Verfahren um tödlichen Treppensturz in Uelzen: Beschuldigter schweigt
Am Landgericht Lüneburg hat am Freitag das Verfahren gegen einen 19-Jährigen begonnen, der am Bahnhof Uelzen einen Mann eine Treppe hinuntergestoßen haben soll. Das Opfer starb an seinen Verletzungen.
Zum Auftakt des sogenannten Sicherungsverfahrens, das vor der 5. Großen Jugendkammer des Landgerichts stattfindet, hat der Beschuldigte auf eine Aussage verzichtet. Er habe zu den Vorwürfen bislang geschwiegen, teilte ein Gerichtssprecher mit. Der 19-Jährige, dessen Hände während der Verhandlung mit Handschellen fixiert waren, wirkte äußerlich ruhig. Sein Gesicht versteckte er vor den zahlreichen Fernsehkameras und Fotografen mit einer Mappe. Zum ersten Verhandlungstermin waren vier Zeugen geladen, darunter ein Polizist.
Beschuldigter wollte offenbar Handy des Opfers stehlen
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten Mord aus Habgier in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge vor. Demnach soll er im Juli 2024 dem 55-jährigen Opfer in einem Treppenaufgang des Bahnhofs Uelzen mit Wucht gegen den Brustkorb getreten haben. Dadurch sei der Mann die Treppe hinuntergestürzt, habe sich massive Verletzungen am Kopf zugezogen und sei noch am Tatort gestorben. Das Motiv des Beschuldigten war laut Staatsanwaltschaft, das Handy des Mannes zu stehlen. Nach dem Sturz des 55-Jährigen habe er dessen Handy an sich genommen.
Zeugen sagen vor Gericht aus
Diesen Tathergang bestätigten am Freitag zwei Zeugen In ihren Aussagen. Demnach sei der Beschuldigte nach der Tat über die Gleise zu einem anderen Bahnsteig gegangen und habe das gestohlene Handy an der Bahnsteigkante weggelegt. Scheinbar, so einer der Zeugen, habe er es nicht mehr bei sich haben wollen. Ein weiterer Zeuge beschrieb, wie nach der Tat ein Reisender den 19-Jährigen festhielt. Dieser habe sich nicht gewehrt, keinerlei aggressives Verhalten gezeigt und sich einfach ergeben, so der Zeuge. Ein Polizist sagte aus, dass der Beschuldigte am Tag vor der Tat eine Gruppe Frauen am Bahnhof belästigt haben soll. Nur wenige Stunden vor der Tat sei er aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.
Beschuldigter laut Gutachten möglicherweise psychisch krank
Der 19-Jährige gilt vor dem Landgericht Lüneburg nicht als Angeklagter, weil es sich nicht um einen Prozess, sondern ein Sicherungsverfahren handelt. Die Jugendkammer soll klären, ob der junge Mann in eine geschlossene Einrichtung eingewiesen wird. Ein psychiatrisches Gutachten hatte ergeben, dass er wegen einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht seiner Tat zu erkennen und danach zu handeln, heißt es vom Landgericht. Sollte sich in der Verhandlung bestätigen, dass der Mann tatsächlich psychisch krank sei, gehe es um die Einweisung in den Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus für unbestimmte Zeit. "Das kann viele Jahre und unter Umständen länger dauern als die Verbüßung einer Freiheitsstrafe", erklärte der Gerichtssprecher.
Gefahr für die Allgemeinheit
Im weiteren Verfahren soll ein psychiatrischer Sachverständiger aussagen. Er soll beurteilen, ob beziehungsweise inwiefern der aus Marokko stammende Beschuldigte aufgrund seiner Fluchtgeschichte traumatisiert und seines Drogenkonsums beeinträchtigt ist. Der Mann ist laut Gericht derzeit in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht, weil er für die Allgemeinheit als Gefahr gilt. Für das Verfahren sind sieben weitere Verhandlungstage festgesetzt. Ein Urteil wird für Anfang bis Mitte Februar erwartet.