Anwohner genervt: Akku-Züge hupen lauter, in Aukrug 168 Mal am Tag
Seit Mai fahren auf der Bahnstrecke zwischen Hohenwestedt und Neumünster leisere Akkuzüge. Doch: Sie hupen lauter als die Vorgänger an ungesicherten Bahnübergängen, zum Ärger der Anwohner in Aukrug.
Es ist ein idyllischer Blick, der sich Petra Harms von ihrer Terrasse in Aukrug (Kreis Rendsburg-Eckernförde) bietet. Grüne Felder und saftige Wiesen soweit das Auge reicht. Die Aukrugerin hat es sich mit einer kalten Schorle gemütlich gemacht und genießt die Ruhe - doch die ist trügerisch. Auf einmal durchreißt ein lautes Hupen die Stille. Petra Harms zuckt nur kurz zusammen, und schüttelt dann resigniert den Kopf. "So geht das jetzt seit Monaten", sagt sie.
Zwischen den Feldern vor ihrem Haus fährt zwar schon lange der RB63 der Nordbahn. Doch seit dem 10. Mai hat sich etwas verändert. Statt älteren Dieseltriebwagen sind auf den Gleisen jetzt neue Akkuzüge als Regionalbahn unterwegs– und die hupen deutlich lauter als ihre Vorgänger, berichtet Petra Harms.
Hupende Züge stören die Anwohner 168 Mal am Tag
Zwei Mal pro Stunde fahren die Züge, immer einer in Richtung Neumünster und einer Richtung Hohenweststedt. Dabei müssen sie in Aukrug an jedem unbeschrankten Bahnübergang hupen. Vier Stück gibt es davon in der Gemeinde. Und das bedeutet: 168 laute Hupgeräusche jeden Tag. Das sei generell schon nervig, aber in der Nacht ein besonders großes Problem, sagt die Anwohnerin: "Morgens wird man immer schon vom ersten Zug geweckt, gerade wenn man wie jetzt bei der Hitze die Fenster offen hat."
Bürgermeister: "Zustand nicht hinnehmbar"
Auch Joachim Rehder, Bürgermeister von Aukrug, kann nicht mehr ruhig schlafen. "Manchmal sitze ich senkrecht im Bett", berichtet er. Dabei habe er sich wie die meisten Menschen in Aukrug eigentlich auf die neuen, modernen Akkuzüge gefreut. "Die Fahrgeräusche der neuen Züge sind deutlich leiser als die alten, auch die Erschütterungen sind weniger geworden, aber dass der gesamte Ort jetzt dermaßen laut mit Hupgeräuschen beschallt wird, so haben wir uns das nicht vorgestellt." Der Bürgermeister sieht den Zustand für sein Dorf schon jetzt als "nicht hinnehmbar" an, und befürchtet, dass der Zugverkehr mit Fertigstellung der Northvolt-Fabrik in den nächsten Jahren sogar noch zunehmen könnte.
Nordbahn verweist auf gesetzliche Vorschriften
Das Problem sei bekannt, heißt es von Seiten der Nordbahn. Die Triebfahrzeugführer sollen laut Nordbahn jetzt angewiesen werden, den leisesten der drei zur Verfügung stehenden Huptöne auszuwählen. Dieser sei jedoch immer noch lauter als der der alten Dieseltriebwagen. Grund dafür ist laut Nordbahn eine EU-Vorschrift für die neuen elektrischen Triebwagen.
Auch Spaziergänger mit Kopfhörern soll die Zug-Hupe hören
"So soll im Fall der Signaltöne sichergestellt werden, dass jeder einzelne Verkehrsteilnehmer, der einen ungesicherten Bahnübergang überqueren möchte, das Warnsignal wahrnehmen kann. Egal, ob es sich dabei um einen Radfahrer mit Hörgerät, einen Autofahrer in einem lauten Fahrzeug oder einen Spaziergänger mit Kopfhörern handelt. Potenziell tödliche Unfälle an Bahnübergängen sollen unbedingt vermieden werden", heißt es in einem Statement der Nordbahn.
Auch andere Orte betroffen - Fall aus Flensburg bekannt
Das Beispiel Aukrug, über das der sh:z zuerst berichtet hatte, ist dabei kein Einzelfall. Auch auf der Strecke zwischen Kiel und Flensburg fahren inzwischen moderne Akkuzüge – und auch hier fühlen sich die Anwohner von der Lautstärke gestört. Ein Beispiel ist der unbeschrankte Bahnübergang am Rüllschauer Weg, bei dem eine Schrankenanlage nach aktuellem Stand erst für 2028 geplant ist. Der Flensburger Oberbügermeister Fabian Geyer hat sich bereits an die Bahn gewandt und will sich für eine vorzeitige Reaktivierung der Schrankanlage einsetzen - denn eine solche Vorrichtung würde die lauten Warnsignale überflüssig machen.
Blinklicht an Bahnübergängen könnte das Aukruger Problem lösen
Auch in Aukrug hofft man auf eine ähnliche Lösung. Joachim wünscht sich für die vier unbeschrankten Bahnübergänge in seinem Dorf jeweils eine Lichtzeichenanlage. Diese könnten die lauten Hupgeräusche als Warnsignal ersetzen und so wieder Ruhe ins Dorf einkehren lassen. Doch es gibt ein Problem – die Finanzierung. "Ich schätze die Kosten auf etwa eine Million Euro insgesamt, und das können wir als Gemeinde nicht selbst stemmen. Da sehe ich schon die Bahn in der Pflicht", so Reher.
Ob und wann sich von dieser Seite allerdings etwas tut, ist bisher unklar. Dass es möglichst schnell geht, hoffen nicht nur Petra Harms und Joachim Rehder, sondern wohl auch die meisten anderen der gut 4.000 Aukruger Anwohner.
In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass die Zugführer angewiesen werden, den leisesten der drei zur Verfügung stehenden Huptöne auszuwählen. Richtig ist, dass die Triebfahrzeugführer die Huptöne auswählen. Wir haben den Text angepasst.