Osnabrück und Emsland: Die Wahl mit Promis, Nachrückern und Karneval
Am Sonntag ist Bundestagswahl. Auch in Osnabrück und dem Emsland entscheidet sich, wer in den Wahlkreisen stärkste Kraft wird. Was in der Region interessant wird, erklärt NDR Niedersachsen.
Im Emsland verlor die sonst starke CDU bei der vergangenen Bundestagswahl viele Wählerinnen und Wähler. Im Landkreis Osnabrück gewann die CDU 2021 zwar das Direktmandat, unterlag der SPD aber bei den Zweitstimmen. In der Stadt Osnabrück gewann die SPD sowohl bei den Zweit- als auch den Erststimmen, beim Direktmandat lieferten sich die CDU- und SPD-Kandidaten allerdings ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wo birgt die Region bei dieser Wahl Überraschungen? Es lohnt sich, am Wahl-Sonntag auf folgende Punkte besonders zu achten:
Zwei einstige CDU-Hochburgen
Das Emsland mit seinen Wahlkreisen Mittelems und Unterems war in der Vergangenheit CDU-Hochburg. Es galt als sicher, dass die Partei dort sowohl bei den Erst- als auch den Zweitstimmen als Sieger hervorgeht. So holte die CDU bei der Bundestagswahl 2013 im Wahlkreis Mittelems - zu dem unter anderem Lingen, Meppen, Haselünne und die Grafschaft Bentheim gehören - beachtliche 56,1 Prozent der Zweitstimmen (Erststimmen: 59,0 Prozent). Im Wahlkreis Unterems - darunter Papenburg, Haren und Leer - gewann die CDU bei der Wahl 48,8 Prozent der Zweitstimmen (Erststimmen: 54,7 Prozent). Diese Wahlerfolge bröckelten bei den folgenden Bundestagswahlen 2017 und 2021: Zuletzt holte die CDU im Wahlkreis Mittelems lediglich 33,8 Prozent der Zweitstimmen (Erststimmen: 40,5 Prozent), in Unterems lag die CDU nur noch bei 29,9 Prozent (Erststimme: 44,4 Prozent). Am Sonntag zeigt sich, ob sich dieser Trend im Emsland fortsetzt oder ob die CDU in ihren einstigen Hochburgen wieder aufholt.
Rückblick: Die Ergebnisse der Bundestagswahl 2021
Polit-Promis: Drei Osnabrücker auf erstem Listenplatz
Gleich drei Namen von Politikern aus Stadt und Landkreis Osnabrück sind auf Wahlscheinen in ganz Niedersachsen zu lesen. Sie stehen auf dem ersten Landeslistenplatz ihrer Parteien und sind damit niedersächsische Spitzenkandidaten: Mathias Middelberg für die CDU, Filiz Polat für die Grünen und Heidi Reichinnek für die Linke. Für ihre Parteien sind sie überregional bedeutend: Middelberg ist stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Polat ist Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion und Reichinnek ist stellvertretende Vorsitzende der Linken-Gruppe im Bundestag. Der erste Listenplatz in Niedersachsen verspricht den drei Politikern größere Chancen, in den Bundestag einzuziehen: Holen ihre Parteien bei der Zweitstimme mindestens fünf Prozent, erhalten sie einen Sitz im Bundestag. Mit Gitta Connemann tritt eine weitere Prominente aus der Region zur Bundestagswahl an: Die CDU-Politikerin aus dem Emsland steht hinter Middelberg auf dem zweiten Listenplatz. Connemann ist Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion von CDU und CSU. Von 2002 bis 2021 gewann sie das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Unterems - 2013 sogar mit 54,7 Prozent.
Linke-Spitzenkandidatin Reichinnek und ihr jüngster TikTok-Erfolg
Während der Bundestagseinzug über die Zweitstimmen für Middelberg (CDU), Polat (Grüne) und Connemann (CDU) aufgrund ihrer vorderen Listenplätze sehr wahrscheinlich ist, könnte Reichinnek (Linke) trotz erstem Landeslistenplatz scheitern. Um in das Parlament einzuziehen, muss ihre Partei die Fünf-Prozent-Hürde überwinden oder sich drei Direktmandate sichern. Bei der Bundestagswahl 2021 holte die Linke zwar nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen, sie schaffte den Einzug allerdings dank dreier Direktmandate. Nach der jüngsten ARD-Vorwahlumfrage würde die Linke es mit 6 Prozent über die Hürde schaffen. Passiert das tatsächlich so am Wahl-Sonntag? Ihr gutes Ergebnis in der ARD-Vorwahlumfrage dürfte die Linke auch dem jüngsten TikTok-Erfolg ihrer niedersächsischen Spitzenkandidatin zu verdanken haben: Nachdem CDU und CSU Ende Januar einen Antrag für eine schärfere Asylpolitik mit AfD-Stimmen durchgebracht hatten, kritisierte Reichinnek die Union in einer Rede im Bundestag scharf. Ein Video davon erreichte auf TikTok rund sechs Millionen Aufrufe. Die 36-Jährige hat auf TikTok über 503.000 Follower. Zum Vergleich: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz folgen auf der Plattform rund 170.000, CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz rund 56.000 Menschen.
Osnabrück: Für die AfD ein schwieriges Pflaster
Bei der Europawahl 2024 holte die AfD niedersachsenweit in der Stadt Osnabrück am wenigsten Stimmen (7,2 Prozent), bei der Bundestagswahl 2021 erreichte die Partei in dem Wahlkreis 4,6 Prozent der Zweitstimmen. Bleibt die Universitätsstadt auch bei dieser Wahl ein schwieriges Pflaster für die AfD? Im Gegensatz zur AfD waren die Grünen zuletzt deutlich beliebter bei den Osnabrücker Wählerinnen und Wählern: Sowohl bei den Erst- als auch den Zweitstimmen holten die Grünen bei der Bundestagswahl 2021 rund 23 Prozent. Das war das beste Ergebnis von Bündnis 90/Die Grünen im Vergleich zu den anderen drei Wahlkreisen in der Region (Osnabrück-Land, Mittelems, Unterems).
Gavas Kokain-Rückzug: Wie schlägt sich der Nachrücker?
Für Aufsehen sorgte in der Region kurz vor Wahlkampfbeginn ein Eklat bei der SPD: Der ursprüngliche Spitzenkandidat im Wahlkreis Osnabrück-Stadt, der Bundestagsabgeordnete Manuel Gava, zog Ende November überraschend seine erneute Bundestagskandidatur zurück. Später räumte er ein, regelmäßig Kokain konsumiert zu haben. Als neuer SPD-Spitzenkandidat für den Wahlkreis rückte Thomas Vaupel nach, gegen den sich Gava zuvor durchgesetzt hatte. Vaupel hat in den vergangenen sechs Jahren als Referent in der SPD-Bundestagsfraktion gearbeitet. In Osnabrück kannten seinen Namen bis zum Bundestagswahlkampf allerdings eher wenige Bürgerinnen und Bürger.
Interessantes Duell: Vaupel gegen Middelberg
Als politischer Neuling im Wahlkreis Osnabrück-Stadt tritt Vaupel (SPD) unter anderem gegen den niedersächsischen CDU-Spitzenkandidaten Middelberg an. Der Wettbewerb verspricht, spannend zu werden: Bei der vergangenen Bundestagswahl lieferten sich SPD und CDU beim Direktmandat ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Gewonnen hatte dies 2021 der erstmals angetretene SPD-Kandidat Gava. Sein unterlegener Konkurrent war der CDU-Politiker Middelberg, der 2009, 2013 und 2017 das Direktmandat in dem Wahlkreis gewonnen hatte. Setzt sich wie 2021 auch bei dieser Wahl der SPD-Neuling gegen den altbekannten CDU-Politiker durch?
Damme wählt - und feiert Karneval
Nicht weit von Osnabrück entfernt fällt der Termin der vorgezogenen Bundestagswahl auf einen regionalen Höhepunkt: Am 23. Februar zieht in Damme (Landkreis Vechta) der große Fastnachtsumzug durch die Stadt. Wie sich das auf die Wahlbeteiligung in der Stadt auswirkt, bleibt abzuwarten. Es zeichne sich schon jetzt eine deutlich höhere Briefwahlbeteiligung ab, sagte Stadtsprecher Mike Otte rund eine Woche vor der Wahl. Mit 2.574 von 12.655 Wahlberechtigten in Damme wählten bis zum 13. Februar rund 27 Prozent per Brief. Mit einer geringeren Wahlbeteiligung wegen des zeitgleichen Termins mit dem Karnevalsumzug rechnet der Stadtsprecher nicht. Um Störungen zu vermeiden, will die Stadt unter anderem Wahllokale verlegen, die direkt in der Partyzone liegen.
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