Praxis in Leck (Kreis Nordfriesland) hat Jens Lassen in den letzten drei Monaten rund 1.000 Patientinnen und Patienten eine Auffrischungsimpfung verabreicht. Die Nachfrage sei im Vergleich zu den Vorjahren jedoch relativ gering - das habe sich im Praxisalltag alles eingespielt, erklärt der Hausarzt.
Corona-Impfstoff kommt nur im Sechserpack
Lassen ist auch Vorsitzender vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband Schleswig-Holstein. Sowohl bei sich in der Praxis als auch bei seinen Kolleginnen und Kollegen beobachtet er, dass gerade verhältnismäßig viel Corona-Impfstoff in der Tonne landet. Der Grund: Arztpraxen erhalten Corona-Impfstoff als Fläschchen, das für sechs Impfungen reicht. Da das Vakzin jedoch nicht so lange haltbar ist, könne er bei der geringe Nachfrage nicht immer ganz verbraucht werden. Lassen kritisiert, dass Impfdosen immer noch nicht auf eine Einzelimpfung angepasst wurden.
Damit nicht so viel Impfstoff weggeschmissen werden muss, versuchen die Praxen bei uns im Land Termine zusammenzulegen, um möglichst viel aus den Impfdosen herauszubekommen. Das bedeutet auch etwas mehr Organisationsarbeit, erklärt Lassen. Auf der anderen Seite fällt seit einigen Monaten aber auch etwas Arbeit für die Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter weg: Seit Herbst müssen sie keine detaillierten Daten mehr zu durchgeführten Impfungen an das Robert-Koch-Institut (RKI) übermitteln.
Mehr Impfungen gegen Grippe als gegen Corona
Fünf Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine jährliche Corona-Auffrischungsimpfung im Herbst nur noch älteren Menschen ab 60 Jahren oder Vorerkrankten. Corona gilt mittlerweile als endemisch - bedeutet: Ein Großteil der Bevölkerung besitzt einen gewissen Immunschutz gegen diese Krankheit. Laut einer Erhebung des RKI aus Dezember 2024 erhielten in der Saison 2023/24 nur 16 Prozent der Personen ab 60 Jahren in Deutschland eine Corona-Impfung. Damit ließen sich laut Institut deutlich weniger Menschen im Alter von 60 Jahren oder älter gegen COVID-19 als gegen Influenza impfen.
Viele machen noch einen Corona-Test
Der Virologe Helmut Fickenscher von der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel beobachtet dennoch, dass viele Menschen sich beispielsweise mit einem Selbsttest auf Corona testen. Außer der Erkenntnis über eine Infektion, seien Corona-Tests aber eher unnötig. Ihren Zweck erfüllen sie nur noch im Krankenhaus oder Altersheim - dort spielen sie eine wichtige Rolle, so der Virologe.
Deutschlandweit höchste Impfquote in SH
Seit April 2023 wird die Corona-Impfung in Schleswig-Holstein in Arztpraxen, bei Betriebsärztinnen- und -ärzten sowie in ausgewählten Apotheken angeboten - seitdem gehört die Impfung zur Regelversorgung.
Laut letztem Impfquotenmonitoring aus dem Juli 2024 wurden in Schleswig-Holstein insgesamt rund 7.828.000 Corona-Impfungen verabreicht - einmal geimpft wurden etwa 2.366.000 Menschen (81 Prozent), eine Auffrischungsimpfung erhielten rund 2.062.000 Menschen (70,6 Prozent), zum zweiten Mal aufgefrischt wurde die Corona-Impfung bei 779.000 Menschen (26,7 Prozent). Im Vergleich mit anderen Bundesländern ist die Quote bei den Erst- und Zweitimpfungen am höchsten.