Senioren testen autonomes Fahrzeug von TU Braunschweig
Es soll das Familienfahrzeug der Zukunft werden, so die Vision der Forschenden: Das autonom fahrende Auto. Die TU Braunschweig will mit Probanden testen, wie das Gefährt bei potenziellen Nutzern ankommt.
Den Opa selbstständig zum Arzt fahren oder die Tochter zum Turnen: Das selbstfahrende Auto soll Eltern entlasten, die heute schon oft genug tagtäglich Chauffeur spielen müssen. Ausgestattet ist das Fahrzeug "autoELF" mit jeder Menge Kameras, Laserscannern, Radar - und Ultraschallsensoren. Fünf Jahre Entwicklungszeit von acht deutschen Universitäten stecken in dem autonomen Fahrzeug. Forscherinnen der TU Braunschweig wollen nun mit einer Probanden-Studie herausfinden, ob zum Beispiel ältere Menschen ab 65 Jahren damit überhaupt klarkommen würden, denn genau für sie wären ja solche Fahrzeuge besonders geeignet.
Überall Kameras, Scanner und Sensoren
Von außen sieht das Fahrzeug der Braunschweiger Forscher aus, wie ein moderner, kleiner, stylischer Bus. Es hat stark abgerundete Ecken und ist dunkelbraun-schwarz lackiert. Das Besondere: "autoELF", so heißt es, sieht von vorne und von hinten gleich aus. Überall sind Kameras, Laserscanner, Radar- und Ultraschallsensoren verbaut. Der Einstieg erfolgt durch eine Schiebetür, der Blick ins Innere ist wie der in ein Wohnzimmer. "Das Ganze soll gemütlich sein und nicht wirken wie irgendein Roboter oder Raumschiff", sagt Tobias Schräder vom Institut für Regelungstechnik der TU Braunschweig. Er ist einer der Entwickler von "autoELF". Die vier blauen, samtartigen Sitze sind wie in einem Bahnabteil angeordnet. Jeweils zwei Personen können sich gegenüber sitzen. Der Fußboden ist mit Teppich ausgelegt.
Probanden müssen 14 Aufgaben lösen
Die 77 Jahre alte Ursula Gils ist sichtlich begeistert von dem futuristischen Auto. Sie hat sich freiwillig gemeldet für die Probanden-Studie der TU Braunschweig, um das Auto zu auszuprobieren. Die beiden Psychologinnen Kerstin Kuhlmann und Vanessa Stange sind auf Ingenieur-Psychologie spezialisiert. Sie testen, wie Menschen mit Technik umgehen und welchen Einfluss wiederum Technik auf die Menschen hat. 14 Aufgaben haben sie sich überlegt, die die Probanden nach und nach abarbeiten sollen, darunter einen Rucksack verstauen, den Sitz umklappen, Musik einschalten. Und ganz wichtig beim autonomen Fahrzeug: Die Route einstellen.
Display zu schlecht zu lesen? Forschende schreiben mit
Doch besonders diese Aufgabe stellt die 77-Jährige vor große Schwierigkeiten. "Ich bin ja fast 80 und habe auch ein Tablet, ich arbeite auch viel am Computer, aber es ärgert mich jetzt schon, dass ich das Teil nicht bedienen konnte", stellt Ursula Gils nach fünf Minuten und etlichen Versuchen, die Route einzustellen, ernüchtert fest. Für sie war das Display viel zu schlecht zu erkennen, die Bedienoberfläche war ihrer Meinung nach nicht intuitiv genug. Die beiden Forscherinnen schreiben mit. Es sind wichtige Erkenntnisse, die künftig berücksichtigt werden sollen.
Jüngere Teilnehmer drücken einfach drauf los
Seit Januar werden Probanden-Studien mit dem Fahrzeug durchgeführt. Die Forscherinnen wollten dabei auch herausfinden, wie gut das Fahrzeug durch Kinder zu benutzen ist und unter welchen Umständen Eltern ihre Kinder allein mit "autoELF" fahren lassen würden. Der zweite Teil der Studie konzentriert sich auf ältere Menschen. Damit sich die 35 Testpersonen nicht gegenseitig beeinflussen, kommt einer nach dem anderen an die Reihe. Eines fällt Studienleiterin Vanessa Stange schnell auf: Während die jüngeren Teilnehmer furchtlos irgendwelche Knöpfe drücken und Dinge ausprobieren, überlegen die Älteren länger und schauen sich erst mal ausgiebig im Fahrzeug um.
Verschiedene Oberflächen für unterschiedliche Nutzer
In "autoELF" stecken fünf Jahre Entwicklungszeit. Beteiligt waren auch die Technischen Universitäten in Aachen, Darmstadt und München. "autoELF" ist Teil des großen UNICARagil-Projektes, bei dem verschiedene Fahrzeugkonzepte entwickelt werden sollen. Das Fahrzeug kann wahlweise als Familienfahrzeug, Shuttle oder Taxi eingesetzt werden, so die Idee. Um unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Nutzergenerationen gerecht zu werden, haben die Entwicklerinnen und Entwickler drei Bedienoberflächen realisiert: eine Standardbedienoberfläche, eine für Kinder und eine für ältere Personen. Außerdem wurde der Fahrzeugeingang mit einem Lift ausgestattet, um gehbehinderten Personen einen Einstieg ohne zusätzliche menschliche Hilfe zu ermöglichen. "Im Auto soll es künftig nur ein Tablet geben und keinerlei Bedienelemente mehr, mit denen sich das Fahrzeug steuern lässt", sagt Entwickler Tobias Schräder vom Institut für Regelungstechnik. Mit dem Funknotaussender kann ein UNICAR-Fahrzeug im Notfall von außen angehalten werden.
Probandin: Einfach mal allein losfahren ins Grüne
Bis dieses Fahrzeug auf unseren Straßen unterwegs sein wird, wird es wohl noch einige Jahre dauern. Aber dass es irgendwann kommen wird, da sind sich die Forscher ziemlich sicher. Ursula Gils jedenfalls ist schon mal begeistert: "Auch, wenn ich noch nicht mit allem super klar gekommen bin, ich finde es super, dass so etwas erforscht wird und gehbehinderte Menschen dann auch einfach mal allein losfahren können ins Grüne."