Züge ohne Lokführer? Alstrom präsentiert automatisierte Bahn

Stand: 23.09.2024 21:08 Uhr

Der Zughersteller Alstom hat am Montag Züge präsentiert, die ohne Lokführer fahren. Das Besondere daran: Es sind keine teuren Neuanschaffungen nötig, denn alte Loks können umgerüstet werden und Gleise bleiben, wie sie sind.

von Sabine Hausherr

"Gerade für ländliche Regionen bietet die neue Technik große Vorteile", sagt Andreas Florez von Alstom. Die Deutsche Bahn modernisiere gerade viele Strecken, allerdings meist nur die wichtigen Korridore zwischen großen Städten. Doch mit der neuen Technik könnten auch Nebenstrecken modernisiert und effizienter betrieben werden, ohne dass dafür neue Züge angeschafft werden müssten oder aufwändig neue Technik an den Gleisen verlegt werden müsse, sagt Florez. So könne ein automatisiert fahrender Zug um bis zu 30 Prozent energieeffizienter fahren.

Steuerzentrale soll Züge überwachen

Ein Zug fährt ohne Lokführer über Gleise. © Alstom Foto: Alstom
Die Züge ohne Lokführer sollen auch Hindernisse im Gleis erkennen und automatisch bremsen können.

Derzeit laufen Tests mit zwei Regionalbahnen der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) auf dem Alstom-Gelände in Salzgitter. Die Regionalzüge wurden dazu mit jeder Menge Kameras ausgestattet, die eventuelle Hindernisse auf der Strecke erkennen und auch die Signalanlagen lesen können. Dazu kommen zahlreiche Sensoren, die im Zug verbaut sind. Gesteuert werden die Züge derzeit noch mit einem Tablet. Langfristig aber soll es eine Art "Steuerzentrale" geben, die die autonom fahrenden Züge aus der Ferne überwacht, sagt Thomas Nawrocki, Bereichsleiter für Fahrzeugmanagement bei der LNVG.

Fachkräftemangel betrifft auch Lokführer

"Das ist ein Meilenstein für uns, weil wir einfach nur Bestandsfahrzeuge umrüsten und keine Arbeiten an den Schienen vornehmen müssen", sagt Nawrocki. Außerdem fehlten überall Lokführer. Wenn mit der neuen Technik die Züge nun automatisiert unterwegs sein könnten, müssten bei kürzeren Zügen nicht mehr ein Lokführer und ein Fahrgastbetreuer an Bord sein, es reiche eine Person.

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"Notfall-Lokführer" soll weiterhin im Zug sein

Denkbar sei etwa, dass nur eine speziell geschulte Person mitfährt, die auch im Notfall eingreifen kann. Etwa, wenn ein Baum auf den Gleisen liegt und der Zug plötzlich stoppt. "Dann ist es wichtig, dass jemand an Bord ist, der etwa die Türen öffnen oder andere Schritte einleiten kann", sagt Nawrocki. Ganz ohne Personal werde es erst mal nicht laufen, schon allein aus rechtlichen und sicherheitstechnischen Gründen.

Erste Tests auf freier Strecke sind geplant

Die neue Technik ist das Ergebnis des seit zwei Jahren laufenden Forschungsprojekt "ARTE". An dem Pilotprojekt sind nicht nur Alstom und die LNVG beteiligt, sondern auch das deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) und die Technische Universität Berlin. Das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr unterstützt das Projekt mit 5,5 Millionen Euro. Schon Ende des Jahres sollen laut LNVG die ersten Tests im automatisierten Fahrbetrieb auf freier Strecke laufen. Es werde allerdings noch Jahre dauern, bis die ersten Fahrgäste mit den Zügen fahren können.

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Hallo Niedersachsen | 23.09.2024 | 19:30 Uhr

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