Tödlicher Treppensturz in Uelzen: 19-Jähriger muss in Psychiatrie
Im Sicherungsverfahren gegen einen 19-Jährigen hat das Landgericht Lüneburg am Montag ein Urteil gefällt. Demnach ist der Beschuldigte verantwortlich für den tödlichen Treppensturz eines Mannes am Bahnhof Uelzen.
Der 19-Jährige soll nun dauerhaft in ein psychiatrisches Krankenhaus kommen. Damit folgte die Jugendkammer des Lüneburger Landgerichts in ihrer Entscheidung der Forderung von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung. Das Gericht geht davon aus, dass der 19-Jährige eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt und weitere Straftaten von ihm zu befürchten sind. In der Psychiatrie werde jährlich überprüft, ob dies weiterhin der Fall ist, sagte ein Gerichtssprecher. Aber die Dauer des Aufenthalts in der geschlossenen Anstalt könne sehr lang sein.
Richterin: "Er hat den Tod billigend in Kauf genommen"
"Es handelte sich um ein sehr tragisches Geschehen", sagte die Vorsitzende Richterin Silja Precht am Montag. "Er hat den Tod billigend in Kauf genommen." Der Beschuldigte verfolgte die Urteilsverkündung regungslos und mit stoischem Blick. Er wurde nach Erwachsenenstrafrecht wegen Raubes mit Todesfolge verurteilt. Der junge Mann sei aber wegen seiner psychischen Probleme nicht im klassischen Sinn zu bestrafen, so Precht. Bei der Tat habe der 19-Jährige unter Wahnvorstellungen gehandelt und sei nicht steuerungsfähig gewesen.
Beschuldigter leidet wohl an Schizophrenie
Ein Gutachter war im Verfahren zu dem Schluss gekommen, dass der Mann wahrscheinlich an einer psychischen Erkrankung aus dem "schizophrenen Formenkreis, möglicherweise ausgelöst durch Drogenkonsum" leidet. Die Vorsitzende Richteirn ergänzte am Montag: "Er behauptet, eine frühere Freundin habe ihn verhext." Er habe dem Gutachter von Menschen mit verschiedenen Gesichtern und einem Metallstift im Bauch berichtet, über den er kommuniziere. Außerdem hat er nach Angaben der Richterin regelmäßig Betäubungsmittel wie Hasch oder Marihuana konsumiert. Letztlich aber stünde man vor dem Dilemma, so der Gutachter im Verfahren, das irrationale Denken und Handeln im Wahn rational erklären zu wollen.
Motiv nicht geklärt
Die Frage nach dem Motiv konnte das Verfahren nicht abschließend beantworten. Der Beschuldigte schwieg. Auch auf seine Möglichkeit des letzten Wortes verzichtete er. Die Staatsanwaltschaft geht aber davon aus, dass der Beschuldigte das Handy des Opfers haben wollte. Dieses hatte er nach dem tödlichen Sturz des 55-Jährigen an sich genommen. Unklar blieb zudem das genaue Alter des Beschuldigten. Zuletzt war ein Reisedokument aufgetaucht, nach dem er nicht im Jahr 2005, sondern im Jahr 2000 geboren worden war.
Einigkeit bei den Plädoyers
Sowohl der Staatsanwalt als auch der Anwalt der Nebenkläger und der Verteidiger des Beschuldigten hielten den 19-Jährigen für schuldunfähig und hatten im Verfahren für eine Unterbringung in einer geschlossenen Psychiatrie plädiert. Tenor aller Schlussausführungen: Diese Tat hätte jeden treffen können. Staatsanwalt Konstantin Paus hob noch einmal die besondere Tragik dieses Falls hervor: "Das Opfer hätte eigentlich schon in Lüneburg aussteigen sollen, hatte den Halt aber wohl verschlafen und stand dann mit seinem Handy auf der Treppe am Bahnhof in Uelzen, um mutmaßlich die nächsten Verbindungen zu suchen."
Augenzeugin bestätigte Tathergang
"Eine Bahnmitarbeiterin hat das größte Puzzlestück in diesem Verfahren geliefert", sagte Staatsanwalt Paus. Die Frau hatte geschildert, wie sie auf dem betreffenden Bahnsteig in der Nacht zum 14. Juli 2024 eine Pause gemacht hatte. Dabei sei der Beschuldigte zunächst "fröhlich hüpfend" an ihr vorbei gekommen, wenig später habe sie ihn dann in der Nähe der Treppe gesehen. Dort habe er immer wieder über die Mauer auf die Stufen geschaut. Kurz darauf sei er losgerannt und habe einem auf der Treppe stehenden Mann gegen die Brust getreten. Das 55-jährige Opfer war noch vor Ort an seinen schweren Kopfverletzungen gestorben.
Beschuldigter war polizeilich bekannt
Der Beschuldigte war bereits im Vorfeld der Tat mehrfach polizeilich aufgefallen, vorübergehend sogar in Gewahrsam genommen worden. So soll er unter anderem eine Handtasche gestohlen und einer Person ins Gesicht geschlagen haben. Das Urteil in dem Sicherungsverfahren ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger des Beschuldigten ließ am Montag offen, ob er Revision einlegen werde.
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