30.000 Follower: Blinder Landwirt gibt Einblicke als Influencer
Landwirt Axel Duensing ist blind und arbeitet im Familienbetrieb in Holste-Hellingst (Landkreis Osterholz). In den sozialen Medien folgen dem Landwirt knapp 30.000 Menschen.
"Moin, ich bin’s Axel, euer blinder Landwirt aus Norddeutschland - ihr habt euch bestimmt gefragt, warum ich eine Bank im Stall stehen habe" - mit diesen Worten startet Duensings meistgeklicktes Video. Es hat inzwischen knapp 2 Millionen Aufrufe. Darin erklärt der 33-Jährige, wie er bei einer Pause auf seiner Stallbank die Gesundheit seiner Tiere sicherstellt - aktuell zwei Kälber, zwei Pferde, dreizehn Schafe und dreizehn Hühner.
Gehör verschafft blindem Landwirt Vorteile
Duensing, der auf Instagram den Kanal leidenschaftfuerlandwirtschaft betreibt, verlässt sich bei seiner Arbeit vor allem auf seinen Gehörsinn. Einige Probleme erkennt er noch vor seinen sehenden Familienmitgliedern. Schubbern seine Schafe sich übermäßig viel? Haben die Kälber einen rasselnden Atem? Stimmt mit der Verdauung etwas nicht? Als blinder Landwirt hört er genau hin und kann Gesundheitsproblemen begegnen, bevor sie akut werden.
33-Jähriger mit Erbkrankheit geboren
Duensing wurde mit einer Erbkrankheit geboren. Im Verlauf seines Lebens erblindete er. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, ökologische Landwirtschaft zu studieren. Sein Vater war zunächst skeptisch, ob dieser Weg der richtige für seinen Sohn ist - auch, weil er die Herausforderungen für blinde Landwirte von seinem eigenen Vater kannte. Denn der Opa von Duensing litt an der gleichen Erbkrankheit und leitete den Betrieb Mitte des vergangenen Jahrhunderts blind.
"Landwirtschaft und Inklusion passen super zusammen"
Duensing interessiert sich besonders für alternative Konzepte in der Branche. Der junge Landwirt will neue Wege gehen - soziale und ökologische Aspekte vereinen: "Landwirtschaft und Inklusion passen super zusammen, wenn man Landwirtschaft in den richtigen Maßstäben und in den richtigen Prozessen denkt." In der konventionellen Landwirtschaft seien etwa große Maschinen und der ständige Druck, wirtschaftlich arbeiten zu müssen, Hürden für Menschen mit Behinderung. Mit ökologischen Ansätzen sei das jedoch auch anders möglich - mit mehr Ruhe und Rücksicht.
Technik hilft im Alltag
Aktuell probiert Duensing sich auf einem kleineren Teil des Familienbetriebs aus. Der größere Teil ist weiterhin für konventionelle Landwirtschaft verpachtet. Technische Hilfsmittel wie eine sprechende Futterwaage oder Apps auf dem Smartphone erleichtern ihm den Alltag. Mit einer Anwendung zur Texterkennung kann er sich die Beschriftungen der Futtermittel vorlesen lassen. Lässt er beim Weidezaunbau im Sommer ein Zaunteil auf der Weide liegen, sagt ihm sein Handy an, wo er danach suchen muss. Dank der Vorlese-Funktion auf dem Smartphone bleibt er mit seiner Community auf Instagram in Kontakt, liest und beantwortet Kommentare.
Unterstützung kommt von der Familie
Auf dem Hof packen alle zusammen an. Braucht es den Einsatz von Traktoren oder anderen großen Maschinen, sind Axels Vater oder seine Frau zur Stelle. Teamwork habe hier oberste Priorität. "Wir machen es nicht, weil ich nicht gucken kann, wir machen es, weil wir ein Familienbetrieb sind", sagt Duensing.
Ehefrau unterstützt auf Instagram
Seine Frau Britta Duensing hat ihn von Anfang an unterstützt. Sie arbeitet als Grundschullehrerin. Gemeinsam produzieren sie die Videos für die sozialen Medien. Axel und Britta wollen ihre Berufungen vereinen. Schon bald soll hier die erste Grundschulklasse für eine Projektwoche kommen: Um Landwirtschaft mit allen Sinnen kennenzulernen.
