SPD-Treffen in Hannover: Spitze wirbt für Koalitionsvertrag
Die SPD-Parteispitze hat am Montag in Hannover bei der Basis für den ausgehandelten Koalitionsvertrag mit der Union geworben. Ab heute sind rund 358.000 SPD-Mitglieder aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.
SPD-Parteichef Lars Klingbeil warnte kurz vor dem Start des Mitgliedervotums davor, gegen den Koalitionsvertrag zu stimmen. Dieser trage trotz des schlechten SPD-Wahlergebnisses eine eindeutige sozialdemokratische Handschrift. Mit dem Tariftreuegesetz, dem 15-Euro-Mindestlohn, der sicher kommen werde, und den geringeren Energiepreisen habe man einiges erreicht, so der Parteichef. "Ich möchte, dass wir uns nicht wegducken, und ich möchte, dass wir die Zukunft dieses Landes gestalten", sagte er am Montag. "Wenn das scheitert, dann wird es Neuwahlen geben oder dann wird es vielleicht eine Minderheitsregierung geben." Dabei bezog er sich auch auf Stimmen innerhalb der Union, die sich für eine Normalisierung des Verhältnisses zur AfD aussprechen würden. "Wenn wir scheitern, dann werden die lauter", sagte Klingbeil.
Partei-Prominenz in Hannover
Auch Fraktionsvorsitzende Saskia Esken betonte, dass die neue Regierung das Vertrauen in die Demokratie zurückgewinnen müsse. Manche sprächen von einer "letzten Chance" sagte sie. Neben Klingbeil und Esken waren unter anderem auch Generalsekretär Matthias Miersch, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, vor Ort.
Jusos Niedersachsen kritisieren Koalitionsvertrag scharf
In mehreren Landesverbänden der SPD-Jugend regte sich zuletzt Widerstand gegen Schwarz-Rot. Die Vorsitzende der SPD-Jusos in Niedersachsen, Ronja Laemmerhirt, sagte, die Jusos hätten "rote Linien formuliert" und "deutlich gemacht, welche Punkte für uns ein Dealbreaker sind". Davon befänden sich nun "einige" im Koalitionsvertrag. Sie nannte gegenüber dem "Handelsblatt" etwa die angestrebte Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden: "Der von den Gewerkschaften hart erkämpfte Achtstundentag muss bleiben und ist eine Errungenschaft, für die wir uns als Partei lange gefeiert haben." SPD-Chef Lars Klingbeil äußerte sich trotz der Kritik im Vorfeld des Mitgliedervotums optimistisch. Er sei zuversichtlich, dass die Mehrheit dem Koalitionsvertrag mit der Union zustimmen werde, sagte er am Sonntagabend im Ersten.
SPD-Mitglieder können bis Ende April abstimmen
Die SPD bezeichnet das Mitgliedervotum als innerparteiliche Demokratie. Es soll bis zum 29. April laufen und digital möglich sein. Am 30. April sollen die Ergebnisse bekannt gegeben werden. Die CSU hat dem Koalitionsvertrag bereits zugestimmt, die CDU entscheidet Ende April. Neben dem Treffen in Hannover soll es eine weitere Präsenz-Veranstaltung in Baunatal (Hessen) geben sowie mehrere Online-Konferenzen und Gespräche in den Landesverbänden. SPD und Union hatten am vergangenen Mittwoch einen 144-seitigen Koalitionsvertrag vorgelegt.
