Luftwaffen-Übung "Air Defender 2023" hat begonnen
Unter der Führung der Bundeswehr hat die internationale Luftwaffen-Übung "Air Defender 2023" begonnen. Soldaten aus 25 Nationen proben den Ernstfall. Maschinen starten und landen auch in Wunstorf.
Gegen 8 Uhr am Montag startete ein Bundeswehr-Transportflugzeug vom Typ A400M vom niedersächsischen Fliegerhorst Wunstorf und läutete damit das Manöver ein. Die zehntägige Übung ist die größte ihrer Art seit Bestehen der NATO. Laut Bundeswehr beteiligen sich rund 10.000 Soldaten mit 250 Flugzeugen, darunter 70 Maschinen aus Deutschland. Allein die USA haben mehr als 100 Flugzeuge zu dem Manöver nach Deutschland geschickt. Trainiert wird die Zusammenarbeit zwischen den Nationen und Streitkräften, um Deutschland und die NATO im Notfall gegen den Angriff eines fiktiven östlichen Bündnisses verteidigen zu können. Am 23. Juni soll die Übung beendet sein.
Weil: Niedersachsen ist "Bundeswehrland"
Zum Start der Übung hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Montag den Ukraine-Krieg angesprochen. Die Sicherheitslage in Europa habe sich durch den Krieg geändert. Die Landesverteidigung müsse deswegen zwingend eine "wesentlich größere Bedeutung haben". Niedersachsen sei traditionell "Bundeswehrland" und die Akzeptanz in der Bevölkerung groß. Es sei größte Sorgfalt darauf verwendet worden, dass der zivile Luftverkehr nicht oder nur möglichst wenig gestört werden, so der Ministerpräsident.
Wehrbeauftragte Högl: Ein Gefühl von Sicherheit
Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) dankte den Soldatinnen und Soldaten für ihr Engagement und zeigte sich beeindruckt. Die Übung zeige, dass das transatlantische Bündnis im Ernstfall - der hoffentlich nie eintrete - in der Lage sei, sich zu verteidigen. Dies gebe ein Gefühl von Sicherheit.
NATO demonstriert Macht
Geplant wurde "Air Defender" mehrere Jahre vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Das Manöver gilt aber auch als Machtdemonstration Richtung Russland: "Wir zeigen, dass das NATO-Territorium unsere rote Linie ist. Dass wir bereit sind, jeden Zentimeter dieses Territoriums zu verteidigen", sagte der Inspekteur der deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, dem NDR in Niedersachsen. Eine Provokation Russlands soll dabei vermieden werden. "Wir tun alles, damit es nicht eskalierend wirkt", so der Generalleutnant.
Transportmaschinen starten in Wunstorf
Rund 2.000 einzelne Flüge soll es in den kommenden Tagen geben. Der Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover ist das logistische Drehkreuz des Manövers. Hier starten und landen Transportmaschinen. Weitere Hauptstandorte der Übung sind laut Bundeswehr die Flugplätze Schleswig-Jagel und Hohn in Schleswig-Holstein sowie der Fliegerhorst Lechfeld in Bayern. Die einzelnen Operationen finden in drei Übungszonen statt: Über der Nord- und Ostsee, über dem Nordosten Deutschlands und über dem Süden Deutschlands.
Karte: Hier wird beim "Air Defender 2023" geflogen
Manöver sorgt für mehr Fluglärm
Anwohnende müssen sich auf mehr Fluglärm einstellen. Nachts und am Wochenende ist jedoch kein Übungsflugbetrieb geplant. Außerdem will die Bundeswehr möglichst wenig über bewohntem Gebiet fliegen. Die Flugzeiten sind über Deutschland zeitlich verteilt. Norddeutschland ist besonders vom späten Nachmittag bis zum Abend betroffen, darunter das Emsland. Zu dieser Zeit ist der Luftraum für den zivilen Luftverkehr gesperrt. Die Bundeswehr rechnet damit, dass sich Flüge im zivilen Luftverkehr teilweise verspäten könnten. Massive Probleme werde es aber nicht geben.
Kritik von Friedens- und Umweltaktivisten
Die Luftwaffen-Übung ist umstritten. Am Samstag protestierten einige Hundert Friedensaktivisten am Fliegerhorst in Wunstorf gegen das Manöver. Sie befürchten, dass die Aktion die Fronten verhärten und zu einer weiteren Eskalation im Krieg Russlands gegen die Ukraine führen könnte. Umweltaktivisten kritisieren zudem, 2.000 Flüge in zehn Tagen seien schlecht für das Klima.
Sorge um Seehunde
Kritik kommt auch vom Leiter der Seehundstation Norddeich: Peter Lienau befürchtet negative Auswirkungen für die Seehunde. Durch das Manöver könnte es mehr sogenannte Heuler geben - sprich Jungtiere, die von der Mutter getrennt werden und entkräftet an den Stränden landen. Denn der Lärm könnte die Tiere erschrecken. Sicherheit gebe es nicht zum Nulltarif, betonte hingegen der Inspekteur der Luftwaffe, Gerhartz. "Wenn ich das Verhältnis sehe, zehn Tage von 365, damit wir am Ende des Tages in diesem Land auch noch in Frieden und Freiheit leben können, dann, denke ich, ist das jetzt schon das richtige Zeichen, das wir senden müssen."
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrages ist uns ein Fehler unterlaufen. Wir haben geschrieben, dass Ingo Gerhartz Generalinspekteur der Luftwaffe sei. Ingo Gerhartz ist Generalleutnant und Inspekteur der Luftwaffe. Wir bitten, unseren Fehler zu entschuldigen.