"Kuhle" Therapie: Entspannung durch Kuhkuscheln in Dransfeld
Sanfte Riesen als Seelentröster: Auf dem Flütjerhof in Dransfeld (Landkreis Göttingen) erleben Besucher Entspannung und Stressabbau durch Kuhkuscheln.
"Die ist so weich wie mein Kaninchen", flüstert die siebenjährige Clara. Sie sitzt im Stall des Flütjerhofs in Dransfeld, eingebettet in weiches Stroh, und streichelt vorsichtig den Kopf der 400 Kilo schweren Kuh "Nikki". Der Rinderdame gefällt das sichtlich gut: Sie kaut gemächlich vor sich hin, ihre Augen sind halb geschlossen. "Nikki" ist eine von fünf Kühen auf dem Hof von Maren Cuckson, die hier eine ganz besondere Therapieform anbietet: Kuhkuscheln.
Eine Umarmung, die beruhigt: Kühe als Seelentröster
"In erster Linie geht es um den Kontakt mit den Kühen", erzählt Maren Cuckson. Sie hat den Hof vor 15 Jahren aufgebaut, seit fünf Jahren bietet sie die besonderen Begegnungen mit Kühen an. "Die Menschen sollen sich den Tieren langsam nähern und sie erst einmal kennenlernen." Dabei sei Ruhe das oberste Gebot: "Kühe nehmen ihre Umgebung anders wahr als wir. Sie erkennen nur etwa 60 Bilder pro Sekunde, schnelle Bewegungen wirken daher ruckartig auf sie." Nur wer sich ruhig und respektvoll nähert, kann eine echte Verbindung zu den Tieren aufbauen. "Und wenn eine Kuh sich dann hinlegt und entspannt, weiß man: Sie fühlt sich wohl und vertraut einem."
Kuscheln gegen Ängste: Die Kraft der Tiertherapie
Das Kuhkuscheln ist für jeden geeignet, der Lust auf eine besondere Begegnung mit den Tieren hat. Ein Tag im Stall kostet 22 Euro - für viele ist es mehr als ein Bauernhof-Besuch. "Jeder, der zu uns kommt, bringt seine eigene Geschichte mit", erklärt Cuckson. Viele Besucher leiden unter Stress, Angststörungen oder Depressionen. "Ich arbeite häufig mit Menschen, die Traumata erlebt haben. Die Begegnung mit den Kühen bietet ihnen einen geschützten Raum, um sich zu öffnen und loszulassen." Besonders bewegend war für Cuckson eine Begegnung mit vier geflüchteten Kindern aus Syrien: "Am Anfang waren sie ganz still, fast ängstlich. Doch nach einer Weile fassten sie Vertrauen, begannen, die Kühe zu streicheln und setzten sich zu ihnen. Am Ende des Tages strahlten sie vor Freude. Die Kühe nehmen dich so, wie du bist. Das macht diese Erfahrung so wertvoll."
Kuscheln heilt - nicht nur Menschen, sondern auch Kühe
Die Begegnungen sind jedoch nicht nur für die Menschen heilsam. "Unsere Kühe genießen die Streicheleinheiten mindestens genauso", sagt Cuckson. Viele der Tiere stammen aus schlechter Haltung, wurden vernachlässigt oder misshandelt. Auf dem Bauernhof in Dransfeld erleben sie zum ersten Mal echte Zuwendung und Fürsorge. "Man merkt, wie sie sich entspannen und Vertrauen fassen. Das macht diese Arbeit so besonders."
Vom Kuhkuscheln zur Kutschfahrt: Zukunftspläne für den Flütjerhof
Das Kuhkuscheln als tiergestützte Therapie wird immer beliebter. Auch andere Bauernhöfe in Niedersachsen bieten den "kuhlen Kuhkontakt" an. Auf Maren Cucksons Hof leben neben den fünf Kühen auch fünf Pferde, mehrere Katzen und ein Hund - alle aus schwierigen Verhältnissen gerettet. "Mehr Tiere kann ich momentan nicht aufnehmen, dafür fehlt einfach die Zeit."
Doch Cuckson hat große Pläne: "Ich möchte das Angebot weiter ausbauen und noch mehr Menschen eine Begegnung mit unseren Tieren ermöglichen." Und auch eine Kutsche stehe bereit: "Wenn die Kühe Lust haben, sie zu ziehen, können wir hier vielleicht bald auch Ausfahrten anbieten."
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