Wolfsburg: "Stadtteilmütter" helfen Migrantinnen beim Jobeinstieg
In ihren Heimatländern waren sie Lehrerin, Bürokauffrau oder Krankenschwester. In Wolfsburg arbeiten 25 Frauen aus sieben Ländern jetzt hart an ihrer beruflichen Perspektive in Deutschland.
Eine von ihnen ist Layla Muhammed. Die 26-jährige Syrerin ist seit neun Jahren in Deutschland und Mutter von zwei kleinen Kindern. Sie möchte ihr Deutsch verbessern und eine Ausbildung anfangen. Ohne das Projekt wäre das nicht so einfach möglich, sagt sie. Ihr und auch den anderen Müttern fehlen die Kontakte oder mitunter auch das Wissen, wo sie Ansprechpersonen finden. Das Projekt "Stadtteilmütter" der Stadt Wolfsburg will das ändern. Layla Muhammed und die anderen Teilnehmerinnen besuchen eine zehnmonatige Schulung. Dort bekommen sie pädagogische Inhalte vermittelt oder lernen Bildungsangebote kennen.
Erstmals Erfahrungen im Beruf
Neben Vorträgen und Gesprächsrunden besuchen die Teilnehmerinnen auch Ämter oder Einrichtungen in Wolfsburg. Der diesjährige Jahrgang der Stadtteilmütter arbeitet darüber hinaus zum ersten Mal mit Arbeitgebern zusammen, erklärt die Leiterin des Projekts Zahra Abbassi. Layla Muhammed unterstützt einmal pro Woche das offene Kinder- und Familienhaus Westhagen in Wolfsburg. Sie bietet dort ein Sprachcafé an. Ein weiterer Aspekt des Projekts: konsequent Deutsch lernen. Muhammed erzählt, dass sie sich mit den anderen Stadtteilmüttern nicht in ihren Muttersprachen unterhalten dürfe. Das sei manchmal gar nicht so einfach, aber bei schwierigen Wörtern helfen sich alle gegenseitig. "Wir sind wie eine Familie hier," sagt Muhammed.
Kinderbetreuung inklusive
Für diejenigen, deren Kinder noch nicht in die Schule gehen, bietet die Stadt Wolfsburg eine kostenlose Kinderbetreuung an. "Wir haben eine Kollegin, eine ehemalige Stadtteilmutter sogar. Sie ist für die Kinderbetreuung zuständig," erklärt Zahra Abbassi. Laut dem niedersächsischen Flüchtlingsrat sind solche Kurse, die mit einer Kinderbetreuung verbunden sind oder auf die Zeiten für Erziehung Rücksicht nehmen, nicht ausreichend vorhanden. Bestehende Beratungsangebote für geflüchtete Frauen, wie z.B. das Projekt "Mein Weg in Deutschland", sollten demnach ausgebaut und langfristig angeboten werden.
Geflüchtete Frauen seltener erwerbstätig als Männer
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat untersucht, wie erfolgreich Geflüchtete in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Von den Frauen, die wie Layla Muhammed 2015 nach Deutschland gekommen sind, haben 31 Prozent einen Job. Der Anteil der Männer ist deutlich höher: er liegt bei 75 Prozent. Um die strukturellen Hürden für Migrantinnen abzubauen, empfiehlt der niedersächsische Flüchtlingsrat:
- Aufklärung: Frauen frühzeitig über Rechte, Pflichten und Ressourcen aufklären und ihnen Informationen zum Bildungs- und Arbeitsmarktsystem in Deutschland zugänglich machen.
- Zusammenarbeit: Alle Beteiligten, zum Beispiel auch lokale Behörden, arbeiten verpflichtend zusammen
- Finanzielle Förderung: Maßnahmen, die Familie und Beruf vereinbar machen oder bei der Traumabewältigung helfen
- Sensibilisierung: Auch Arbeitgeber und Personalverantwortliche sollen auf die Herausforderungen und Bedürfnisse dieser Gruppe aufmerksam gemacht werden
Die Schulung ermöglichte ihr ein Studium
Die Stadtteilmütter-Schulung bietet die Stadt Wolfsburg bereits zum 15. Mal an. Zahra Abbassi, die heute das Projekt leitet, ist selbst eine Stadtteilmutter. Sie hat 2014 die Schulung besucht. Es war ihr erster Schritt in die Berufswelt, erzählt sie. "Ich wollte gerne immer auch Kontakt zu anderen Leuten. Ich war interessiert daran, mich in verschiedenen Bereichen weiterzuentwickeln," so Abbassi. Nach der Schulung studierte sie soziale Arbeit und arbeitete in verschiedenen Projekten der Stadt Wolfsburg mit. Seit 2022 leitet sie das Projekt Stadtteilmütter und kümmert sich auch darum, Kontakt zu den ehemaligen Teilnehmerinnen zu halten. Zwei Mal pro Jahr organisiert sie Netzwerk-Treffen, bei denen sich die ehemaligen mit den neuen Stadtteilmüttern austauschen können.