Brokstedt: Fraktionen von CDU und Grünen präsentieren Zehn-Punkte-Papier
Nach dem tödlichen Messerangriff in einem Zug in Brokstedt (Kreis Steinburg) verlangen CDU und Grüne in Schleswig-Holstein Konsequenzen. Dazu haben die Koalitionsfraktionen am Freitag ein Zehn-Punkte-Papier vorgestellt.
Bereits am Mitwoch (1.2.) hatte sich derInnen- und Rechtsausschuss des Landtags mit der tödlichen Messerattacke im Regionalzug in Brokstedt befasst. Dabei sprach sich Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) für eine schnellere, bessere und stärkere Zusammenarbeit der unterschiedlichen Behörden aus. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) schlug darüber hinaus eine Videoüberwachung in Zügen und auf Bahnhöfen vor.
Neben den bereits genannten Forderungen haben die beiden Landtagsfraktionen am Freitag weitere Konsequenzen gefordert und in einem Zehn-Punkte-Papier zusammengefasst.
Das Zehn-Punkte-Papier von CDU und Grünen in SH
Die Fraktionen von CDU und Grünen fordern demnach:
- die Einrichtung von Gewaltambulanzen nach bayerischem Vorbild
- mehr Personal für Staatsanwaltschaften und Gerichte, um Strafverfahren zu beschleunigen
- mehr Personal und Geld für Opferschutz
- den Bau landeseigener Übergangseinrichtungen für Straftäter ohne festen Wohnsitz
- Geld für Antigewalttrainings
- einen besseren Informationszugriff zwischen den Behörden
- eine Verbesserung der Resozialisungsangebote
- ein unabhängiges Kompetenzzentrum für forensische Begutachtung. Auch die Anwerbung ausländischer psychiatrischer Fachkräfte soll geprüft werden.
- eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Ländern bei Haftentlassungen sowie das umgehende Melden von Verurteilungen, Inhaftierungen und Ermittlungsverfahren
- eine bundesweit einheitliche Definition des Begriffs "schwere Straftat"
Kritik von SPD und FDP in SH
Aus der Opposition erhalten die Fraktionen von CDU und Grünen für ihr Zehn-Punkte-Postulat wenig Anerkennung: Die SPD-Fraktion ist der Meinung, es sei zu früh für Schlussfolgerungen - es gebe zunächst noch eine Menge Aufklärungsbedarf. Die FDP-Fraktion findet, das Zehn-Punkte-Papier gehe am Problem vorbei: "Entscheidend ist ein konsequentes Rückkehrmanagement. Es müssen Regelungen geschaffen werden, wie man Straftäter schneller abschieben kann - und zwar sowohl vollziehbar ausreisepflichtige als auch diejenigen mit einem Schutzstatus", so Bernd Buchholz.
Möglicherweise Behördenversagen
Hätte die tödliche Messerattacke womöglich im Vorfeld verhindert werden können? Die Zuwanderungsbehörde Kiel behauptet, sie sei nicht rechtzeitig aus Hamburg über die Inhaftierung von Ibrahim A. informiert worden.
Der Palästinenser hatte im Januar 2022 in der Hansestadt wegen Körperverletzung in Untersuchungshaft gesessen. Die Hamburger Justizbehörde gibt gegenüber NDR Schleswig-Holstein allerdings an, die Kieler Zuwanderungsbehörde darüber im März 2022 in Kenntnis gesetzt zu haben. Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) hält aber dagegen: "Wir haben nicht im Januar, nicht im März, sondern erstmals im Mai 2022 von der Haft auf indirektem Wege erfahren."