Stand: 23.02.2015 11:34 Uhr

Auf der Spur eines Müllskandals

von Jörg Hilbert

Mitten in Dithmarschen liegt ein riesiges Abbaugebiet. In der Gemeinde Schalkholz beutet der Konzern Holcim Kiesvorkommen aus. Im vergangenen Jahr haben Jäger dort eine brisante Entdeckung gemacht: Offenbar wurden in die Grube tonnenweise verunreinigte Böden geschüttet. Große Flächen sollen mit Bauschutt, Teerbrocken und Kunststoffen versetzt sein. Die Kontrollbehörde beim Kreis Dithmarschen ist seit Dezember vergangenen Jahres über die Funde informiert.

VIDEO: Auf der Spur eines Müllskandals (8 Min)

Deponie geplant

Die Entdeckung dürfte Holcim eher ungelegen kommen. Denn der größte Baustoffkonzern der Welt plant in dem Abbaugebiet eine Deponie für mineralische Abfälle wie Bauschutt. Gemeinsam mit dem Entsorgungsunternehmen Otto Dörner könnten dort mehr als zwei Millionen Kubikmeter eingelagert werden. Doch noch ist die Deponie nicht offiziell beantragt.

Aus einem Wasserhahn fließt Wasser in zwei Hände © dpa
Die geplante Deponie grenzt an  ein wichtiges Trinkwasser-Reservoir, den "Heider Trog".

Unter Bürgermeistern und Anwohnern der anliegenden Gemeinden herrscht Misstrauen gegenüber der Deponieplanung. Der aktuelle Zustand auf dem Gelände hat ihre Ablehnung noch verstärkt. Manfred Lindemann, Bürgermeister von Schalkholz, sieht "die Grundlagen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zerstört". Auch die örtliche Initiative "Bürger in Aktion" hat Widerstand gegen die Deponie angekündigt. Die Menschen haben Angst vor einer Belastung des Trinkwassers. Tatsächlich grenzt die geplante Deponie an ein wichtiges Trinkwasser-Reservoir, den "Heider Trog".

Krebserzeugende Stoffe

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Die Laborergebnisse im Detail

Hier finden Sie die Analyse-Ergebnisse der Wasser- und Bodenproben, die Panorama 3 genommen hat, als PDF-Dokument zum Download. Download (3 MB)

Bei Recherchen vor Ort hat Panorama 3 krebserzeugende Stoffe auf dem Gelände der Kiesgrube entdeckt. In vor Ort entnommenen Boden- und Wasserproben wurden hohe Werte an Polycyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) nachgewiesen. Die Stoffe lassen sich zum Beispiel in Asche nachweisen. Viele dieser PAK sind krebserzeugend, gelten als gefährlich für das Grundwasser. In dieser Konzentration dürften sie dort nicht sein.

Landrat Jörn Klimant, Thomas Rappuhn von RWE DEA und Ministerpräsident Torsten Albig beim Festakt zum 25-jährigen Bestehen der Ölförderung im Wattenmeer © NDR Foto: Janine Artist
Für Landrat Jörn Klimant (links) sind die Funde eine "hochbrisante Geschichte". Eine mögliche Gefährdung des Grundwassers in dem Gebiet sei nicht auszuschließen.

Beim für die Kontrolle zuständigen Kreis Dithmarschen zeigt man sich von den Ergebnissen überrascht und kündigt eigene Untersuchungen auf dem Gelände an. Für Landrat Jörn Klimant sind die Funde eine "hochbrisante Geschichte". Eine mögliche Gefährdung des Grundwassers in dem Gebiet sei nicht auszuschließen.

Die Firma Holcim kündigte gegenüber Panorama 3 an, in Absprache mit dem Landkreis vorhandene "Fremdmaterialien" zu entfernen und außerhalb des Kieswerks zu "verwerten". Darüber hinaus werde man "die Vorgänge intern prüfen und die notwendigen Konsequenzen ziehen."

In einer Erklärung der Firma heißt es: "Wir nehmen alle Vorwürfe und die damit verbundenen Aspekte sehr ernst und sind uns unserer Verantwortung als Betreiber bewusst. Grundsätzlich können wir versichern, dass das Kieswerk zu keinem Zeitpunkt als Deponie genutzt wurde. Von den Boden- und Wasserproben des Fernsehteams mit angeblich erhöhten PAK-Werten aus Schalkholz haben wir erstmalig am 5. Februar am Nachmittag gehört. Wir nehmen auch diesen neuen Aspekt sehr ernst und befinden uns auch hier bereits in enger Abstimmung mit der zuständigen Aufsicht beim Landkreis Dithmarschen."

Deponie soll trotzdem kommen

Die Firma Otto Dörner will trotz der Funde an der gemeinsamen Deponieplanung mit Holcim festhalten. Tilmann Quensell, Geschäftsführer der Otto Dörner Recycling betont, dass man mit den aktuellen Vorkommnissen nichts zu tun habe. Man sei dort noch nicht tätig. Wenn dort allerdings etwas drin sei, das da nicht hingehöre, dann müsse es wieder raus. Den Planungen sieht er offensichtlich gelassen entgegen.

Bis zur Genehmigung einer Deponie haben die beteiligten Firmen noch einige Hürden überwinden. Das Umweltministerium in Kiel hat Panorama 3 mitgeteilt: Trinkwasserschutz habe in einem Panfeststellungsverfahren oberste Priorität. Doch jetzt muss erst einmal lückenlos aufgeklärt werden, was alles in die Kiesgrube geschüttet wurde.

Angeblich keine kritischen PAK-Werte

Wenige Tage nach Veröffentlichung des Panorama 3 Berichts gab Holcim bekannt, dass man am 6. Februar 2015 ein staatlich anerkanntes Labor damit beauftragt habe, "repräsentative Proben auf den angesprochenen Boden- und Wasserflächen zu nehmen, zu analysieren und zu bewerten". In den Proben, die "unverzüglich an den Kreis Dithmarschen weitergeleitet" worden seien, hätten keine "auffälligen PAK-Werte festgestellt" werden können.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 10.02.2015 | 21:15 Uhr

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