Förderung endet 2025: Landwirte erwägen Aus für Biogasanlagen

Stand: 11.11.2024 08:45 Uhr

Nach 20 Jahren läuft die Förderung für Biogasanlagen aus. Für die ersten Betriebe fallen nun die Zuschüsse aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz weg. Landwirte fragen sich: Lohnt sich ein Weiterbetrieb noch?

von Birgit Stamerjohanns

Henning Hohnholt verbringt einen Teil seiner Arbeitszeit nicht im Stall oder auf dem Feld, sondern im Steuerungsraum seiner Biogasanlage. Auf dem Computerbildschirm kann er erkennen, wie viel "Futter" die Anlage gerade bekommt, wie viel Leistung sie bringt. Im Jahr 2005 hat sich der Landwirt aus Twistringen (Landkreis Diepholz) mit drei weiteren Gesellschaftern zusammengetan, um die Biogasanlage zu bauen. Als zweites Standbein neben der klassischen Landwirtschaft habe die Produktion von Biogas lange Zeit gut funktioniert, sagt Hohnholt: "Durch die Förderung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ist die Anlage attraktiv, außerdem haben wir genügend Flächen für den Rohstoffanbau und genügend Gülle, um die Anlage zu füttern."

Biogasanlage in der Landwirtschaft: Ohne Förderung unrentabel

Landwirt Henning Hohnholt. © NDR Foto: Birgit Stamerjohanns
Landwirt Henning Hohnholt hat seit 2005 eine Biogasanlage. Ohne die Förderung des Bundes sei sie kaum noch rentabel.

Landwirte wie Henning Hohnholt bekommen rund 23 Cent pro Kilowattstunde Strom, den sie einspeisen. Aber: Im kommenden Jahr läuft die Förderung nach 20 Jahren aus. Dann würde die Anlage nur noch rund sieben Cent pro Kilowattstunde abwerfen - völlig unrentabel, sagen die Eigentümer. Schließlich werden die Anlagen zu einem großen Teil mit Mais betrieben, der angebaut und verarbeitet werden muss, dazu kommen Wartungskosten.

Landwirt im Landkreis Diepholz: Güllelager statt Biogas?

Landwirt Hohnholt und seine Kollegen überlegen, ihre Anlage im kommenden Jahr abzuschalten und die Behälter als Güllelager zu nutzen. Zwar könnten sich die Gesellschafter an Ausschreibungen der Bundesnetzagentur beteiligen. Diese seien aber massiv überzeichnet, sagt Klaus Hillmann, der rund 60 Anlagenbetreiber im Landkreis Diepholz berät. Schon bei den vergangenen beiden Ausschreibungsrunden waren die Landwirte aus Twistringen mit ihrer Anlage nicht berücksichtigt worden.

Energie durch Biomethan oder Wasserstoff

Eine landwirtschaftliche Maschine steht neben einer Biogasanlage. © NDR Foto: Birgit Stamerjohanns
Eine Alternative zur Energiegewinnung mit Biogas könnte Biomethan oder Wasserstoff sein.

Gerd Hespe-Meyer aus Wildeshausen (Landkreis Oldenburg) hatte mehr Glück: Er hat noch einmal einen Zuschlag für zehn weitere Jahre bekommen. Allerdings nicht mehr für 23, sondern lediglich für 16,7 Cent pro Kilowattstunde. "Wenn dabei eine schwarze Null herauskommt, bin ich schon glücklich", sagt er. Mit benachbarten Betrieben überlegt er, in Zukunft Biomethan oder Wasserstoff zu produzieren und die Stadt Wildeshausen mit Energie zu versorgen. Allerdings rechnet er allein für seine Anlage mit Investitionen von rund sieben Millionen Euro. Ob er für das Vorhaben einen Kredit bekäme? Fraglich.

"Vermaisung" der Landschaft

Umweltverbände wie BUND und NABU sehen den Beitrag von Biogasanlagen zur zuverlässigen Energieversorgung positiv, kritisieren allerdings den starken Anstieg des Maisanbaus. "Eine sogenannte 'Vermaisung', zum Beispiel im Landkreis Rotenburg/Wümme mit über 50 Prozent Maisanbau, hat katastrophale Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere, auf Böden, Grund- und Fließgewässer, Landschaftsbild und Naherholung", heißt es vom NABU Niedersachsen. Auch Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) von den Grünen fordert, die Nutzung von Abfall- und Reststoffen aus landwirtschaftlicher Erzeugung zu forcieren und die Nutzung von Energiepflanzen zu reduzieren. Tatsächlich wird der seit 2012 geltende "Maisdeckel" noch kleiner: Dürfen Biogasanlagen derzeit noch zu 40 Prozent mit Maishäcksel "gefüttert" werden, sind es ab 2026 nur noch 30 Prozent.

 

Weitere Informationen
Eine Luftaufnahme zweier Windräder in einem Rapsfeld. © fotolia / Tim Siegert batcam Foto: Tim Siegert

Strommix Deutschland: Wie hoch ist der Anteil erneuerbarer Energien?

Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen kommen. Der Weg dahin wird eine Herausforderung. mehr

Obstbauer Milan Lohse steht vor seiner Biogasanlage. © NDR Foto: Helmut Eickhoff

Obstbauer in Nienhagen beheizt ganzes Dorf mit Biogasanlage

Die Anlage kann Gewächshäuser heizen, Holzspäne trocknen und hat auch noch genug Wärme für fast alle Häuser im Dorf übrig. mehr

Zwei Windräder stehen vor blauem Himmel. © picture alliance / imageBROKER Foto: Siegfried Kuttig

Niedersachsen deckt Stromverbrauch über erneuerbare Energien

Der Anteil erneuerbarer Energie liegt rechnerisch erstmals über 100 Prozent. Das Land will Windkraft weiter ausbauen. mehr

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 11.11.2024 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Energie

Landwirtschaft

Mehr Nachrichten aus der Region

Ein Einsatzfahrzeug der Autobahnpolizei fährt mit eingeschaltetem Blaulicht auf einer dreispurigen Autobahn. © NDR Foto: Julius Matuschik

Betrunkener Lkw-Fahrer sorgt für Verkehrschaos am Bremer Kreuz

Der Lkw kollidierte mit einem weiteren Lastwagen, Leitplanken und einem Auto. Ein Hubschrauber musste den Fahrer stoppen. mehr

Aktuelle Videos aus Niedersachsen