Atommüll: Umwandlung in weniger schädliche Stoffe wohl möglich
Eine spezielle Anlage könnte laut einer aktuellen Studie hochradioaktive Abfälle in deutlich weniger schädliche Elemente umwandeln. Als Standort käme auch Gorleben infrage. An der Umsetzbarkeit gibt es jedoch Zweifel.
Die Studie haben Experten der TU München und des TÜV erstellt, im Auftrag der Bundesagentur für Sprunginnovationen in Leipzig (SPRIND). Es sollte untersucht werden, ob die Umwandlung hochradioaktiver Abfälle technisch machbar ist und sich rechnet. Die Experten gehen in ihrem Szenario davon aus, dass eine sogenannte Transmutationsanlage zum Einsatz kommt - die an einem der 16 Zwischenlager für Atommüll in Deutschland entstehen könnte. Auch das zentrale Zwischenlager in Gorleben wäre demnach ein möglicher Standort. Für ihr Szenario bezogen sich die Experten auf eine Anlage des Schweizer Start-ups Transmutex aus Genf, die allerdings noch nicht auf dem Markt ist. Das Unternehmen rechnet mit der Marktreife und Inbetriebnahme in etwa zehn Jahren.
Bundesamt reagiert mit Vorbehalt
Hochradioaktive Abfälle so umwandeln, dass ein tiefengeologisches Endlager überflüssig wird - das klinge zunächst verlockend, teilte das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) am Montag mit. Die Idee dieser Studie sei nicht neu. "Eine Umsetzbarkeit dieser Behauptung sieht das BASE nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen jedoch nicht", hieß es in einer Stellungnahme. Die Anlage aus der Studie sieht demnach drei Komponenten vor: einen Teilchenbeschleuniger, eine nukleare Wiederaufarbeitungsanlage und einen neuartigen Kernreaktor. Es existiere aber noch keine dieser Komponenten. Die für eine erfolgreiche Realisierung notwendigen technologischen Entwicklungen befinden sich nach Angaben der BASE auf dem Niveau von Papier- oder maximal Laborstudien.
Prozess soll wertvolle Metalle zurückbringen
Laut der Studie werden bei der Transmutation die Atomkerne alter Brennstäbe mit Neutronen beschossen. Dabei sollen die Kerne in weniger gefährliche Elemente zerfallen, mit geringerer Strahlungsintensität und kürzerer Strahlungsdauer. Auch wertvolle Materialien aus abgebrannten Brennelementen sollen bei dem Prozess zurückgewonnen werden können - etwa Uran sowie die wertvollen Edelmetalle Rhodium und Ruthenium, die in verschiedenen Industriezweigen benötigt werden. Ebenso könnten die Elemente Cäsium und Strontium gewonnen werden. Sie dienen unter anderem als sogenannte Radioisotope in der Medizin und Forschung. Bei dem Prozess entsteht außerdem viel Hitze, die in Fernwärme-Netze eingespeist werden könnte, so das Ergebnis der Studie.
Milliarden-Euro-Anlage wäre "hochrentabel"
Rund 1,5 Milliarden Euro würde solch eine Transmutationsanlage nach Angaben der SPRIND kosten, dazu kämen jährliche Betriebskosten von gut 115 Millionen Euro. An einem ehemaligen AKW-Standort würden sich die Baukosten demnach um rund 30 Prozent verringern. Durch die Einnahmen aus gewonnenen Elementen, der Entsorgung atomarer Abfälle und aus der Prozesswärme würde die Anlage diese Kosten mehrfach wieder einspielen, heißt es. Schon die erste Anlage wäre damit "hochrentabel", so die Bundesagentur.
Strahlung für 800 statt einer Million Jahre
In der Anlage könnten die nicht wiederverwertbaren Abfälle eines AKW voraussichtlich innerhalb der Mindestbetriebsdauer von 50 Jahren umgewandelt werden, heißt es in der Studie. Die Strahlungsdauer des Abfalls würde sich von einer Million Jahre auf rund 800 Jahre verringern, so die Forscher.
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