Tag 1: Wie "Air Defender 2023" in Wunstorf beginnt
Eine Transportmaschine vom Typ A400M hebt im Morgengrauen in Wunstorf ab. Sonst eine alltägliche Szenerie auf der Militärbasis - am Montagmorgen läutet es den Beginn der größten Luftwaffenübung seit Bestehen der NATO ein.
Der Fliegerhorst Wunstorf bildet das logistische Rückgrat der Übung mit dem Namen "Air Defender 23". Am Montagvormittag herrscht reger Flugbetrieb über Wunstorf. Im Minutentakt heben Maschinen ab, das Rauschen der Motoren liegt in der Luft. Die Sonne steht hoch über der Startbahn. Wenige Zeit später stehen nur noch einige Flugzeuge auf dem Asphalt. Tanklaster befüllen sie mit Kerosin, damit auch sie später emporsteigen können. Die Übung ist in vollem Gange - was am Fliegerhorst bedeutet, dass hier Ruhe einkehrt. Bis auf die Pressevertreter, die nun über das Rollfeld geführt werden.
Großzahl der Übungen über Nord- und Ostsee
"Die Maschinen vom Typ A400M und C-130, die jetzt in der Luft sind, üben das Absetzverfahren von Fallschirmspringern und die Luftbetankung", erläutert Oberst Christian John, der das Lufttransportgeschwader (LTG) 62 führt. Die meisten Flugzeuge brechen von Wunstorf aus zu Übungen über der Nord- und Ostsee auf, teils auch zu den Standorten in Schleswig-Jagel und Hohn. Ein weiterer Stützpunkt der Großübung befindet sich im bayerischen Lechfeld. Ein Vorteil für die Anwohner: Da die Großzahl der Übungen über der See stattfindet, gibt es weniger Fluglärm.
Mehr als 10.000 Soldaten aus 25 Nationen
Auf der Luftwaffenbasis in Wunstorf laufen die Dinge in den nächsten zwölf Tagen anders als gewohnt. Die etwa 1.500 Soldatinnen und Soldaten des LTG 62, das hier stationiert ist, bekommen Besuch: Täglich sind rund 450 Militärangehörige aus den USA, 20 aus Rumänien und 11 aus Ungarn an der Operation beteiligt. Untergekommen sind die meisten von ihnen in Hotels in der Region. Ihre Flugzeuge finden Platz auf dem Rollfeld. Zu den ausländischen Soldaten kommen noch einmal 150 deutsche Unterstützungskräfte hinzu. An allen Manöver- Standorten proben bei "Air Defender 23" mehr als 10.000 Soldaten aus 25 Nationen den Ernstfall einer schnellen Truppenverlegung nach Osten.
Soldaten machen Fotos am Rollfeld
Gegen Mittag kehren die ersten Maschinen von ihren Luftmanövern zurück. Zwei A400M der Luftwaffe überfliegen die Landebahn in Wunstorf zunächst nebeneinander in einer Formation, drehen dann eine Runde in der Luft und landen nacheinander. Auf einer der Maschinen prangt der Name der Übung in großen Buchstaben. Bei diesem Anblick zücken auch einige Soldaten das Handy und machen Schnappschüsse. Mit einem lauten Schnauben setzt die Maschine zum Stillstand an, die Rotoren kommen zum Stehen. Später treffen auch amerikanische Maschinen und ein Transportflugzeug aus Rumänien ein.
Große Landebahn in Wunstorf für amerikanische Maschinen
Die Starts und Landungen der NATO-Partner in Wunstorf gehören bereits seit zwei Wochen zum Alltag. Besonders die amerikanische Air National Guard brachte viel Material über den Atlantik, das zum Start der Übung vorliegen musste. Die Landebahn in Wunstorf zeichnet den Flugplatz als Logistikzentrum aus: Die großen US-Maschinen vom Typ C-17 haben hier genug Platz - dann wird die Fracht auf kleinere Transportmaschinen verladen, die auf die Landebahnen in Schleswig-Jagel und Hohn passen.
"Erste Mal an so großer Formation teilgenommen"
Im Cockpit einer der deutschen Transportmaschinen sitzt Luftwaffenpilot Frank M. Er sieht die Übung als "tolles Zeichen von den multinationalen Kräften". Richtig und wichtig sei sie. Sein britischer Kamerad Mark J. freut sich über den ersten Übungstag: "Es war das erste Mal, dass ich an einer so großen Formation teilgenommen habe."
Stephan Weil: "Die Weltlage hat sich verändert"
Am Nachmittag fährt eine Wagenkolonne auf dem Flugfeld vor. Ministerpräsident Stephan Weil ist mit der Wehrbeauftragten Eva Högl (beide SPD) gekommen. Sie wollen sich über die Vorgänge auf dem Fliegerhorst informieren. "Die Professionalität, mit der diese Übung vorbereitet wurde, ist eindrucksvoll", sagt Weil. Dass die eingeübten Manöver in der Realität hoffentlich nicht nötig sein werden, liege für ihn auf der Hand. Die Weltlage habe sich aber verändert. Nun sei es besser, vorbereitet zu sein. Högl bezeichnet die Militärpräsenz als "deutliches Signal gegenüber Russland" - das aber abgewogen sei und nicht eskalieren solle.
Planespotter warten am Zaun
Mittlerweile steht die Sonne tiefer. Am Flughafenzaun harren die Planespotter mit Leitern und großen Objektiven aus. Denn "Air Defender 23" ist nicht nur ein Höhepunkt für Militärstrategen. Die Luftfahrtbegeisterten beobachten die Flugbewegungen genau. Er habe hier vor Jahrzehnten selbst gedient, ruft ein Zaungast stolz. Zum Besuchertag am 21. Juni können sich Interessierte selbst ein Bild vor Ort machen. Bis dahin sind es vor allem die Starts und Landungen, die von dem Großmanöver vor den Toren Hannovers zu sehen sind.