Warnstreik bei VW: 66.000 VW-Beschäftigte beteiligen sich
Zum ersten Mal seit acht Jahren hat die IG Metall Beschäftigte bei VW zum Warnstreik aufgerufen - gleichzeitig an neun Standorten bundesweit. Nächste Woche werden die Tarifverhandlungen fortgesetzt.
An neun der zehn deutschen VW-Standorte legten am Montag laut IG Metall 66.000 Mitarbeitende die Arbeit nieder. Allein in Wolfsburg nahmen den Angaben zufolge rund 35.000 Beschäftigte an einem Demonstrationszug durch das Stammwerk teil. Bei einer Kundgebung vor dem Vorstandshochhaus skandierten sie in Sprechchören "Streikbereit! Bundesweit!". Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo forderte in einer Rede von den Aktionären des Unternehmens einen größeren Beitrag in der Krise. IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger warnte: "Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer." Die nächste Verhandlungsrunde in einer Woche werde eine Weichenstellung bringen - entweder komme es dann zu einer Annäherung oder zu einer weiteren Eskalation, sagte Cavallo.
Warnstreiks in VW-Werken dauern zwei Stunden
Ähnliche Aktionen gab es auch an weiteren VW-Standorten in Niedersachsen: In Hannover und Braunschweig beteiligten sich laut IG-Metall etwa jeweils 5.000 Beschäftigte an einem Demozug. Auch in Emdenund Salzgitter legten Mitarbeitende die Arbeit zeitweise nieder. Die Gewerkschaft hatte die Warnstreiks am Sonntag nach Ablauf der Friedenspflicht angekündigt. Der Ausstand dauerte jeweils zwei Stunden und sollte in jeder Schicht wiederholt werden. Dazwischen wurde normal produziert, sagte ein Gewerkschafts-Sprecher. Beendet wird der Ausstand mit Abschluss der Nachtschicht am Dienstagmorgen.
Bundesweit neun Standorte betroffen - Osnabrück ist die Ausnahme
In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Das gilt für neun der zehn deutschen VW-Standorte. Lediglich das VW-Werk Osnabrück ist im Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie organisiert. Neben den fünf Werken in Niedersachsen war auch das Werk im hessischen Baunatal sowie die VW-Werke Chemnitz, Dresden und Zwickau vom Ausstand betroffen.
IG Metall: "Härtester Tarifkampf, den Volkswagen je gesehen hat"
Mit den Warnstreiks - den ersten bei VW seit 2018 - will die IG Metall den Druck auf Volkswagen erhöhen. "Wenn nötig, wird das der härteste Tarifkampf, den Volkswagen je gesehen hat", sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger am Sonntag. "Wie lange und wie intensiv diese Auseinandersetzung gehen muss, hat Volkswagen am Verhandlungstisch zu verantworten. Was nun folgt, ist der Konflikt, den Volkswagen herbeirief. Wir wollten ihn nicht, aber wir werden ihn so engagiert führen wie notwendig", sagte der Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite. Am 9. Dezember sollen die Tarifverhandlungen fortgesetzt werden.
VW will "Notversorgung sicherstellen"
Zu möglichen Produktionsausfällen infolge des Warnstreiks machte Volkswagen zunächst keine Angaben. Man wolle die Auswirkungen so gering wie möglich halten, sagte ein Sprecher. Bereits im Vorfeld habe das Unternehmen deshalb "gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellen". Nach der Streikankündigung am Sonntag hatte VW erklärt, das Unternehmen respektiere das Recht der Beschäftigten, an einem Warnstreik teilzunehmen. Man setze weiter auf eine einvernehmliche Lösung mit der Arbeitnehmerseite. Laut Branchenexperte Frank Schwope dürfte der Ausstand für VW zu verschmerzen sein, da die Ausfälle leicht aufzuholen seien.
VW hatte "Zukunftsplan" zuvor abgelehnt
IG Metall und Betriebsrat hatten vergangene Woche einen eigenen Plan für die Zukunft von Volkswagen präsentiert. Die Belegschaft würde demnach auf Tariferhöhungen sowie Boni verzichten und wo möglich Arbeitszeit reduzieren. Dem Konzern stellten sie dadurch eine Kostenentlastung von 1,5 Milliarden Euro in Aussicht. Dafür wollte die Gewerkschaft eine mögliche Tariferhöhung in einen Zukunftsfonds einbringen und vorerst nicht auszahlen. Im Gegenzug sollte VW auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Der VW-Konzern lehnte diesen sogenannten "Zukunftsplan" der Arbeitnehmerseite am Freitag ab und hält an den zehnprozentigen Lohnkürzungen fest. "Zwar können sich kurzfristig auch positive Effekte ergeben", die Entlastungen seien jedoch nicht nachhaltig, teilte VW mit. Vorschläge wie die Streichung der Boni für Manager seien rechtlich nicht umsetzbar. Man wolle aber mit der Arbeitnehmerseite im Dialog bleiben, "um gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten".
VW steht unter Spardruck
Der Volkswagen-Konzern steckt in einer Krise und steht unter massivem Spardruck. Denn das Geschäft in China läuft nicht und die Kernmarke ist nicht mehr profitabel. Die deutschen Werke sind dadurch nicht ausgelastet und zu teuer.