Stand: 29.01.2019 12:30 Uhr

Aurich: Migranten werden zu Erste-Hilfe-Trainern

von Frank Jakobs

Erste Hilfe sollte jeder leisten können. Schließlich kann immer etwas passieren, egal ob beim Sport, im Haushalt oder im Straßenverkehr. Erste-Hilfe-Kurse werden oft von Trainern durchgeführt, die bei Hilfsorganisationen tätig sind. Die Johanniter bieten nun erstmalig Lehrgänge zum Erste-Hilfe-Trainer für Migranten an. Ein Pilotprojekt in Niedersachsen, das zum einen bei der Integration helfen soll und zum anderen den Johannitern Nachwuchs beschert. Die "NDR Info Perspektiven" haben sich das Projekt erklären lassen.

Eine junge Frau mit Kopftuch übt die Herzdruckmassage an einer Puppe. © Anette Thanheiser/Johanniter Foto: Anette Thanheiser
In einem der Kurse für Erste-Hilfe-Trainer übt eine junge Frau die Herzdruckmassage an einer Puppe.

In einem Seminarraum sitzen mehrere Männer und Frauen und hören Anja Winkler zu. Sie ist Erste-Hilfe-Trainerin bei den Johannitern in Aurich in Ostfriesland. Auf einem großen Schaubild ist der menschliche Blutkreislauf zu sehen. Winkler geht die einzelnen Stationen durch. Die Teilnehmer hier werden zu Erste-Hilfe-Trainern ausgebildet. Sie sollen später selber Erste-Hilfe-Kurse geben und anderen beibringen, wie sie verletzte Menschen versorgen - und wie sie sich in Notsituationen verhalten sollen. Unter den Teilnehmern ist auch Hamad. Der 25-Jährige kommt aus Eritrea. "Ich möchte zuerst einmal Kontakt mit Menschen haben und ihnen helfen. Gleichzeitig möchte ich auch mein Deutsch verbessern. Und später möchte ich vielleicht versuchen, eine Ausbildung als Krankenpfleger zu machen."

Johanniter setzen auf Migranten

Auch Walid aus Syrien will etwas Sinnvolles machen und nimmt an diesem Kurs teil. Es gefalle ihm sehr, sagt er, es sei sehr interessant. Neben der Theorie gibt es immer wieder praktische Übungen. Jetzt müssen Walid und Hamad Blutdruck messen. Dazu gehört auch, die Manschette anzulegen, zu pumpen, den Puls zu fühlen und Werte abzulesen. Heute sind insgesamt vier Migranten im Kurs. Sie sind Teil des bundesweiten Pilotprojekts Erste Hilfe ohne Grenzen 2.0, sagt Helene Frieden. Sie ist Integrationsbeauftragte des Johanniter-Regionalverbands Weser-Ems. "Hier geht es darum, dass wir die Menschen zu Erste-Hilfe-Trainern ausbilden, damit sie bei uns mitarbeiten können, dass sie Teil des Verbandes werden. Ein Ansatz muss ganz klar für uns sein: Wir möchten als Johanniter die Realität widerspiegeln. In Deutschland hat mittlerweile jeder fünfte Mensch einen Migrationshintergrund."

Sprache ist wichtig

Gestartet ist das Projekt in Aurich, Oldenburg und Osnabrück mit 30 Migranten, die sich zu Erste-Hilfe-Trainern ausbilden lassen. Die Johanniter haben sich die Teilnehmer gezielt in Unterkünften oder Sprachkursen gesucht, sagt Frieden. "Um Menschen zu Erste-Hilfe-Trainern auszubilden, ist die Sprachkompetenz wichtig. Und da schauen wir, dass wir Menschen finden, die schon sehr gut Deutsch sprechen oder ein gewisses Potential mitbringen."

Zwei junge Frauen und ein junger Mann posieren mit angelegten Kopf-Verbänden für ein Foto. © Anette Thanheiser/Johanniter Foto: Anette Thanheiser
AUDIO: Die Johanniter bilden Migranten zu Erste-Hilfe-Trainern aus (3 Min)

Und später vielleicht Notfallsanitäter

Für die Teilnehmer ist das Projekt kostenlos. Finanziert werde es durch Spenden, so Frieden. Wenn Walid und Hamad nach einem Jahr fertige Erste-Hilfe-Trainer sind, können sie weitere Kurse machen und später sogar hauptamtliche Notfallsanitäter werden. Auch andere Verbände der Johanniter schauen gespannt in den Nordwesten. Helene Frieden ist überzeugt, dass dieses Projekt Schule machen wird. "Generell ist es so, dass viele, genauso wie ich, davon überzeugt sind, dass wir auf dem richtigen Weg sind, um Integration auch wirklich leisten zu können", sagt sie optimistisch.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Perspektiven - auf der Suche nach Lösungen | 30.01.2019 | 07:38 Uhr

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