Gericht entscheidet: Stadt darf zu hohen Neubau abreißen lassen
Die Stadt Göttingen darf ein Mehrfamilienhaus abreißen lassen, weil es 1,26 Meter zu hoch gebaut wurde. Dagegen wehrte sich eine Immobilienfirma vergebens - eine Klage wies das Verwaltungsgericht ab.
Die Immobiliengesellschaft habe das Haus vorsätzlich rechtswidrig gebaut und sich über die Vorschriften hinweggesetzt, begründete das Gericht die Entscheidung am vergangenen Freitag. Ein Sprecher der Stadt Göttingen sagte am Dienstag auf Anfrage des NDR Niedersachsen, dass es dem Gericht auch darum gegangen sei, ein Zeichen zu setzen, dass Vorgaben beachtet werden müssen. Daran wolle die Stadt festhalten und nun "weitere Schritte einleiten". Sie sei aber weiterhin gesprächsbereit und offen für Vorschläge seitens des Bauherrn - im Rahmen der Bauvorschrift. Dieser sagte dem NDR Niedersachsen am Dienstag, dass er der Stadt bereits Vorschläge unterbreitet habe - seinen Angaben zufolge erfolglos. Er sehe seine Fehler ein und wolle erneut auf die Stadt zugehen, um einen Kompromiss zu finden. Seit zehn Jahren steht die Baustelle laut dem Bauherrn still. Inzwischen müssten Teile ausgewechselt werden, das Mauerwerk habe aber keinen Schaden genommen.
Fehlende Genehmigung: Baubehörde darf einschreiten
Die Immobiliengesellschaft wollte vor dem Verwaltungsgericht Göttingen gegen einen Abriss vorgehen. Nach Auffassung des Gerichts war aber für den Neubau im Göttinger Kiessee-Karree weder eine Genehmigung erteilt noch eine Abweichung von den örtlichen Bauvorschriften zugelassen worden. Das Vorhaben sei somit formell illegal und ein Einschreiten der Baubehörde geboten. Der Bebauungsplan für das Kiessee-Karree schreibt vor, dass die sogenannte Traufhöhe, also der Punkt, an dem Fassade und Dach aufeinandertreffen, bei zweigeschossigen Häusern höchstens 6,5 Meter hoch sein darf. Der Neubau ist den Angaben zufolge aber 7,76 Meter hoch.
Verwaltungsgericht: Firma hat keine Alternativen vorgelegt
Die Immobiliengesellschaft hatte gegen eine Bauaufsichtsverfügung geklagt. Die Stadt Göttingen hatte im März 2016 angeordnet, dass das Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen abgerissen werden muss. Und das innerhalb von fünf Monaten, sonst werde ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000 Euro fällig. Die Immobiliengesellschaft hielt einen Abriss für unverhältnismäßig. Es würde ausreichen, das Dach und das Obergeschoss umzugestalten. Nach Angaben des Verwaltungsgerichts hat die Firma jedoch keine Alternative dieser Art vorgelegt, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätte.
Immobiliengesellschaft scheitert mit zwei Klagen
Für die Immobiliengesellschaft, die das Mehrfamilienhaus in Göttingen gebaut hat, ist es bereits die zweite gescheiterte Klage vor Gericht. Bereits vor mehr als zehn Jahren hatte die Firma bei der Stadt beantragt, das Gebäude einen halben Meter höher als eigentlich zulässig bauen zu dürfen. Das hatte die Stadt 2013 genehmigt. Als der Rohbau aber später nachgemessen wurde, stellte sich heraus, dass das Gebäude bis zur Dachkante 7,76 Meter und nicht die genehmigten 7 Meter hoch ist. Die Firma beantragte daraufhin nochmals eine Abweichung von der Bauvorschrift für eine Traufhöhe von 7,6 Metern. Die Stadt lehnte diesen Antrag jedoch ab. Die Immobilienfirma reichte dagegen Klage ein, auch diese wurde vom Verwaltungsgericht Göttingen damals abgelehnt.
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