Umfrage: Große Mehrheit fordert stärkere Aufarbeitung der Corona-Pandemie
Fast die Hälfte der Teilnehmer einer #NDRfragt-Umfrage hält die Corona-Maßnahmen rückblickend für angemessen - ähnlich vielen gingen sie zu weit. Die Mehrheit wünscht sich eine stärkere politische Aufarbeitung.
Vor fünf Jahren wurde der erste Corona-Fall in Deutschland bekannt - es folgte eine lange Zeit mit Lockdowns, Maskenregeln und Kontaktverboten. Wie blicken die Menschen in Norddeutschland heute darauf? In einer aktuellen Umfrage von #NDRfragt fordern fast zwei Drittel eine stärkere politische Aufarbeitung der Corona-Pandemie. 21 Prozent der Befragten finden die bisherige Aufarbeitung ausreichend, nur zehn Prozent sind für weniger Aufarbeitung.
#NDRfragt-Mitglied Ralf (50) aus Mecklenburg-Vorpommern schreibt: "Man muss die Schlüsse aus dieser Pandemie ziehen, um in Zukunft besser handeln zu können, wenn uns wieder einmal eine weltumspannende Pandemie erreicht."
An der nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage haben mehr als 24.000 Menschen aus Norddeutschland teilgenommen. Alle Ergebnisse gibt es auch als PDF zum Herunterladen.
In der aktuellen Wahlperiode gab es keine umfassende Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte diese zuletzt vehement eingefordert. "Wir müssen uns selbst gegenüber Rechenschaft ablegen, was gut lief, was weniger gut lief, was geschadet hat. In unser aller Interesse müssen wir Transparenz herstellen", sagte er dem Magazin "Stern". Aufarbeitung schaffe die Chance, Menschen zurückzugewinnen, die ihr Vertrauen in die Demokratie verloren hätten oder daran zweifelten.
Waren die Corona-Regeln angemessen?
Fast 60 Prozent der Befragten fühlten sich durch die damaligen Corona-Regeln stark in ihrem persönlichen Leben eingeschränkt, vor allem durch die Kontaktverbote. Trotzdem hält die Mehrzahl in der #NDRfragt-Gemeinschaft im Rückblick die Regeln für angemessen (49 Prozent). Aber ähnlich viele Befragte sehen es anders: Für 44 Prozent gingen die Corona-Regeln rückblickend zu weit.
In der Umfrage wurden die Teilnehmenden gebeten, sich daran zu erinnern, wie die Maßnahmen damals während der Pandemie auf sie gewirkt haben - und dieselbe Frage dann noch einmal zu beantworten. In diesem Szenario empfanden deutlich weniger Befragte (34 Prozent) die Corona-Regeln als zu weitgehend. Über die Hälfte hielt sie für angemessen.
Meinungen von #NDRfragt-Mitgliedern zu den Corona-Maßnahmen
Hoher Vertrauensverlust in die Politik
Die Corona-Pandemie stellte auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik auf die Probe. Bei vier von zehn Befragten führte die Pandemie zu einem Vertrauensverlust. Bei der Hälfte der Befragten veränderte sich nichts, bei wenigen stieg das Vertrauen durch die Pandemie.
Wie kann verlorenes Vertrauen wieder zurückgewonnen werden? #NDRfragt-Mitglied Finja (20) aus Schleswig-Holstein fordert zunächst eine Entschuldigung für "alle, die durch die Maßnahmen mehr eingeschränkt als geschützt wurden". Politik, Medien und Gesellschaft sollten bereit sein, sich Fehler einzugestehen.
David aus Hamburg fragt hingegen: "Wozu soll eine Aufarbeitung hilfreich sein? Um einen Schuldigen zu finden?" Nach Meinung des 62-Jährigen sind die Entscheidungen damals nach bestem Wissen und Gewissen getroffen worden.
Wie könnte die Aufarbeitung aussehen?
Wie eine Aufarbeitung aussehen könnte, skizziert #NDRfragt-Mitglied Andrea aus Niedersachsen: "Es sollte eine Kommission aus Experten aus einem breiten Spektrum gebildet werden, in der auch Bürger mitwirken. Erfahrungen aus anderen Ländern sollten mitberücksichtigt werden." Am Ende müssten die Ergebnisse transparent und damit für alle einsehbar sein, so die 64-Jährige.
Mitarbeit
Umfrageerstellung: Lisa Göllert, Nora Köhler
Datenanalyse: Lisa Richter, Bastian Kießling
Community-Management: Max Nielsen, Anna Luca Kirchhoff
Wachsende #NDRfragt-Community: Zehntausende Norddeutsche machen mit
#NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Mittlerweile haben sich mehr als 51.000 Norddeutsche für die Community angemeldet. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und wird zu den Umfragen per E-Mail eingeladen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.