Die Parteien ziehen Bilanz: So geht es nach der Wahl weiter
Die CDU stellt sich personell neu auf, SPD und Grüne wollen noch in dieser Woche Vorgespräche führen und die FDP warnt ihre Partei in Berlin davor, die Bundesregierung zu verlassen.
Am Morgen nach der Landtagswahl in Niedersachsen haben die Parteien Stellung zur Wahl der Bürgerinnen und Bürger genommen. Olaf Lies kündigte in Hannover eine rasche Regierungsbildung an. "Wir werden nicht viel Zeit haben. Dieses Land braucht natürlich eine handlungsfähige Landesregierung", sagte er mit Blick auf Gaspreise, Inflation und Entlastungen. "Gestern Abend haben wir uns über das Ergebnis gefreut - heute morgen um 7 Uhr ging es schon weiter" mit einer Konferenz zur Gaspreisbremse. Bereits am Donnerstag wollen sich die beiden Parteien zu Vorgespräche treffen, kündigte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) an.
Lies über Weil: "Genau der richtige in dieser Zeit"
Ziel sei es, mit den Grünen eine Koalition zu bilden. "Ich bin fest davon überzeugt, dass das gelingt", sagte Lies. Es gebe "unglaublich viele Schnittmengen", die sich schon in der rot-grünen Landesregierung zwischen 2013 und 2017 gezeigt hätten. Aus Sicht von Lies lag das gute Abschneiden der SPD daran, dass die Partei Antworten auf drängende Fragen präsentiert habe und Stephan Weil als Kandidaten hatte. Dieser habe in den vergangenen Jahren gezeigt, "dass er uns durch schwere Krisen führen kann – und auch genau der richtige ist in dieser Zeit", so Lies.
Grüne sehen Knackpunkt bei Verhandlungen in Mobilität
"Ich gehe davon aus, dass es schnell mit Koalitionsverhandlungen losgeht", sagte die Co-Landesvorsitzende der Grünen, Anne Kura, mit Blick auf die SPD. Man werde sich diese Woche zum ersten Mal zusammensetzen. Bis zur Konstituierenden Sitzung des Landtags Anfang November stehe die neue Landesregierung dann hoffentlich. Mit einer doppelt so großen Fraktion (24 Abgeordnete) gehen die Grünen selbstbewusst in die Verhandlungen, sagte Kura. Danach gefragt, bei welchen Themen die Verhandlungen mit der SPD schwierig werden könnten, nannte Co-Landesvorsitzender Hans-Joachim Janßen die Mobilität. Die Grünen wollten den ÖPNV und Radverkehr deutlich ausbauen. "Da werden zähe Verhandlungen nötig sein, um zu einem gemeinsamen Ergebnis zu bekommen."
CDU: "Eindeutig eine Niederlage für uns"
"Wir haben unsere beiden Ziele nicht erreicht. Wir wollten stärkste Partei werden und wir wollten Rot-Grün in Niedersachsen verhindern", sagte CDU-Generalsekretär Sebastian Lechner. "Deshalb ist das ganz eindeutig eine Niederlage für uns." Lechner sagte, er wolle neuer Fraktionsvorsitzender werden. Sein Ziel sei es, eine "konstruktive, klare, aber auch in vielen Themen vielleicht auch ein Stückchen andere Oppositionsarbeit" zu machen. Eine "Blockade-Opposition" werde seine Partei nicht sein. Gegenkandidaturen aus der künftigen CDU-Fraktion seien ihm nicht bekannt. Mit Blick auf den angekündigten Rückzug von Bernd Althusmann vom Landesvorsitz sagte Lechner, es gehe jetzt darum, die Nachfolge "in den nächsten Wochen so zu beraten, dass wir uns breit getragen aufstellen". Es gehe nicht um einzelne Personen, sondern eine schlagkräftige CDU insgesamt. An eine Doppelspitze glaube er nicht. Denkbar sei aber ein Mitgliederentscheid. "Auch das kann passieren", sagte er. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir zum Beispiel den nächsten Spitzenkandidaten auch in Urwahl aufstellen sollten."
Kuhle ermahnt FDP in Berlin
Konstantin Kuhle, Generalsekretär der niedersächsischen FDP, rief seine eigene Partei in Berlin zu Geschlossenheit auf: "In einer solchen Konstellation die Bundesregierung zu verlassen, wäre Wahnsinn", sagte Kuhle mit Blick auf den rauhen Ton des Generalsekretärs der Bundes-FDP, Bijan Djir-Sarai, am Wahlabend. Es herrsche Krieg in Europa und die Inflation und Gaspreise schürten Existenzängste bei den Menschen. "Jetzt eine Krise zu produzieren in Berlin, wäre genau das, was sich die Rechtsextremisten wünschen", sagte Kuhle und argumentierte, dass es im Sinne von Russlands Präsident Wladimir Putin wäre, Chaos, Zwietracht und eine Regierungskrise zu sähen. "Das dürfen wir nicht zulassen." Bezogen auf das schlechte Wahlergebnis der FDP bei der Landtagswahl in Niedersachsen sagte Kuhle: "Für die FDP war das gestern ein trauriger Abend." Die Partei scheide nach 19 Jahren aus dem Landtag aus. Personelle Konsequenzen stellte Kuhle nicht in Aussicht. Die FDP habe keine Landtagsfraktion mehr. Es gehe jetzt darum, wo die Leute, die teils seit 20 Jahren dabei seien, in Zukunft arbeiten. "In dieser Situation sollte der Landesvorsitzende an Bord bleiben."
AfD: Bei uns gibt es keine Extremisten
Die AfD zeigte sich sehr zufrieden mit ihrem Ergebnis. Darauf angesprochen, dass die AfD im Wahlkampf hauptsächlich andere Parteien kritisiert habe, sagte der Landesvorsitzende Frank Rinck, das sei im Wahlkampf normal. Da gehe es darum, sich von den anderen Parteien abzusetzen. Ob die Partei diese Strategie auch im Landtag vorhabe? "Wir werden konstruktiv unseren Beitrag leisten", sagte Rinck. Außerdem werde die Partei prüfen lassen, ob die AfD Niedersachsen weiter als Verdachtsfall beim Verfassungsschutz behandelt werden sollte. "Bei uns gibt es keine Extremisten", sagte Rinck bezogen auf den niedersächsischen Landesverband.