Demonstrierende nehmen an einer Kundgebung gegen anstehende Rodungsarbeiten für den Ausbau des Südschnellwegs (Bundesstraߟe 3) in Hannover teil, der Schriftzug "Klimaschutzarbeit - Räumen verboten" ist dabei auf einem Banner zu lesen. © dpa Foto: Moritz Frankenberg

Leinemasch und Südschnellweg: Darum geht es bei den Protesten

Stand: 04.12.2022 14:35 Uhr

In Hannover beginnen die Rodungen entlang des Südschnellwegs. Dieser soll saniert werden. Warum das nötig ist und warum verschiedene Initiativen gegen die Pläne sind, erfahren Sie hier.

Der Südschnellweg ist eine der wichtigsten Umgehungsstraßen in Hannover und neben dem Westschnellweg und dem Messeschnellweg einer von drei Schnellwegen der Landeshauptstadt. Die Ost-West-Tangente wird nach Angaben der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr jeden Tag von bis zu 60.000 Fahrzeugen genutzt. Sie ist die einzige leistungsfähige und hochwasserfreie vierspurige Verbindungsstraße im Süden Hannovers.

Sanierung dringend notwendig

1954 begannen die Bauarbeiten für den Südschnellweg - jetzt, knapp 70 Jahre später, muss dringend saniert werden, und zwar in zwei Abschnitten: Zum einen der rund 3,8 Kilometer lange Streckenabschnitt der B3 zwischen dem Landwehrkreisel und den Bahnbrücken vor dem Seelhorster Kreuz, zum anderen der sechs Kilometer lange Abschnitt der B65 zwischen dem Seelhorster Kreuz und der Autobahn-Anschlussstelle Hannover-Anderten. Die Planung für den Ausbau begann 2015 mit einem Ideenwettbewerb, genehmigt hat die Region Hannover den Ausbau im September 2021. Die Kosten für das Projekt samt Tunnelausbau an der Kreuzung Hildesheimer Straße werden mittlerweile auf mehr als 400 Millionen Euro geschätzt.

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Das Bild zeigt Rodungsarbeiten an der Leinemasch in Hannover. © NDR

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Verbreiterung von 14 auf 25 Meter

Der Anteil von schweren Fahrzeugen wie Lkw liegt laut Straßenbaubehörde bei etwa sechs Prozent. Wegen der hohen Belastung seien vier der acht Brücken trotz Instandhaltungsmaßnahmen nur noch bis 2023 oder 2024 nutzbar, heißt es weiter. Die Sanierung soll auch zum Ausbau genutzt werden. Der derzeitige Stand entspricht laut Straßenbaubehörde nicht mehr den heutigen Sicherheitsanforderungen: Der Mittelstreifen sei beispielsweise zu schmal für moderne Leitplanken, es gibt auf dem Südschnellweg "bisher keine Seitenstreifen", konstatiert die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Die Fahrbahn des Südschnellwegs soll deshalb von 14 auf 25 Meter verbreitert werden. Ein Verzicht auf die Seitenstreifen würde nur geringfügige Auswirkungen auf die Grünflächen haben, schreibt die Behörde in einem Faktencheck zum Südschnellweg. Das hohe Verkehrsaufkommen mache Seitenstreifen zudem unverzichtbar.

13 Hektar Grünfläche werden gerodet

Laut Straßenbauhörde werden rund 13 Hektar Grünanlagen und Grünflächen gerodet. Nur auf rund der Hälfte der Fläche wachsen den Angaben zufolge Bäume und Sträucher. Sieben Hektar würden ausschließlich während der Baumaßnahmen zum Beispiel als Straße für Baustellenfahrzeuge genutzt. Die Flächen sollen nach den Bauarbeiten wieder bepflanzt werden. Rund vier Hektar werden jedoch dauerhaft versiegelt. Es sind Ersatzpflanzungen an anderer Stelle geplant.

Karte: Sanierung des Südschnellwegs B3: Hier wurde gerodet

Rodungsflächen (rot markiert) nach Angaben der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (schematische Darstellung).

Sanierungsbedarf ist unstrittig

Lokale Initiativen wie "Leinemasch bleibt" haben erst jüngst betont, dass sie die Sanierung des Südschnellwegs mittragen, aber sie sehen besonders die Verbreiterung der Fahrbahn kritisch. Ihre Kritik richtet sich jedoch auch gegen das Projekt als solches. Das Ziel, Emissionen im Verkehr zu reduzieren, sei nur mit weniger Verkehr möglich und das Vorhaben damit "gegen die Zeichen der Zeit gerichtet", heißt es etwa auf der Homepage von "Leinemasch bleibt". Die Stadt Hannover will bis 2035 klimaneutral sein. Das Bündnis fürchtet außerdem um die Nutzung der Ricklinger Kiesteiche zur Naherholung.

Oberbürgermeister sieht Ausbau kritisch

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) hatte in der Vergangenheit versucht, den Protest um den Südschnellweg zu entschärfen und zu einem runden Tisch geladen. Dabei versicherte Lies, dass ein Protestcamp, von den Aktivisten "Tümpel Town" genannt, bis Oktober 2023 nicht geräumt werde. Die Umweltschützenden werten dies als Erfolg. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) teilt die Kritik am Ausbau: Er hält die Dimensionierung des Projekts für überzogen. "Meine Position ist klar: Der Südschnellweg muss saniert werden, aber die aktuellen Planungen werden zu Recht kritisiert. Der runde Tisch zeigt, dass wir trotz des abgeschlossenen Planfeststellungsverfahrens noch in der Diskussion über den Ausbau der Trasse sind", sagte Onay im November. Er halte die Planungen für den Südschnellweg für völlig aus der Zeit gefallen, so Onay.

Argumente: Weniger Lärm, besserer Hochwasserschutz

Auch die Sorgen der Ausbau-Gegner um die Umwelt in der Ricklinger Leinemasch hält die Landesbehörde für unbegründet. Die Gewässerqualität in den Badeteichen entlang des Schnellwegs werde durch die neuen, modernen Straßenentwässerungseinrichtungen erheblich verbessert, heißt es. Moderne Wasserrückhalte- und Sammelsysteme würden die Abwässer auf dem Südschnellweg reinigen. Lärmschutzwände würden den Verkehrslärm absorbieren, dazu werde der Hochwasserschutz mit dem Neubau deutlich verbessert.

Erster Bauabschnitt bis 2028

Die Vorarbeiten am ersten, 3,8 Kilometer langen Bauabschnitt auf der B3 zwischen Landwehrkreisel und Seelhorster Kreuz laufen seit Januar 2022, betroffen ist aktuell vor allem der Kreuzungsbereich Hildesheimer Straße/Willmerstraße. Brücken- und Tunnelbau sollen nach Auskunft der Landesbehörde voraussichtlich in rund sechs Jahren, also 2028, abgeschlossen sein.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 05.12.2022 | 08:00 Uhr

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