Paten gesucht: Hilfe für Kinder von psychisch erkrankten Eltern
Der Landkreis Celle wirbt um Ehrenamtliche, die Kindern in belasteten familiären Situationen zur Seite stehen. Es geht um unbeschwerte Zeit für Kinder und Jugendliche, deren Eltern psychisch erkrankt sind - der Bedarf ist groß.
Wenn Eltern psychisch belastet sind und in eine Klinik müssen oder in einer akuten Krise stecken, tragen Kinder daran schwer. Seit Monaten sucht der Landkreis Celle Ehrenamtliche, die Kindern und Jugendlichen in schweren Lebenslagen beistehen. Schon vor 15 Jahren hat die Kreisjugendbehörde ein Patenmodell auf den Weg gebracht. Jetzt sucht sie händeringend Ehrenamtliche, damit die Hilfe aufrechterhalten werden kann.
Jedes 6. Kind ist betroffen
Der Bedarf an Ehrenamtlichen ist groß und wächst. Sebastian Herrmann, Leiter des Allgemeinen Sozialen Diensts im Jugendamt des Landkreises, hat das Modell damals auf den Weg gebracht. Er weiß: "Jedes sechste Kind in Deutschland hat Eltern, die psychisch belastet oder erkrankt sind. Das kann erhebliche Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung haben." Das Patenmodell könne den betroffenen jungen Menschen helfen, Krisen zu bewältigen und Entlastung im Alltag zu finden. Dazu gehöre auch, dass sie erlebten, einmal selbst mit ihren Bedürfnissen im Mittelpunkt zu stehen.
"Einige Eltern haben nicht die Kraft aufzustehen"
Andrea Buhr ist von Beginn an als Patin dabei. Sie hat beobachtet, dass viele Kinder wie kleine Erwachsene agieren und viel Verantwortung tragen. Schon beim Start in den Tag seien sie häufig sich selbst überlassen: "Das ist in einigen Familien schon so, dass Kinder früh morgens aufstehen, sich selbst Frühstück machen müssen, weil die Eltern nicht die Kraft haben, aufzustehen." Die Patin betreut aktuell vier Jungen - parallel zu ihrer Halbtagsstelle als Pflegefachkraft im Krankenhaus. Die Kinder kommen je nach Bedarf einmal oder mehrmals die Woche. Manchmal schlafen sie auch wochenlang bei ihr - so wie der achtjährige Felix, dessen alleinerziehende Mutter hin und wieder ins Krankenhaus muss.
Ehrenamtliche werden als Paten geschult
Andrea Buhr ist es ein Anliegen, betroffene Eltern zu entlasten und den Kindern "ein Stück normalen Alltag" zu vermitteln. Sie wurde für ihre Aufgabe vom Jugendamt geschult. So bekam sie in kompakten Kurseinheiten Informationen zu psychischen Erkrankungen und psychiatrischen Krankheitsbildern, zu den klassischen Problemen betroffener Kinder in ihren Familien, zur eigene Rolle als Patin und zum Umgang mit schwierigen Situationen. "Man braucht als Pate nicht viel", sagt sie. "Kein eigenes Haus, keinen Garten, nur ein offenes Ohr und ein Herz. Viele Kinder sind schon sehr zufrieden, wenn man mit ihnen auf den Spielplatz geht und einfach zuhört."
"Erfüllende Herzensaufgabe" für Paten
Für ihren Einsatz bekommen die Paten monatlich eine pauschale Aufwandsentschädigung. Längere Aufenthalte mit Übernachtung werden gesondert abgerechnet. Was für die Kinder ein Anker im Alltag sein kann, erleben viele Ehrenamtliche als eine "erfüllende Herzensaufgabe", berichtet Sebastian Herrmann vom Jugendamt. Die meisten Ehrenamtlichen erlebten große Freude dabei, Kinder auch über einen längeren Zeitraum zu begleiten und eine gute Entwicklung zu erleben.