Fahren bald autonome Fähren Passagiere durchs Wattenmeer?
Könnten in Zukunft autonom fahrende Fähren Passagiere zu den Inseln im Wattenmeer bringen? Im Rahmen des deutsch-niederländischen Forschungsprojekts "Ferry Go!" wollen Experten die Voraussetzungen dafür untersuchen.
Dabei soll auch Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen, sagte Katja Baumann, Geschäftsführerin des Maritimen Kompetenzzentrums (Mariko) in Leer. In der ostfriesischen Stadt wird das Projekt koordiniert. "Wir sehen die Perspektive, dass durch Künstliche Intelligenz die Sicherheit erhöht, die Effizienz eines Schiffes verbessert und das Personal entlastet werden kann", so Baumann.
Autonome Fähren sollen für mehr Sicherheit sorgen
Auch in der Schifffahrt gebe es einen Fachkräftemangel, erklärt die Mariko-Chefin Baumann. Durch autonome Schifffahrt und künstliche Intelligenz könnten Fähren zudem effizienter, ressourcenschonender und sicherer betrieben werden. Die meisten Unfälle im Schiffsverkehr im Wattenmeer seien auf menschliches Versagen zurückzuführen, so Baumann. Deshalb würden autonom fahrende Fähren in der Branche zunehmend diskutiert.
Land Niedersachsen fördert Projekt "Ferry Go!"
An "Ferry Go!" sind neben der Mariko GmbH acht weitere Unternehmen und Organisationen beteiligt. Dazu gehören das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), eine Werft, Technologieanbieter sowie die Reedereien Doeksen und Norden-Frisia, die die niederländische Insel Terschelling beziehungsweise die Inseln Juistund Norderney anfahren. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt, der Startschuss ist am 12. September gefallen. Das Forschungsprojekt wird mit knapp zwei Millionen Euro unter anderem von der Europäischen Union, den Niederlanden und dem Land Niedersachsen gefördert.
Kleines Testschiff soll zwischen Inseln verkehren
Im Rahmen des Forschungsprojektes wollen die Expertinnen und Experten unter anderem ein System für autonome Fähren im Wattenmeer entwickeln, mit dem ein weitgehend unbemannter Schiffsbetrieb simuliert werden kann, erläuterte Baumann. Dazu werden auf zwei Passagierfähren der beteiligten Reedereien Daten aus dem aktuellen Fährbetrieb gesammelt und die Abläufe an Bord beobachtet. Die Erkenntnisse sollen dann auf ein etwa zehn Meter langes Testschiff übertragen werden. "Dieses Testschiff kann dann wie die großen Fähren zwischen den Inseln verkehren", sagt die Mariko-Geschäftsführerin. Auf Testfahrten mit Menschen an Bord, die jederzeit eingreifen könnten, ließen sich intelligente Navigationssysteme optimieren. Größere Passagierschiffe sollen während des Forschungsprojekts nicht autonom fahren.
Wattenmeer stellt Forscher vor Herausforderungen
Für das Projekt sieht Baumann eine Vielzahl von Herausforderungen. Eine davon sei das Wattenmeer selbst. "Es ist eines der schwierigsten Fahrgebiete, die man sich überhaupt vorstellen kann, weil es so variiert durch Ebbe und Flut." Darüber hinaus gehe es um technologische Aspekte und Anforderungen an den Schiffbau. Untersucht werden müsse etwa, welche Techniken sich einsetzen ließen und inwieweit sie vom Schiffspersonal und den Passagieren akzeptiert würden. Klar sei schon jetzt, dass auch autonom fahrende Fähren nicht ganz ohne menschlichen Einfluss auskommen würden, so die Mariko-Chefin.