Bundesgerichtshof bestätigt Haftstrafe für IS-Rückkehrerin
Der Bundesgerichtshof hat die Haftstrafe von 14 Jahren gegen Jennifer W. wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestätigt. Sie hatte im Irak zugesehen, wie in ihrem Hof ein versklavtes jesidisches Kind starb.
Nach dem am Mittwoch bekannt gegebenen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) ist das vorangegangene Urteil des Münchner Oberlandesgerichts rechtskräftig. Der BGH wies die Revision von Jennifer W. als "offensichtlich unbegründet" zurück. Die aus Lohne im Landkreis Vechta stammende W. hatte laut dem Münchner Urteil tatenlos dabei zugesehen, wie ihr damaliger Mann ein versklavtes, fünf Jahre altes Mädchen im Irak bei großer Hitze in praller Sonne an ein Fenstergitter band. Dort starb das Kind qualvoll. W. habe trotz der von ihr erkannten Todesgefahr für das Kind nichts getan und es sterben lassen, urteilte die Kammer.
Mann von W. kaufte jesidische Sklavin mit Tochter beim IS
Nach Überzeugung der Richter reiste W. im Alter von 23 Jahren in das damalige Herrschaftsgebiet der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) aus. Dort lebte sie seit 2014 mit ihrem damaligen Ehemann, der ebenfalls für den IS tätig war. Dieser hatte kurz zuvor eine von den Terroristen gefangen genommene jesidische Frau und deren fünfjährige Tochter als Sklavinnen gekauft. Die Jesidin musste im Haushalt des Paares im Irak Sklavenarbeit verrichten. Sie wurde von dem Mann - teilweise auch nach Beschwerden von W. - misshandelt, so das Oberlandesgericht (OLG). Im August 2015 band der Mann das Mädchen demnach im Hof des gemeinsamen Wohnhauses an und ließ es sterben.
W. zwang Mutter mit Pistole, nicht mehr um Tochter zu weinen
Erschwerend wog nach Einschätzung des OLG das Verhalten von W. nach der Tat. So hielt sie der weiterhin versklavten Mutter des Mädchens eine Pistole an den Kopf und drohte ihr mit Erschießung, falls sie nicht aufhöre, um ihr ermordetes Kind zu weinen.
Bundesanwaltschaft pochte auf höhere Strafe für W.
W. war 2021 in einem ersten Prozess wegen dieses Verbrechens sowie wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vom OLG zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Dabei wurde als Einzelstrafe für den Tod des Mädchens eine neunjährige Gefängnisstrafe verhängt. Das Gericht nahm jedoch nur einen minderschweren Fall an. Deshalb ging die Bundesanwaltschaft in Revision. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil zu diesem Anklagepunkt daraufhin wegen Rechtsfehlern auf.
Zweites Urteil geht nicht von minderschwerem Fall aus
In einem zweiten Verfahren schloss das Gericht einen minderschweren Fall aus und verhängte eine höhere Strafe. In den Augen des zuständigen Senats spielte dabei "die menschenverachtende Handlungsmotivation" der Beschuldigten eine Rolle. W. erhielt eine Einzelstrafe von 13 Jahren Haft nach dem Völkerstrafgesetzbuch. Es ahndet Völkermord sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Kriegen. Dazu kam die bereits rechtskräftig gewordene Einzelstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung. Aus beiden Einzelstrafen bildete das OLG eine Gesamtstrafe von 14 Jahren Haft. Dagegen ging W. in Revision.
Mann von W. zu lebenslanger Haft verurteilt
Wie der BGH nun mitteilte, ergab die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil von W.. Das OLG habe rechtsfehlerfrei dargelegt, dass kein minderschwerer Fall vorgelegen habe. Der erste Prozess gegen W. war seinerzeit der erste gegen eine sogenannte IS-Rückkehrerin in Deutschland. Auch ihr Mann stand in Deutschland wegen des Todes des jesidischen Mädchens vor Gericht. Ende 2021 verurteilte ihn das OLG Frankfurt am Main wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit Todesfolge zu lebenslanger Haft.